Versicherungsbeitrag

Beiträge zur privaten Krankenversicherung dürfen nur unter strengen Voraussetzungen erhöht werden. Eine Beitraganpassung liegt nicht im Ermessen der Versicherung. Sie ist nur dann gerechtfertigt, wenn die vom Gesetz geforderten, strengen Voraussetzungen für eine Erhöhung vorliegen. (tm.

BGH,  Urteil vom 16.06.04 – IV ZR 117/02 – 

Zum Sachverhalt:

Der Kl. unterhält seit 1964 für sich und seine Ehefrau als Ergänzung zur gesetzlichen Krankenversicherung bei dem Bekl. eine (nach Art der Lebensversicherung betriebene) Krankheitskostenversicherung für stationäre Heilbehandlung nach dem Tarif SG 100, die wahlärztliche Leistungen und die Unterkunft im Ein- oder Zweibettzimmer umfasst. Dem Vertrag liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (AVB) zu Grunde, die in ihrem Teil I mit den Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KK 94) übereinstimmen und in ihrem Teil II dazu ergänzende Tarifbedingungen des Bekl. enthalten. Teil III der AVB ist der Tarif SG 100. Das ordentliche Kündigungsrecht des Bekl. ist abweichend von § 14 Abs. 2 Teil I AVB nach § 14 Teil II AVB generell ausgeschlossen.
Zum 1.1.2000 erhöhte der Bekl. mit Zustimmung des Treuhänders die monatlichen Beiträge für den Kl. von 73,60 DM auf 88,30 DM und für seine Ehefrau von 108,50 DM auf 127 DM. Dagegen wendet sich der Kl. mit dem Antrag, festzustellen, dass er dem Bekl. den nicht der Billigkeit entsprechenden Erhöhungsbetrag nicht schulde. Er behauptet, die vertragliche Voraussetzung für eine Prämienanpassung des Tarifs SG 100, die Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen um mehr als 10%, liege nicht vor. Ausserdem entspreche die Erhöhung nicht der Billigkeit. Nach Darstellung des Bekl. entspricht die Prämienerhöhung den vertraglichen und gesetzlichen Vorgaben und hätte sogar höher ausfallen müssen, wenn nicht zur Begrenzung Unternehmensmittel zur Verfügung gestellt worden wären.
Das AG hat festgestellt, die Beitragserhöhung sei unwirksam. Auf die Berufung des Bekl. hat das LG die Klage abgewiesen. Die Revision des Kl. führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung.

Aus den Entscheidungsgründen: Im Ansatz hat das LG zutreffend gesehen, dass die Prämienerhöhung trotz Zustimmung des Treuhänders der umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung durch die Zivilgerichte unterliegt (vgl. BVerfG, NVersZ 2000, 132 = NJW 2000, 2733 L = VersR 2001, 214 [215]) und der Massstab hierfür den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen zu entnehmen ist. Die sich daraus ergebenden Anforderungen hat es allerdings nicht hinreichend erkannt.

1. a) Nach den für die Prämienanpassung vom 1.1.2000 massgebenden Rechtsvorschriften unterliegt die Prämienkalkulation in der substitutiven und der sonstigen nach Art der Lebensversicherung betriebenen Krankenversicherung strengen öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Vorgaben, die die Dispositionsfreiheit der Versicherer stark beschränken. Dadurch soll zur Wahrung der Belange der Versicherten und im öffentlichen Interesse sichergestellt werden, dass die Versicherungsprämie in einer Weise kalkuliert wird, die zum einen die dauernde Erfüllbarkeit der vom Versicherungsunternehmen versprochenen Leistungen gewährleistet und zum anderen spätere Prämiensteigerungen ausschliesst, soweit sie nicht auf vom Versicherungsunternehmen nicht beeinflussbaren Gründen beruhen wie etwa einer Erhöhung des Schadensbedarfs (vgl. BVerwGE 109, 87 [93] = NVersZ 1999, 463 = NVwZ 1999, 991 L = VersR 1999,1001 [1003]).

aa) Gemäss § 178 g Abs. 1 VVG kann der Versicherer nur die sich aus den §§ 12 und 12a i.V. mit § 12c VAG ergebenden Prämien verlangen. Die Einzelheiten sind in den zu § 12 c VAG ergangenen Rechtsverordnungen geregelt, der Kalkulationsverordnung (KalV) vom 18.11.1996 (BGBl I, 1783) und der Überschussverordnung vom 8.11.1996 (BGBl I, 1687). Durch die in § 178 g Abs. 1 VVG vorgenommene Verweisung auf diese aufsichtsrechtlichen Bestimmungen werden sie auch zu verbindlichen Regelungen im Vertragsverhältnis (vgl. Renger, VersR 1995, 866 [872] – Ausgelagertes Vertragsrecht), die gem. § 178 o VVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers oder der versicherten Person nicht abbedungen werden können.

bb) Nach § 178 g Abs. 2 VVG ist der Versicherer bei einem Versicherungsverhältnis, bei dem das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen ist, bei einer als nicht nur vorübergehend anzusehenden Veränderung des tatsächlichen Schadensbedarfs gegenüber der technischen Berechnungsgrundlage und der daraus errechneten Prämie berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Berechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat. Damit wird dem Versicherer unabhängig von einer vertraglichen Anpassungsklausel ein gesetzliches Anpassungsrecht eingeräumt, dessen nähere Voraussetzungen sich aus dem Aufsichtsrecht ergeben.
§ 178 g Abs. 2 VVG verweist zwar nicht ausdrücklich auf § 12 b Abs. 1 – Abs. 4 VAG, der das Verfahren und die Voraussetzungen der Prämienänderung mit Zustimmung des Treuhänders ausführlich regelt. Dennoch ist § 12 b Abs. 1 – Abs. 4 VAG auch im Vertragsverhältnis als ergänzende und konkretisierende Regelung des § 178 g Abs. 2 VVG massgeblich, der dasselbe in allgemeiner, für den Laien verständlicher Form meint (vgl. Moser, in: Bach/ Moser, Private Krankenversicherung, 3. Aufl., § 8 b MB/KK Rdnr. 5; Prölss, in: Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 178 g Rdnr. 11; Wedler, VW 1997, 447 [450]; Küntzel, VersR 1996, 148 [150]; Grote, Die Rechtsstellung der Prämien-, Bedingungs- und Deckungsstocktreuhänder nach dem VVG und dem VAG, S. 513 f., 600 f.) und im Gesetzgebungsverfahren als im Sprachgebrauch an die Parallelbestimmung des § 12 b Abs. 2 VAG angepasst bezeichnet wurde (BT-Dr 12/7595, S. 112; vgl. auch die amtl. Begr. zur Kalkulationsverordnung [KalV] BR-Dr 414/96, S. 18). Das folgt daraus, dass nach § 178 g Abs. 2 VVG der Treuhänder die Berechnungsgrundlagen zu überprüfen hat und der Prämienanpassung zustimmen muss. Gegenstand und Massstab der Prüfung durch den Treuhänder werden ebenso wie das Verfahren aber nicht in § 178 g Abs. 2 VVG, sondern in § 12 b Abs. 1 – Abs. 4 VAG näher geregelt. Da der Treuhänder die Zustimmung zur Prämienänderung nur nach Massgabe des § 12 b Abs. 1 – Abs. 4 VAG erteilen darf, kann auch eine wirksame Zustimmung i.S. von § 178 g Abs. 2 VVG nur vorliegen, wenn die aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen eingehalten sind (vgl. Grote, S. 599). Dafür spricht ausserdem, dass weitere Einzelheiten zur Feststellung der nach § 178 g Abs. 2 VVG erforderlichen Veränderung des Schadensbedarfs in den §§ 14 und 15 KalV festgelegt sind, die ihre Rechtsgrundlage in § 12 c VAG haben, auf den in § 178 g Abs. 1 S. 1 VVG verwiesen wird (ebenso Rudolph, in: Bach/Moser, KalGrundl Rdnr. 4). Die Berechnung der Prämien bei Prämienanpassungen hat gem. § 178 g Abs. 1 VVG i.V. mit § 12 c VAG und den näheren Bestimmungen von § 11 KalV nach den für die Prämienberechnung geltenden Grundsätzen (§ 10 KalV) zu erfolgen.

b) Die hier vereinbarten Regelungen über die Beitragsberechnung und die Beitragsanpassung finden sich in den §§ 8 a und 8 b Teil I und II AVB und stimmen im Teil I mit den §§ 8 a und 8 b MB/KK 94 überein. § 8 a Abs. 1 Teil I AVB nimmt für die Beitragsberechnung ausdrücklich auf die Vorschriften des VAG Bezug. § 8 b Teil I AVB entspricht inhaltlich und teilweise wörtlich § 12 b Abs. 2 VAG. Ein eigenständiger Regelungsgehalt käme diesen Bestimmungen jedoch wegen § 178 o VVG nur zu, wenn sie vom Gesetz zu Gunsten des Versicherungsnehmers abweichen würden (vgl. Grote, S. 544).

c) Ob eine mit den massgeblichen Rechtsvorschriften in Einklang stehende Prämienanpassung durch den Treuhänder und im Gerichtsverfahren zusätzlich und weitergehend auf Billigkeit oder Angemessenheit zu prüfen ist, ist umstritten (vgl. Prölss, in: Prölss/Martin, § 178 g Rdnrn. 13,19-21, und Moser, in: Bach/Moser, § 8 b MB/KK Rdnrn. 2, 6 und 10, jew. m.w.Nachw.; Grote, S. 405 ff., 517 ff.; Renger, Die Verantwortung des Treuhänders in der privaten Krankenversicherung, S. 10 ff.). Der teilweise vertretenen Ansicht, die Anpassung sei eine nach billigem Ermessen zu treffende Leistungsbestimmung des Versicherers nach § 315 BGB oder des Treuhänders nach §§ 317 Abs. 1, 319 Abs. 1 BGB und sei deshalb auf ihre Billigkeit oder offenbare Unbilligkeit zu überprüfen, folgt der Senat nicht. Eine Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist nach §§ 315 Abs. 1, 317 Abs. 1 BGB nur im Zweifel anzunehmen. Ein Zweifelsfall liegt nicht vor. Das Prämienanpassungsrecht des Versicherers und die Erteilung der Zustimmung durch den Treuhänder unterliegen nicht dem weiten Massstab des billigen Ermessens, sondern den durch die genannten Rechtsvorschriften geregelten, ins Einzelne gehenden engen und verbindlichen Vorgaben. Sie lassen keinen Raum für eine darüber hinausgehende Angemessenheits- oder Billigkeitskontrolle (so auch Sahmer, Richterliche Überprüfung der Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung, S. 12 ff.; Drews, VersR 1996, 422; Schramm, VersR 1996, 424). Während der Treuhänder bei der Bedingungsanpassung nach § 178 g Abs. 3 VVG und der Prämienanpassung in der Lebensversicherung nach § 172 Abs. 1 VVG die Angemessenheit der Änderung zu bestätigen hat, ist dies bei der Prämienanpassung in der Krankenversicherung nach § 178 g Abs. 2 VVG nicht vorgesehen. Nach § 12 b Abs. 1 S. 5 VAG ist die Zustimmung des Treuhänders zur Prämienänderung zu erteilen, wenn seine Prüfung ergeben hat, dass die Berechnung der Prämien mit den dafür bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang steht. In der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 12 b Abs. 1 VAG heisst es, der letzte Satz dieses Absatzes stelle klar, dass dem Treuhänder kein Ermessen bei der Erteilung der Zustimmung zustehe (BT-Dr 12/6959, S. 62). Jegliche Zweifel werden durch die amtliche Begründung zur Kalkulationsverordnung ausgeräumt, in der es unter anderem heisst (BR-Dr 414/96, S. 18):
“Da die Prämienberechnung die einseitige Bestimmung der Hauptleistung des Versicherungsnehmers durch den Versicherer darstellt, hat der Gesetzgeber mit dieser Regelung zugleich deutlich gemacht, dass eine diesen Bestimmungen folgende Prämienberechnung auch den Anforderungen nach § 315 BGB genügt. Ohne die nach § 12 c VAG zu erlassende Verordnung hätten die Zivilgerichte im Streit jeweils im Einzelfall die Angemessenheit einer Prämienberechnung nach § 315 BGB zu beurteilen. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Vorgabe klarer versicherungsmathematischer Grundlagen für die Prämienberechnung in der Krankenversicherung daher unverzichtbar.”

2. Massstab für die gerichtliche Prüfung ist dem gemäss, ob die Prämienanpassung nach aktuariellen Grundsätzen als mit den bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang stehend anzusehen ist. Die danach vorzunehmende Kontrolle der Prämienerhöhung hat sich auf der Grundlage der dem Treuhänder vom Versicherer vorgelegten Unterlagen zunächst darauf zu erstrecken, ob die Anpassungsvoraussetzungen gegeben sind. Ist das der Fall, ist der Umfang der Prämienerhöhung zu überprüfen. Wehrt sich der Versicherungsnehmer mit einer negativen Feststellungsklage gegen die Prämienerhöhung, hat der Versicherer die Berechtigung dazu darzulegen und zu beweisen.

a) Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung, die regelmässig nur mit Hilfe eines Sachverständigen erfolgen kann, sind nur die Unterlagen, die der Versicherer dem Treuhänder zur Prüfung gem. § 12 b VAG, § 15 KalV vorgelegt hat (vgl. zum Umfang der Vorlagepflicht BVerwGE 109, 87 [90ff.] = NVersZ 1999, 463 = VersR 1999, 1001 [unter 2]). Denn nur darauf gründet sich die für die Wirksamkeit der Erhöhung erforderliche Zustimmung des Treuhänders. Aus diesen Unterlagen müssen sich die Voraussetzungen und der Umfang der vorgenommenen Anpassung für den Sachverständigen nachvollziehbar und in tatsächlicher Hinsicht belegt ergeben. Soweit dies nicht der Fall ist, fehlt es (ganz oder teilweise) an der Berechtigung zur Prämienerhöhung. Der Versicherer kann dem grundsätzlich nicht dadurch entgehen, dass er im Prozess weitere oder neue Unterlagen beibringt oder mit einer anderen Berechnungsmethode belegt, dass die Erhöhung im Ergebnis doch berechtigt ist (so auch Gerwins, NVersZ 1999, 53). Eine Nachbesserung mag allerdings dann beachtlich sein, wenn es nur darum geht, geringe offensichtliche Unvollständigkeiten im Rechenwerk oder in den statistischen Nachweisen zu beheben oder erkennbare Rechenfehler zu korrigieren.

b) Voraussetzung für die Berechtigung zur Prämienanpassung nach § 178 g Abs. 2 VVG ist die nicht nur vorübergehende Erhöhung des Schadensbedarfs, für deren Ermittlung § 12 b Abs. 2 VAG und § 14 KalV nähere Bestimmungen enthalten.

aa) Nach § 12 b Abs. 2 S. 2 VAG hat das Versicherungsunternehmen für jeden nach Art der Lebensversicherung kalkulierten Tarif zumindest jährlich die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen zu vergleichen. Ergibt die Gegenüberstellung für einen Tarif eine Abweichung von mehr als 10% oder einem vereinbarten geringeren Prozentsatz, hat das Unternehmen bei nicht nur vorübergehender Abweichung alle Prämien dieses Tarifs zu überprüfen und anzupassen. Daraus lässt sich entnehmen, dass die Anpassung nur den Tarif betrifft, bei dem die erforderliche Abweichung (der auslösende Faktor als Verhältnis der erforderlichen zu den kalkulierten Versicherungsleistungen) erreicht ist. Die Anpassung eines Tarifs ist damit an den Anpassungsbedarf eben dieses Tarifs gekoppelt. Es deutet nichts darauf hin, dass der Begriff “Tarif” im selben Satz eine unterschiedliche Bedeutung hat und die Anpassungsmöglichkeit über den “Tarif” hinausgehen soll, für den der Anpassungsbedarf festgestellt worden ist.

bb) Was unter dem in § 12 b Abs. 2 S. 1 und 2 VAG verwendeten Begriff “Tarif” zu verstehen ist, wird für das Prämienanpassungsverfahren in § 14 Abs. 1 KalV in Verbindung mit weiteren Bestimmungen der Kalkulationsverordnung näher dahin gehend bestimmt, dass damit die Beobachtungseinheit gemeint ist (ebenso Grote, S. 391, 542 ff,; vgl. auch Sommer, ZfV 1999, 319, und Gerwins, NVersZ 1999, 53 [55]). Denn gem. § 14 Abs. 1 KalV ist die Gegenüberstellung des “Tarifs” nach § 12 b Abs. 2 S. 1 und 2 VAG jährlich und für jede Beobachtungseinheit eines Tarifs getrennt durchzuführen. Von der Überprüfung und eventuellen Anpassung der Prämie ist deshalb nur die Beobachtungseinheit betroffen, bei der die Abweichung 10% oder den geringeren vereinbarten Prozentsatz übersteigt (Gerwins, NVersZ 1999, 53 [56]; Sommer, ZfV 1999, 319 [320]; Grote, S. 579 f.). Nur so kann, wie es in der amtlichen Begründung zu § 14 KalV heisst (BR-Dr 414/96, S. 29), sichergestellt werden, dass Prämienanpassungen rechtzeitig erfolgen und übermässige Erhöhungen vermieden werden. Das kommt dem in der Praxis seit jeher anerkannten und im Versicherungsaufsichtsgesetz und der Kalkulationsverordnung festgeschriebenen Grundsatz der risikogerechten Prämienkalkulation am nächsten.

cc) Was als Beobachtungseinheit anzusehen ist, richtet sich nach Risikogesichtspunkten. Bei Geschlechtsabhängigkeit des Risikos stellen Frauen und Männer getrennte Beobachtungseinheiten dar (vgl. Gerwins, NVersZ 1999, 53 [55]; Sommer, ZfV 1999, 319; Grote, S. 539; Rudolph, in: Bach/ Moser, § 10 KalV Rdnr. 20). Die §§ 12 Abs. 1 Nr. 1, 12 c Abs. 1 Nr. 1 VAG gehen davon aus, dass eine Geschlechtsabhängigkeit des Risikos bei der Prämienkalkulation zu berücksichtigen ist. § 6 Abs. 1 S. 1 KalV schreibt vor, dass die Kopfschäden in Abhängigkeit vom Geschlecht des Versicherten zu ermitteln sind. Nach § 14 Abs. 2 und Abs. 3 KalV sind für den auslösenden Faktor die Grundkopfschäden massgebend. Das bedeutet, dass diese für Frauen und Männer gesondert festzustellen und Frauen und Männer dem gemäss als eigenständige Beobachtungseinheiten anzusehen sind. Sie dürfen nicht als einheitliche Beobachtungseinheit zusammengefasst werden, weil dies nach § 14 Abs. 1 S. 2 KalV nur für Kinder und Jugendliche zulässig ist. Deshalb dürfen auch Frauen und Männer sowie Kinder und Jugendliche nicht insgesamt zu einer einheitlichen Beobachtungseinheit zusammengefasst werden. Dies würde den Zweck der vorgeschriebenen Ermittlung des auslösenden Faktors getrennt nach Beobachtungseinheiten unterlaufen (vgl. Sommer, ZfV 1999, 319 [320]) und dem Grundsatz der risikogerechten Prämienkalkulation widersprechen.

dd) Im Ergebnis bedeutet dies, dass es nicht zulässig ist, bei Ansprechen des auslösenden Faktors bei nur einer Beobachtungseinheit die Prämie auch für die Beobachtungseinheiten anzupassen, bei denen der auslösende Faktor nicht erreicht ist, die bestimmungsgemäss für die Anpassung vorausgesetzte Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen also nicht vorliegt (vgl. Grote, S. 579; Sommer, ZfV 1999, 319 [320]; Gerwins, NVersZ 1999, 53 [56]). Ebenso ist es nicht zulässig, die Faktoren der einzelnen Beobachtungseinheiten durch einfache oder nach dem Umfang der jeweiligen Versicherungsleistungen gewichteten Bildung eines Mittelwerts zu einem einheitlichen auslösenden Faktor zusammenzufassen. Der rechnerische Mittelwert aus der Addition der einzelnen Faktoren würde wegen des unterschiedlichen Bestands und Schadensbedarfs der einzelnen Beobachtungseinheiten die prozentuale Änderung des Gesamtschadensbedarfs nicht zutreffend wiedergeben. Der gewich-tete Mittelwert würde dazu führen, dass bei einzelnen Beobachtungseinheiten vorhandener Anpassungsbedarf verdeckt wird mit der möglichen Folge späterer übermässiger Prämienerhöhungen (vgl. Sommer, ZfV 1999, 319; Gerwins, NVersZ 1999, 53 [55]).

c) Sind die Anpassungsvoraussetzungen gegeben, ist zu überprüfen, ob die vom Versicherer vorgenommene Neuberechnung der Prämie nach aktuariellen Grundsätzen mit den bestehenden Rechtsvorschriften und eventuell zu Gunsten des Versicherten davon abweichenden vertraglichen Bestimmungen in Einklang steht. Diese Überprüfung hat sich zunächst auf die Ermittlung des Anpassungsfaktors (aa) und sodann auf die Limitierungsmassnahmen (bb) zu erstrecken (vgl. Grote, S. 392 ff., 575 ff.)

aa) Hier geht es unter anderem darum, festzustellen, welche Rechnungsgrundlagen (§ 2 KalV) anpassungsbedürftig sind und ob der Anpassungs-faktor für jede einzelne Rechnungsgrundlage zutreffend ermittelt ist. Ist dies nicht der Fall, kommt es für die zivilgerichtlich zu überprüfende Prämienerhöhung darauf an, ob der vom Versicherer aus den Anpassungsfaktoren der einzelnen Rechnungsgrundlagen gebildete einheitliche Anpassungsfaktor den Anpassungsfaktor überschreitet, der im gerichtlichen Verfahren als der zutreffende einheitliche Anpassungsfaktor für die Prämie des betroffenen Versicherten festgestellt worden ist. Denn zivilrechtlich ist entscheidend, ob der Versicherer gem. § 178 g Abs. 2 VVG berechtigt ist, die höhere Prämie zu verlangen. Dementsprechend ist es das Ziel der Klage, festzustellen, dass der Erhöhungsbetrag nicht geschuldet wird. Die Klage kann deshalb nur und insoweit Erfolg haben, als Fehler bei der Ermittlung der einzelnen Anpassungsfaktoren eine im Ergebnis zu hohe Prämie bewirken. Daraus ergibt sich, dass fehlerhaft – teilweise zu hoch, teilweise zu niedrig – eingesetzte Anpassungsfaktoren einzelner Rechnungsgrundlagen bis zur Höhe des zutreffenden einheitlichen Anpassungsfaktors für die Prämie des Versicherten verrechnet werden können. Der Versicherungsnehmer hat im Rahmen der negativen Feststellungsklage einerseits kein schutzwürdiges Interesse daran, eine in einem Punkt berechtigte, nur zu niedrig errechnete Prämienerhöhung nicht zu zahlen. Andererseits wird ein zu hoher Ansatz bei einer Rechnungsgrundlage, etwa den Kopfschäden, bei der nächsten Prämienerhöhung regelmässig wieder ausgeglichen werden.

bb) Ist die Nachkalkulation in diesem Sinne nicht zu beanstanden, sind in einem weiteren Schritt die vom Versicherer vorgenommenen Limitierungsmassnahmen darauf zu überprüfen, ob die dafür geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen eingehalten sind (vgl. dazu im Einzelnen Grote, S. 584ff.; Gerwins, NVersZ 2000, 353 [359]).

3. Die vorstehend dargelegten Grundsätze für die Überprüfung der Prämienerhöhung sind hier anzuwenden, weil die Krankenversicherung nach Art der Lebensversicherung betrieben wird, das ordentliche Kündigungsrecht des Bekl. vertraglich ausgeschlossen ist und die Tarife risikoabhängig nach Männern und Frauen getrennt kalkuliert sind. Danach ist das Urteil des LG schon deshalb aufzuheben, weil es bei den Voraussetzungen für die Prämienanpassung fehlerhaft angenommen hat, dass der Bekl. nicht verpflichtet war, die Abweichung der erforderlichen von den kalkulierten Versicherungsleistungen nach Männern und Frauen getrennt für jede Beobachtungseinheit zu ermitteln. Diese Überprüfung mit Hilfe des Sachverständigen, der dazu bisher nicht gefragt worden ist, ist deshalb darauf zu richten, ob der auslösende Faktor bei den für den Kl. und seine Ehefrau massgebenden Beobachtungseinheiten erreicht ist. Liegen die Anpassungsvoraussetzungen vor, wird ebenfalls mit sachverständiger Hilfe nachzuprüfen sein, ob die Nachkalkulation des Bekl. zu einer überhöhten Prämienanpassung geführt hat. Gegenstand der Kontrolle insgesamt ist, wie unter Abs. 2 S. 2 a dargelegt, das Material, das der Bekl. dem Treuhänder vorgelegt hatte. Nach der Zurückverweisung wird allerdings zunächst der Bekl. entsprechend den Vorgaben des Senats ergänzend vorzutragen haben.