Mauerbilder

Der Staat darf Mauerbilder verschenken. Der iranische Künstler Kani Alavi hatte ein Stück der Berliner Mauer bemalt. Das Land Berlin schenkte es dem Bundestag und dieser der UNO. Der Künstler blieb unbenannt. Dies verletze sein Verbreitungs- und Urheberpersönlichkeitsrecht, meinte Alavi und forderte 170.000,- Euro. Abgelehnt. Das Bild sei lediglich zur Schau gestellt worden und die ganze Schenkerei keine urheberrechtliche Nutzung. Deshalb müsse auch sein Name nicht genannt werden. Im Übrigen habe er sein Graffiti ja auch gar nicht signiert. (tm.)

BGH, Urteil vom 24.05.2007 – I ZR 42/04 – “Staatsgeschenk” (KG Berlin)
Art. 2 Abs. 1, 60 Abs. 1 EuGVVO
Art. 42 EGBGB
§§ 2 Abs. 1 Nr. 4, 13, 17 Abs. 1, § 97 Abs. 1 S. 1, 121 Abs. 1, Abs. 2 UrhG
§ 18 ZPO

Leitsätze (amtl / tm.)

1. Ein Eingriff in das urheberrechtliche Verbreitungsrecht aus § 17 Abs. 1 UrhG ist nicht gegeben, wenn bei einer öffentlichen Veranstaltung das Original oder ein Vervielfältigungsstück des geschützten Werkes nur symbolisch übergeben wird.
2. Wird bei einer öffentlichen Veranstaltung, bei der keine urheberrechtliche Nutzungshandlung stattfindet, auf ein urheberrechtlich geschütztes Werk der bildenden Kunst (hier: ein ohne Zustimmung des Eigentümers auf Segmenten der Berliner Mauer angebrachtes Gemälde) in besonderer Weise hingewiesen, hat der Urheber jedenfalls dann keinen Anspruch auf Benennung nach § 13 UrhG, wenn er sich selbst zuvor nicht zu seinem Werk bekannt hat (etwa durch Anbringung einer Urheberbezeichnung).
3. Dem Urheber stehen an seinem Werk nationale Schutzrechte zu. Nach dem im Urheberrecht geltenden Territorialitätsprinzip kann ein inländisches Urheberrecht grundsätzlich nur durch eine zumindest teilweise im Inland begangene Handlung verletzt werden. Will der Urheber darüber hinaus sein Schadensersatzbegehren auch auf die Verletzung von im Ausland bestehender urheberrechtlicher Nutzungsrechte stützten, müssen diese ausdrücklich zum Gegenstand des Rechtsstreit (Streitgegenstand) gemacht werden. (tm.)
4. Die Rechtsordnung, welche die Schutzwirkung des Immaterialgüterrechts bestimmt, ist der Disposition der Parteien entzogen und beurteilt sich nach dem deutschen internationalen Privatrecht. (tm.)
5. Die Frage, ob Ansprüche wegen Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte bestehen, ist grundsätzlich nach dem Recht desjenigen Staates zu beurteilen, für dessen Gebiet der Immaterialgüterschutz in Anspruch genommen wird (Recht des Schutzlandes). (tm.)

Tatbestand

[1] Der Kläger, ein bildender Künstler, bemalte im Jahre 1995 drei zusammenhängende Elemente der Berliner Mauer am Leipziger Platz in Berlin-Mitte. Sein Werk betitelte er mit “Ost-West-Dialog”. Eine Signierung nahm er nicht vor. Das Grundstück, mit dem die Mauerstücke fest verbunden waren, stand im Eigentum des Landes Berlin; dieses hatte der Bemalung nicht zugestimmt.
[2] Am 12. Juli 2001 fand auf dem Leipziger Platz ein Festakt statt, in dessen Verlauf das Land Berlin die vom Kläger bemalten Mauersegmente dem Deutschen Bundestag schenkte. Dessen Präsident schenkte die Mauerelemente der UNO, deren Generalsekretär Annan bei dem Festakt anwesend war. Der jeweilige Übergabeakt erfolgte an diesem Tag nur symbolisch. Die Mauerelemente blieben zunächst an Ort und Stelle. Übergeben wurden sie der UNO am 4. April 2002 in New York im Park der Vereinten Nationen. An den Mauersegmenten ist eine 55 cm x 55 cm große Tafel montiert, die über die Geschichte der Berliner Mauer unterrichtet und mit der Angabe schließt: “This graffito was created after the fall of the Wall. Artist: K. “.
[3] Der Kläger hat die Beklagte, die Bundesrepublik Deutschland, auf Schadensersatz wegen Verletzung seines urheberrechtlichen Verbreitungsrechts und seines Rechts auf Urheberbenennung in Anspruch genommen. Er hat geltend gemacht, die Beklagte habe die Mauerelemente ohne seine Zustimmung im Wege der Veräußerung erstmals in den Verkehr gebracht. Sein Recht auf Urheberbenennung sei sowohl bei dem Festakt am 12. Juli 2001 als auch bei der Übergabe am 4. April 2002 in New York verletzt worden. Auf der Tafel, die an den Mauerelementen angebracht worden sei, werde nicht ausreichend auf ihn als Künstler hingewiesen.
[4] Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen in der Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellten Geldbetrag, mindestens jedoch 170.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 31. Mai 2002 zu zahlen.
[5] Die Beklagte hat vorgetragen, es habe sich bei dem Mauerbild um aufgedrängte Kunst gehandelt. Jedenfalls habe der Kläger der Verbreitung durch sein Verhalten zugestimmt. Mit einem Mitarbeiter der Verwaltung des Deutschen Bundestags habe der Kläger den Text der an den Mauerelementen angebrachten Tafel erörtert und keine weitergehenden Wünsche zu seiner Benennung geäußert.
[6] Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
[7] Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben.
[8] Mit der (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I. 
[9] Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
[10] Ein Anspruch gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 17 UrhG wegen Eingriffs in das Verbreitungsrecht des Klägers als Urheber sei nicht gegeben. Die Bemalung der Mauersegmente durch den Kläger weise zwar Werkqualität i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG auf. Das sich aus § 17 Abs. 1 UrhG ergebende Verbreitungsrecht des Klägers sei aber bereits durch das Anbringen des Werkes auf den Mauerstücken untergegangen. Vorliegend sei im Jahre 1995 ein Teilstück der inneren Mauer bemalt worden, von der damals bekannt gewesen sei, dass sie Bauplanungen im Wege gestanden habe. Ferner sei bekannt gewesen, dass bemalte und unbemalte Mauerstücke in segmentierter Form verkehrsfähig gewesen seien. Bei dem Bild des Klägers auf den Mauersegmenten habe es sich danach um aufgedrängte Kunst gehandelt. Ein solcher Gegenstand, der auch ohne das mit ihm untrennbar verbundene aufgedrängte Kunstwerk gut verwertbar sei, dürfe grundsätzlich weiterveräußert werden, da der Eigentümer sonst in unerträglicher Weise in seinem grundrechtlich geschützten Recht, mit der Sache nach Belieben zu verfahren, beschränkt würde. Der Umstand, dass die Veräußerbarkeit durch die Bemalung gefördert worden sei, zwinge nicht dazu, den Beteiligungsgrundsatz zugunsten des Urhebers anzuwenden. Das Verbreitungsrecht des Klägers sei am 4. April 2002 erschöpft gewesen.
[11] Ein Anspruch des Klägers aus § 97 Abs. 1 UrhG sei auch deshalb ausgeschlossen, weil er vor und nach dem 4. April 2002 deutlich zum Ausdruck gebracht habe, dass er mit der Verfahrensweise der Beklagten einverstanden gewesen sei und dieser damit konkludent zugestimmt habe.
[12] Ein Anspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG i.V. mit § 13 UrhG bestehe ebenfalls nicht. Dass der Kläger bei der Präsentation am 12. Juli 2001 nicht genannt worden sei, verletze seine Urheberrechte nicht. Er habe sein Werk nicht signiert und nicht zu erkennen gegeben, dass er bei der Präsentation an diesem Tag genannt werden wollte. Der Kläger habe sein Recht zu bestimmen, wie er auf den in New York aufgestellten Mauerelementen benannt werde, nicht ausgeübt; er habe nur zu erkennen gegeben, dass ihm die Angaben auf der angebrachten Tafel nicht genügten.

II. 
[13] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

[14] 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass im Streitfall eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben ist. Die unter Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt entweder aus Art. 2 Abs. 1, Art. 60 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-I-VO oder EuGVVO) oder aus § 18 ZPO. Die Beklagte, die im vorliegenden Rechtsstreit durch den Deutschen Bundestag vertreten wird, hat ihren Sitz i.S. von Art. 60 Abs. 1 Brüssel-I-VO in Berlin. Dort ist auch der Sitz der Behörde, die die Beklagte i.S. von § 18 ZPO vertritt.

[15] 2. Das Berufungsgericht hat Schadensersatzansprüche des Klägers nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG wegen Verletzung seines Rechts auf Urheberbenennung (§ 13 UrhG) und seines Verbreitungsrechts (§ 17 UrhG) im Ergebnis zu Recht verneint.

[16] a) Gegenstand des Rechtsstreits sind nur behauptete Verletzungen urheberrechtlicher Nutzungsrechte, die dem Kläger im Inland zustehen.

[17] aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund) bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. BGHZ 166, 253, 259 – Markenparfümverkäufe, m.w.N.). Geht der Kläger aus einem Schutzrecht vor, wird der Gegenstand der Klage durch den Antrag und das im Einzelnen bezeichnete Schutzrecht festgelegt (BGH, Urt. v. 7.12.2000 – I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 – Telefonkarte).
[18] Dem Urheber steht an seinem Werk – auch aus der Sicht der zu seinem Schutz geschlossenen internationalen Abkommen – kein einheitliches Schutzrecht zu, sondern ein Bündel nationaler Schutzrechte (BGHZ 152, 317, 322 – Sender Felsberg). Deshalb wäre es Sache des Klägers gewesen, in den Tatsacheninstanzen klarzustellen, dass er das Schadensersatzbegehren auch auf im Ausland bestehende urheberrechtliche Nutzungsrechte stützt (BGH, Urt. v. 8.7.2004 – I ZR 25/02, GRUR 2004, 855, 856 = WRP 2004, 1293 – Hundefigur). Das ist nicht geschehen.

[19] bb) Der Kläger hat in der Klage zwar auch Vorgänge vorgetragen, die sich nicht in Deutschland, sondern in New York ereignet haben. Daraus folgt aber nicht, dass er auch im Ausland bestehende Schutzrechte zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht hat. Sein Schadensersatzbegehren hat der Kläger vielmehr ausschließlich aus der Verletzung des im Inland bestehenden Urheberrechts hergeleitet. Auch die Vorinstanzen haben nur über die Frage der Verletzung von Rechten aus deutschem Urheberrecht entschieden, ohne dass der Kläger dies beanstandet hätte.

[20] b) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass sich die Ansprüche des Klägers nach deutschem Urheberrecht richten.

[21] aa) Die Frage, welches nationale Urheberrecht anzuwenden ist, beurteilt sich nach dem deutschen internationalen Privatrecht. Dessen richtige Anwendung ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (BGHZ 136, 380, 386 – Spielbankaffaire). Eine Rechtswahl des Verletzten oder eine Vereinbarung über das anzuwendende Recht ist, anders als es das Berufungsgericht angenommen hat, nicht zulässig. Die Rechtsordnung, welche die Schutzwirkung des Immaterialgüterrechts bestimmt, ist der Disposition der Parteien entzogen (BGHZ 118, 394, 397 f. – ALF; 136, 380, 386 – Spielbankaffaire). Daran hat sich durch die Neufassung der Kollisionsnorm des Art. 42 EGBGB durch das Gesetz zum Internationalen Privatrecht für außervertragliche Schuldverhältnisse und für Sachen vom 21. Mai 1999 (BGBl. I S. 1026) nichts geändert (Schricker/Katzenberger, Urheberrecht, 3. Aufl., Vor §§ 120 ff. UrhG Rdn. 134; Dreier in Dreier/Schulze, Urheberrechtsgesetz, Vor §§ 120 ff. Rdn. 28; Kotthoff in HK-UrhR § 120 ff. Rdn. 7; Möhring/Nicolini/Hartmann, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., Vor §§ 120 ff. Rdn. 19; Sack, WRP 2000, 269, 284; Staudinger/ Fezer/Koos, IntWirtschR (2006) Rdn. 875; zu Art. 40 EGBGB vgl. auch: BGHZ 152, 317, 322 – Sender Felsberg; a.A. Loewenheim/Walter, Handbuch des Urheberrechts, § 58 Rdn. 25; Wandtke/Bullinger/v. Welser, Urheberrecht, 2. Aufl., Vor §§ 120 ff. UrhG Rdn. 14). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu diesem Gesetz lässt die allgemeine Geltung des Schutzlandprinzips, die eine ausdrückliche Regelung entbehrlich machte, keinen Raum für eine vorrangige Anknüpfung etwa an das von den Beteiligten gewählte Recht (BT-Drucks. 14/343, S. 10). Die Senatsrechtsprechung steht im Übrigen auch im Einklang mit dem Geänderten Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (“ROM II”) vom 21. Februar 2006 (vgl. dort Art. 9).

[22] bb) Nach der Senatsrechtsprechung zum deutschen internationalen Privatrecht ist die Frage, ob Ansprüche im Falle der Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte bestehen, grundsätzlich nach dem Recht des Schutzlandes, d.h. nach dem Recht desjenigen Staates zu beurteilen, für dessen Gebiet der Immaterialgüterschutz in Anspruch genommen wird (BGHZ 152, 317, 321 – Sender Felsberg; 155, 257, 261 – Sendeformat; Schricker/Katzenberger aaO Vor §§ 120 ff. UrhG Rdn. 124 ff.; Dreier in Dreier/Schulze aaO Vor §§ 120 ff. Rdn. 28; Obergfell, IPRax 2005, 9, 10 ff.; Buchner, GRUR Int. 2005, 1004, 1005). Danach ist im Streitfall deutsches Urheberrecht anwendbar, weil Gegenstand der Klage nur die Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte ist, die dem Kläger im Inland zustehen.

[23] c) Der Kläger, der ausländischer (iranischer) Staatsangehöriger ist, kann urheberrechtlichen Schutz gemäß § 121 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG in Anspruch nehmen. Nach diesen Vorschriften genießen ausländische Staatsangehörige den urheberrechtlichen Schutz für Werke der bildenden Kunst, die mit einem Grundstück im Geltungsbereich dieses Gesetzes fest verbunden sind. Diese Voraussetzungen erfüllte das vom Kläger auf den Mauerelementen am Leipziger Platz in Berlin-Mitte geschaffene Bild.

[24] d) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis jedoch zu Recht angenommen, dass dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 17 UrhG wegen Verletzung des Verbreitungsrechts nicht zusteht.

[25] aa) Bei dem vom Kläger auf den Mauerelementen angebrachten Bild handelt es sich, wovon auch das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist, um ein urheberrechtsschutzfähiges Werk der bildenden Kunst i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG.

[26] bb) Die Beklagte hat das Verbreitungsrecht des Klägers jedoch nicht verletzt. Sie hat die Mauersegmente nicht im Inland der Öffentlichkeit angeboten oder in den Verkehr gebracht.
[27] (1) Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, ABl. EG Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, S. 10 (Informationsgesellschafts-Richtlinie), sehen die Mitgliedstaaten vor, dass Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 17 UrhG, durch die Art. 4 Abs. 1 der Informationsgesellschafts- Richtlinie umgesetzt wird, steht dem Urheber das ausschließliche Recht zu, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. Von einem Inverkehrbringen ist regelmäßig auszugehen, wenn das Original aus der internen Betriebssphäre durch Überlassung des Eigentums oder des Besitzes der Öffentlichkeit zugeführt wird (BGH, Beschl. v. 5.10.2006 – I ZR 247/03, GRUR 2007, 50 Tz. 14 = WRP 2007, 86 – Le Corbusier-Möbel). Der Bezug zur Öffentlichkeit in § 17 Abs. 1 UrhG hat den Zweck, die bloße private Weitergabe an Dritte, mit denen eine persönliche Beziehung besteht, vom Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers auszunehmen (BGH, Urt. v. 10.5.1984 – I ZR 85/82, GRUR 1985, 129, 130 – Elektrodenfabrik; BGHZ 113, 159, 161 – Einzelangebot). Auch rein konzerninterne Warenbewegungen und die Weitergabe zum Vertrieb an ein konzernangehöriges Unternehmen stellen noch kein Inverkehrbringen dar (BGH, Urt. v. 20.2.1986 – I ZR 153/83, GRUR 1986, 668, 669 f. – Gebührendifferenz IV).
[28] (2) Während des Festaktes am 12. Juli 2001 wurden die vom Kläger bemalten Mauersegmente nicht in den Verkehr gebracht, weil die Schenkungen vom Land Berlin an den Deutschen Bundestag und von diesem an die UNO nur symbolisch vorgenommen wurden; eine Übergabe an die UNO erfolgte an diesem Tag nicht.
[29] Das Werkstück wurde auch nicht der Öffentlichkeit i.S. von § 17 Abs. 1 UrhG angeboten, weil es im Rahmen des Festaktes nur der Öffentlichkeit gezeigt und damit keine Aufforderung zum Eigentums- oder Besitzerwerb gegenüber der Öffentlichkeit verbunden war. Das bloße Zurschaustellen des Werkes im Rahmen des Festaktes war keine Weiterverbreitung des Werkstücks.
[30] Die zu einem nicht näher konkretisierten Zeitpunkt nach dem Festakt vom 12. Juli 2001 erfolgte Übergabe der Mauersegmente durch das Land Berlin an die Beklagte und der Transport der Mauerbilder außer Landes stellen sich ebenfalls nicht als Inverkehrbringen i.S. von § 17 Abs. 1 UrhG dar. Dadurch wurde das Werkstück, das Gegenstand des Staatsgeschenks an die UNO war, nicht der Öffentlichkeit zugeführt, sondern blieb im Besitz der öffentlichen Hand.

[31] cc) Ob die Beklagte mit der Übergabe der Mauersegmente am 4. April 2002 an die UNO in New York im Park der Vereinten Nationen in ein urheberrechtliches Nutzungsrecht des Klägers eingegriffen hat, kann offen bleiben. Dadurch ist das deutsche Urheberrecht nicht verletzt worden. Nach dem auch im Urheberrecht geltenden Territorialitätsprinzip kann ein inländisches Urheberrecht grundsätzlich nur durch eine zumindest teilweise im Inland begangene Handlung verletzt werden (BGHZ 126, 252, 256, 258 – Folgerecht bei Auslandsbezug; 152, 317, 326 f. – Sender Felsberg; Schricker/Katzenberger aaO Vor §§ 120 ff. UrhG Rdn. 123; Möhring/Nicolini/Lütje aaO § 97 Rdn. 275).

[32] e) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, dass das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit § 13 UrhG verneint hat. Die Beklagte hat das Recht des Klägers auf Urheberbenennung nach § 13 UrhG nicht verletzt.

[33] aa) Nach § 13 Satz 1 UrhG hat der Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk; weiterhin steht ihm das Bestimmungsrecht zu, ob das Werk mit seiner Urheberbezeichnung zu versehen ist und welche Bezeichnung zu verwenden ist (§ 13 Satz 2 UrhG).
[34] Bei einem Werk der bildenden Kunst erfolgt die Urheberbezeichnung in erster Linie mit der Signierung des Werkes (Loewenheim/Dietz aaO § 16 Rdn. 72). Von dieser Möglichkeit hat der Kläger entsprechend den Gepflogenheiten bei Graffiti keinen Gebrauch gemacht. Damit hat er zwar nicht auf sein Urheberbenennungsrecht verzichtet (Schricker/Dietz aaO § 13 UrhG Rdn. 14); dem Kläger stand weiterhin das Recht auf Anbringung der Urheberbezeichnung an seinem Werk zu. Dieses Recht des Klägers hat die Beklagte aber nicht verletzt. Sie hat eine Signierung des Werkes oder die Anbringung eines Hinweises auf den Kläger als Urheber des Bildes während des Zeitraums, in dem sich die Mauersegmente im Inland und damit im Geltungsbereich des deutschen Urheberrechts befanden, nicht verhindert.

[35] bb) Entgegen der Ansicht der Revision hatte der Kläger auch keinen Anspruch, bei dem Festakt am 12. Juli 2001 namentlich genannt zu werden. Aus § 13 Satz 1 UrhG kann sich allerdings ein Anspruch des Urhebers ergeben, bei Ankündigungen und Drucksachen, mit denen für sein Werk geworben wird, als Urheber benannt zu werden (vgl. zum früheren Recht hinsichtlich der Ankündigung eines Films: BGH, Urt. v. 19.10.1962 – I ZR 174/60, GRUR 1963, 40, 43 – Straßen – gestern und morgen; vgl. weiter: Dreyer in HK-UrhR, § 13 Rdn. 4, 7 und 15; Schricker/Dietz aaO § 13 UrhG Rdn. 6 und 8; Schulze in Dreier/Schulze aaO § 13 Rdn. 3 ff.; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 3. Aufl., S. 214). Ob sich aus § 13 Satz 1 UrhG ein allgemeiner Anspruch des Urhebers herleiten lässt, dass sein Name bei einer Werknutzung genannt wird, kann offen bleiben. Mit dem Festakt am 12. Juli 2001 auf dem Leipziger Platz in Berlin-Mitte war keine Nutzung des Werkes verbunden, die unter ein urheberrechtliches Verwertungsrecht fiel. Unter diesen Umständen begründete die Präsentation der vom Kläger bemalten Mauersegmente auf dieser Veranstaltung jedenfalls deshalb keinen Anspruch des Klägers auf Benennung als Urheber, weil er sich selbst nicht zu seinem Werk, das er ohne Zustimmung des Landes Berlin als Eigentümer auf den Mauersegmenten angebracht hatte, bekannt hatte (etwa durch Signieren). Die Beklagte traf auch keine Rechtspflicht, sich bei dem Kläger vor der Veranstaltung zu erkundigen, ob er als Urheber benannt werden wollte.

[36] cc) Ob die Beklagte bei der Aufstellung der Mauerelemente im Park der Vereinten Nationen am 4. April 2002 das Recht des Klägers auf Urheberbenennung verletzt hat und ob sie mit der an den Mauersegmenten angebrachten Tafel der erforderlichen Bezeichnung des Klägers als Urheber im notwendigen Umfang nachgekommen ist, kann dahinstehen. Diese nicht im Inland begangenen Handlungen können das deutsche Urheberrecht des Klägers nicht verletzen (dazu Abschn. II 2 d cc).

III. 
[37] Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Vorinstanzen

LG Berlin, Entscheidung vom 17.06.2003 – 16 O 723/02 –
KG Berlin, Entscheidung vom 12.12.2003 – 5 U 219/03 –