Kunstfreiheit

Der Bundesgerichtshof hat die Verbreitung des Romans “Esra” von Maxim Biller untersagt. Im Streit mit dem Verlag Kiepenheuer & Witsch konnte sich die ehemalige Freundin des Autors durchsetzen. Die autobiografischen Schilderungen von intimen Einzelheiten aus der Liebesbeziehung zwischen der Titelfigur und dem Ich-Erzähler zu sehr die Wirklichkeit wiedergäben. Eine genügende Verfremdung und Schaffung einer reinen Kunstfigur sei nicht gelungen. Die Freundin könne als die Romanfigur erkannt werden. Dieser schwere Eingriff in ihre Intimsphäre sei nicht durch die Kunstfreiheit gedeckt. So der BGH. (tm. 09-2005)

BGH, Urteil vom 21.06.2005 – VI ZR 122/04 – “Esra” (OLG München)
Art. 2 Abs. 1, 5 Abs. 3 S. 1 GG
§§ 823 Abs. 1, 1004 BGB

Aus dem Tatbestand: Die Kl. wenden sich gegen die Veröffentlichung des von der Bekl. verlegten Romans “Esra” von Maxim Biller (im Folgenden: Autor). Das Buch schildert die Liebesbeziehung zwischen der Titelfigur Esra und dem Ich-Erzähler, dem Schriftsteller Adam. Die Kl. zu 1, die etwa eineinhalb Jahre lang eine intime Beziehung zum Autor unterhielt, und ihre Mutter, die Kl. zu 2, sind der Auffassung, der Inhalt des Romans verletze ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht, weil sich die Schilderung der Romanfiguren Esra und Laie eng an ihrem Leben orientiere.
Auf Antrag der Kl. wurde der Bekl. im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, das Buch “Esra” in der Ursprungsfassung zu verbreiten. Die Bekl. gab danach mehrere Unterlassungsverpflichtungserklärungen unterschiedlichen Inhalts ab. Das Landgericht, dessen Entscheidung in ZUM 2004, Seite 234 (= GRUR-RR 2004, 92) veröffentlicht ist, hat der Unterlassungsklage in der nach der vierten Verpflichtungserklärung vom 18.8.2003 verbliebenen Fassung stattgegeben und im übrigen die Erledigung der Hauptsache festgestellt. Das Oberlandesgericht München hat die Berufung der Bekl. zurückgewiesen und die Revision zugelassen, mit der diese unter Hinnahme des Feststellungsausspruchs ihr Klageabweisungsbegehren im Übrigen ohne Erfolg weiterverfolgt.

Aus den Entscheidungsgründen des Urteils:
I. 

Das BerGer. hält die Unterlassungsklage ungeachtet der Verpflichtungserklärungen der Bekl. für zulässig.
Die Klage sei auch begründet, denn die Veröffentlichung des Buchs “Esra” verletze die Kl. in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Diese seien in den Romanfiguren Esra und Laie und dem Handlungs- und Beziehungsgeflecht des Buchs für einen nicht unbedeutenden Leserkreis erkennbar. Dies beruhe zum einen darauf, dass der Kl. zu 1 der Bundesfilmpreis und der Kl. zu 2 der alternative Nobelpreis verliehen worden sei. Die in der streitgegenständlichen Buchfassung erfolgte Umbenennung der Preise in “Fritz-Lang-Preis” und “Karl-Gustav-Preis” vermöge wegen der geschilderten Begleitumstände die Erkennbarkeit nicht zu beseitigen. Darüber hinaus stimmten das Erscheinungsbild und der Lebens- und Berufsweg der Kl. im Wesentlichen mit denen der Romanfiguren überein.
Selbst bei Einbeziehung der auf Grund der Unterlassungsverpflichtungserklärungen vom 18.8.2003 und vom 9.2.2004 vorgenommenen Änderungen fehle eine genügende Verfremdung des Abbilds vom Urbild. Es lägen so markante Übereinstimmungen vor, dass der Leser nicht zwischen Wahrheit und Erdichtetem unterscheiden könne. Auch unter Berücksichtigung des Charakters des Buchs als Belletristik sei wegen der Kumulation von Identifizierungsmerkmalen nicht erkennbar, dass keine realen Personen dargestellt würden. Dass der Roman Fiktion sei, werde weder durch das Nachwort noch durch das auf Grund der ersten Verpflichtungserklärung eingefügte Vorwort ausreichend klar. Die Kl. zu 1 werde durch die Schilderung der Einzelheiten des Sexuallebens von Esra sowie eines Abtreibungsversuchs in ihrer Intimsphäre verletzt, weil der Inhalt des Romans mit realen Einzelheiten ihres Sexuallebens gleichgesetzt werde. Durch die Darstellung der schweren Krankheit von Esras Tochter werde die Kl. zu 1, deren Tochter lebensbedrohlich erkrankt sei, ebenfalls in ihrer Privatsphäre verletzt. Auch wenn sich die Bekl. grundsätzlich auf Kunstfreiheit berufen könne und auch wenn berücksichtigt werde, dass der Autor mit dem Roman die aus seiner Sicht tief erlebte Liebesbeziehung mit der Kl. zu 1 habe verarbeiten und bewältigen wollen, müsse diese die mit der Veröffentlichung des Buchs verbundenen Eingriffe in ihr Persönlichkeitsrecht nicht hinnehmen. Die gegebene Möglichkeit einer ausreichenden Verfremdung habe der Autor nicht genutzt. Das Buch greife auch in schwerwiegendem Masse in die Privatsphäre der Kl. zu 2 ein. Es zeichne nämlich ein negatives Charakterbild der Romanfigur Laie. Leser, die die Kl. zu 2 identifiziert hätten, würden die Charakterzüge von Laie mit denen der Kl. zu 2 gleichsetzen. Dadurch werde sie in ihrem Recht am eigenen Lebensbild verletzt. Derart schwerwiegende Entstellungen seien durch die Kunstfreiheit nicht gedeckt.

II.
Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1. Zu Recht geht das BerGer. davon aus, dass dem Unterlassungsbegehren nicht schon die vierte Unterlassungserklärung der Bekl. vom 18.8.2003 entgegensteht. Zwar lässt auch im Falle der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eine ordnungsgemässe Unterlassungsverpflichtungserklärung selbst ohne deren Annahme durch den Gläubiger die Wiederholungsgefahr grundsätzlich entfallen (Senatsurteile, BGHZ 78, 9, 17; vom 08.02.1994 – VI ZR 286/93 – VersR 1994, 570, 572; vom 01.10.1996 – VI ZR 206/95 – NJW 1997, 1152, 1154 und vom 19.10.2004 – VI ZR 292/03 – VersR 2005, 84, 85; Prinz/Peters, MedienR, 1999, Rdnrn. 337 f.). Um diese Wirkung zu entfalten, muss die Erklärung den Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang aber voll abdecken (BGH, Urteil vom 31.05.2001 – I ZR 82/99 – NJW-RR 2002, 608, 609 = GRUR 2002, 180 m.w. Nachw.). Dies ist hier nicht der Fall, da die Kl. geltend “machen, auch in der nach der vierten Unterlassungserklärung der Bekl. vom 18.8.2003 verbliebenen Fassung (“Münchner Fassung”) verletze der Roman ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht. Ob es sich bei dieser vierten Erklärung um eine Teilunterwerfungserklärung handelt, die für den Fall einer sachlich teilbaren Wiederholungsgefahr allgemein als zulässig erachtet wird, kann dahinstehen. Denn eine solche liesse den weiter reichenden Unterlassungsanspruch der Kl. jedenfalls unberührt (vgl. BGH, Urteile vom 19.10.2000 – I ZR 89/98 – NJW-RR 2001, 978, 980 = GRUR 2001, 422, und vom 24.04.2002 – I ZR 296/99 – NJW-RR 2002, 1613, 1614 = GRUR 2002, 824; Wenzel/Burkhardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 12, Rdnrn. 20 f. m.w. Nachw.; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vorb. § 13 Rdnr. 7). Hiervon abgesehen konnte die vierte Unterlassungserklärung für sich allein auch deswegen keine Wirkung entfalten, weil sie ausdrücklich unter dem Vorbehalt der Annahme durch die Kl. stand.

2. Auch die Annahmeerklärung der Kl. vom 19.8.2003 steht dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht entgegen. Ohne Erfolg beruft sich die Revision darauf, dass es in der Unterlassungserklärung heisst: “Meine Mandantin (scil. die Bekl.) behält sich vor, das dieser Unterlassungsverpflichtungserklärung entsprechend geänderte Buch mit dem Untertitel “Münchner Fassung” zu veröffentlichen, zu verbreiten etc.”. Ob darin, wie die Revision meint, ein auf einvernehmliche Veröffentlichung der “Münchner Fassung” gerichtetes Angebot der Bekl. lag, kann dahinstehen. Eine entsprechende Vereinbarung ist, wovon auch das BerGer. ausgeht, jedenfalls nicht zu Stande gekommen. Die Kl. haben der Veröffentlichung der geänderten Fassung nämlich nicht zugestimmt. Ihr Antwortschreiben beginnt zwar mit den Worten: “Mit dieser Annahme ist die Verpflichtungserklärung ihrer Mandantin rechtsverbindlich.” Jedoch heisst es am Ende: “Unsere Mandantinnen sind gezwungen, dieses Angebot anzunehmen. Die dadurch zu erwartende Persönlichkeitsverletzung ist zwar geringfügig geringer als die ursprüngliche Fassung des Buchs “Esra” von M. Biller, dadurch aber keineswegs beseitigt. Unsere Mandantinnen werden auch die Veröffentlichung dieser so veränderten Fassung in dem anhängigen Verfahren bekämpfen, weil ausreichend Erkennungsmerkmale verbleiben”. Nimmt der Gläubiger die unzureichende Erklärung zwar an, erklärt er aber zugleich, dass er seinen weiter reichenden Anspruch nicht als befriedigt ansieht, dann besteht der gesetzliche Unterlassungsanspruch fort, der Unterlassungsvertrag ist nicht zu Stande gekommen (Köhler/Piper, Vorb. § 13 Rdnrn. 207, 210). Offen bleiben kann, ob in der einschränkenden Annahme vorliegend ein neuer Antrag der Kl. lag (§ 150 Abs. 2 BGB) und die Bekl. diesen ihrerseits (stillschweigend) angenommen hat. Die Parteien haben jedenfalls kein Einvernehmen erzielt, welches über die Verpflichtung der Bekl. hinausgeht, das Buch nicht ohne die von ihr in der vierten Erklärung angebotenen Änderungen zu veröffentlichen. Auf die rechtliche Einordnung der zwischen ihnen erzielten Übereinkunft kommt es insoweit nicht an (vgl. Köhler/Piper, Rdnr. 217; OLG Stuttgart, WRP 1997, 350, 354).

3. Der Unterlassungsanspruch ist auch in der Sache begründet. Die Kl. müssen die Veröffentlichung des Romans “Esra” nicht hinnehmen. Die durch Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG grundrechtlich garantierte Kunstfreiheit hat unter den Umständen des Streitfalls hinter dem gem. Art. 2 Abs. 1 GG ebenfalls grundrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Kl. zurückzutreten. Die Kl. werden durch den Roman auch unter Berücksichtigung der in den Unterlassungserklärungen vom 18.8.2003 und vom 9.2.2004 vorgenommenen Textänderungen individuell betroffen und in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzt.

a) Im Ergebnis zu Recht hat das BerGer. angenommen, dass die Kl. in den Romanfiguren Esra und Laie erkennbar sind.

aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, eine Erkennbarkeit der Kl. setze voraus, dass diese “von einem nicht unbedeutenden Leserkreis unschwer” in den Romanfiguren wiedererkannt würden. Bei dieser Formulierung (vgl. BVerfGE 30, 173, 198 = NJW 1971, 1645 – Mephisto) handelt es sich um den von den Zivilgerichten seinerzeit zu Grunde gelegten Massstab hinsichtlich der Erkennbarkeit. Dieser Massstab ist indes zu eng, weil grundsätzlich die Erkennbarkeit in einem mehr oder minder grossen Bekanntenkreis bzw. in der näheren persönlichen Umgebung genügt (Senatsurteile vom 26.06.1979 – VI ZR 108/78 – NJW 1979, 2205 [zu § 22 KUG] und vom 15.12.1987 – VI ZR 35/87 – NJW-RR 1988, 733 = VersR 1988, 405; LG Berlin, AfP 2004, 287, 289 f.; vgl. Soehring, PresseR, 3. Aufl., Rdnr. 13.37; Prinz/Peters, Rdnrn. 337 f. m.w. Nachw.; Wegner/Wallenfels/Kaboth, Recht im Verlag, 2004, Kap. 3 Rdnr. 111). Ein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht demjenigen zu, der durch die Veröffentlichung individuell betroffen ist. Dies setzt voraus, dass er erkennbar zum Gegenstand einer medialen Darstellung wurde. Die Erkennbarkeit ist bereits dann gegeben, wenn die Person ohne namentliche Nennung zumindest für einen Teil des Leser- oder Adressatenkreises auf Grund der mitgeteilten Umstände hinreichend erkennbar wird. Es kann die Wiedergabe von Teilinformationen genügen, aus denen sich die Identität für die sachlich interessierte Leserschaft ohne weiteres ergibt odermühelos ermitteln lässt (Senatsurteile vom 09.04.1963 – VI ZR 54/62 – NJW 1963, 1155 = GRUR 1963, 638; vom 21.06.1966 – VI ZR 266/64 -NJW 1966, 2010, 2011 = GRUR 1966, 633; vom 20.01.1981 – VI ZR 163/79 – VersR 1981, 384, 385 und vom 10.12.1991 – VI ZR 53/91 – NJW 1992, 1312 = VersR 1992, 363, 364; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 3619, 3620; für die Aufgabe des Begriffs im Zusammenhang mit künstlerischen Figurationen v. Becker, KUR 2003, 81, 87 f). Dafür kann unter Umständen die Schilderung von Einzelheiten aus dem Lebenslauf des Betroffenen oder die Nennung seines Wohnorts und seiner Berufstätigkeit ausreichen (vgl. Prinz/Peters, Rdnr. 143 m. w. Nachw.; Wenzel/Burkhardt, Kap. 12 Rdnr. 43).

bb) Bei Anlegung dieses Massstabs ist die Auffassung des BerGer., die Kl. seien in den Romanfiguren Esra und Laie zu erkennen, nicht zu beanstanden.

(1) Das BerGer. sieht zunächst wesentliche Übereinstimmungen zwischen dem äusseren Erscheinungsbild und dem Lebens- und Berufsweg der Kl. und denen der Romanfiguren Esra und Laie. Es stützt sich dabei auf eine Vielzahl von Einzelheiten, deren Feststellung von der Revision nicht angegriffen wird. Darüber hinaus stellt das BerGer. darauf ab, dass sich die Verleihung des Bundesfilmpreises an die Kl. zu 1 und des alternativen Nobelpreises an deren Mutter, die Kl. zu 2, im Roman erkennbar widerspiegeln. Die Identifizierungskraft dieser Merkmale wird entgegen der Auffassung der Revision durch die Änderungen gemäss der vierten und fünften Unterlassungserklärung nicht beseitigt. Zwar lauten die Bezeichnungen der beiden Preise nunmehr “Fritz-Lang-Preis” und “Karl-Gustav-Preis”, der Grund der Preisverleihung an Esra wird indes unverändert beschrieben. Der “Fritz-Lang-Preis” wird ihr nämlich für einen Film verliehen, in dem sie ein Mädchen aus einfachen türkischen Verhältnissen darstellt, das sich in einen deutschen Jungen verliebt. Der “Karl-Gustav-Preis” wird in dem Roman nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des BerGer. weiterhin in Bezug zum Nobelpreis gesetzt.

(2) Diese Feststellungen rechtfertigen im Streitfall die Annahme, dass Leser mit Einblick in das berufliche oder persönliche Umfeld der Kl. diese anhand der im Buch dargestellten Umstände erkennen können. Dies gilt, wie das BerGer. zu Recht annimmt, auch unter Berücksichtigung der übrigen Änderungen auf Grund der vierten und fünften Unterlassungserklärung. Gegen diese Bewertung wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg, denn ihre Angriffe orientieren sich an dem zu strengen Massstab, den das BerGer. für die Frage der Erkennbarkeit angelegt hat (vgl. oben II 3 aa).
Auf Grund der Vielzahl der vom BerGer. festgestellten Übereinstimmungen im Erscheinungsbild und im Lebens- und Berufsweg der Kl. sowie in den aus diesem Lebens- und Berufsweg herrührenden Kontakten liegt die Erkennbarkeit für den massgeblichen Personenkreis vorliegend auf der Hand. Jeder, der die Kl. mehr als nur oberflächlich kennt und einigermassen mit ihren Lebensumständen vertraut ist, muss aus den Darstellungen im Roman auf die Kl. schliessen. Soweit die Revision rügt, das BerGer. habe übersehen, dass es auf die unschwere Identifizierbarkeit für einen nicht unbedeutenden Leserkreis ankomme und dass Kenntnisse, die der Roman nicht selbst vermittele und die bei einer objektiven Leserschaft auch nicht vorausgesetzt werden könnten, ausser Betracht bleiben müssten, überspannt sie die Anforderungen an die Erkennbarkeit. Ihre Ausführungen orientieren sich insoweit an einem unzutreffenden Massstab und gehen deshalb an der Sache vorbei. Die von der Revision aufgezeigten Textänderungen, wie etwa die Umbenennung eines real existierenden Platzes und einer real existierenden Strasse, vermögen die Erkennbarkeit der Kl. angesichts der verbleibenden ihnen zuzuordnenden Details nicht zu beseitigen.
Die Erkennbarkeit der Kl. ist in gleicher Weise im Hinblick auf die ihnen verliehenen Preise zu bejahen. Die Kl. zu 1 ist die einzige Türkin, die als 17-Jährige für die Darstellung eines türkischen Mädchens, das sich in einen deutschen Jungen verliebt, den Bundesfilmpreis erhalten hat. Die Kl. zu 2 ist die einzige Türkin, der für ihren Einsatz in der Türkei gegen den Goldabbau mittels Zyanid der alternative Nobelpreis verliehen wurde. Die Änderung des Verleihungsgrundes durch die fünfte Unterwerfungserklärung in “Kampf gegen den Abbau von Bauxit” nimmt diesem Erkennungsmerkmal nicht seine Aussagekraft. Das Ber-Ger. weist mit Recht auf die grosse Bedeutung dieser beiden Preise hin. Über ihre jährliche Verleihung wird in den Medien berichtet. Hinzu kommt, dass eine Preisverleihung an eine in Deutschland lebende Türkin ein aussergewöhnliches Ereignis darstellt und auch dadurch zur Identifizierbafkeit der Preisträgerin beiträgt. Darüber hinaus fällt ins Gewicht, dass die Verleihung des alternativen Nobelpreises erst fünf Jahre zurückliegt und dass die Preisträgerinnen Mutter und Tochter sind. Dass die Kl. zu 1 als ehemalige Schauspielerin und die Kl. zu 2 als engagierte Umweltaktivistin im persönlichen und beruflichen Umfeld auf Grund der im Roman geschilderten Umstände und der Bedeutung der Preise erkennbar sind, kann bei dieser Sachlage nicht zweifelhaft sein.
Dem BerGer. ist auch darin zu folgen, dass die Erkennbarkeit der Kl. weder durch das Nachwort des Romans (“Sämtliche Figuren und Handlungen dieses Romans sind frei erfunden. Alle Ähnlichkeiten mit Lebenden und Verstorbenen sind deshalb rein zufällig und nicht beabsichtigt.”) noch durch das dem Buch nach der ersten Unterlassungserklärung vom 1.4.2003 voranzustellende Vorwort beseitigt wird (“Die fiktiven Figuren dieses Romans sind angeregt durch reale Personen, aber nicht mit ihnen identisch. Die Handlung dieses Romans ist nicht die dokumentarische Darstellung tatsächlicher Vorgänge. Darum erhebt dieser Roman auch keinesfalls den Anspruch, die geschilderten Vorgänge könnten wahr sein und sich so zugetragen haben.”). Derjenige, der die Kl. auf Grund der dargestellten Umstände erkannt hat, wird auf Grund dieser Hinweise nicht anderen Sinnes werden (vgl. BGH, Urteil vom 20.03.1968 – I ZR 44/66 – NJW 1968, 1773, 1777 f. = GRUR 1968, 552, insow. nicht abgedr. in BGHZ 50, 133; Meyer-Cording, JZ 1976, 737 [738]).

b) Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kl. ist rechtswidrig. Ob eine rechtswidrige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt, ist auf Grund einer Güter- und Interessenabwägung anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen. Die vom BerGer. vorgenommene Abwägung hält den Angriffen der Revision stand.
aa) Das BerGer. unterstellt das Werk zu Recht der Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG. Der beanstandete Roman fällt in den Schutzbereich dieses Grundrechts, denn er ist das Ergebnis freier schöpferischer Gestaltung, in dem Eindrücke, Erfahrungen und Fantasien des Autors in literarischer Form zum Ausdruck kommen (BVerfGE 30, 173, 188 f. = NJW 1971, 1645; BVerfGE 67, 213, 226 = NJW 1985, 477; BVerfGE 75, 369, 377 = NJW 1987, 2661; BVerfGE 83, 130, 138 = NJW 1991, 1471; Isensee, AfP 1993, 619, 623; Meyer-Cording, S. 740). Auf dieses Grundrecht kann sich die Bekl. als Verlegerin berufen. Da ein Werk der erzählenden Kunst ohne die Vervielfältigung, Verbreitung und Veröffentlichung durch den Verleger keine Wirkung in der Öffentlichkeit entfalten könnte, der Verleger daher eine un-, entbehrliche Mittlerfunktion zwischen Künstler und Publikum ausübt, erstreckt sich die Freiheitsgarantie auch auf seine Tätigkeit (BVerfGE 30, 173, 191 = NJW 1971, 1645 m.w. Nachw.)

bb) Zutreffend geht die Revision allerdings davon aus, dass die Erkennbarkeit der Kl. allein nicht ausreicht, um deren Unterlassungsanspruch zu begründen. Bei einem erzählenden Kunstwerk umfasst die Verfassungsgarantie auch die freie Themenwahl und die freie Themengestaltung. Denn die Kunstfreiheitsgarantie enthält das Verbot, auf Methoden, Inhalte und Tendenzen der künstlerischen Tätigkeit einzuwirken, insbesondere den künstlerischen Gestaltungsraum einzuengen, oder allgemein verbindliche Regeln für diesen Schaffensprozess vorzuschreiben (BVerfGE 30, 173, 190 = NJW 1971, 1645). Romanfjguren haben häufig Entsprechungen für Teile ihres Charakters und Handelns in der Realität (vgl. die Nachw. bei Larenz/Canaris, Lehrb. d. SchuldR, 13. Aufl., § 80 V 2 b; Moosmann, Exklusivstories, 2002, S. 22; Ladeur/Gostomzyk, ZUM 2004, 426, 427), da der Künstler Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung bringt (BVerfGE 30, 173, 188 f. = NJW 1971, 1645; BVerfGE 67, 213, 226 = NJW 1985, 477; BVerfGE 75, 369, 377 = NJW 1987, 2661; BVerfGE 83, 130, 138 = NJW 1991, 1471). Erzählende Kunst, die an Vorgänge der – historischen – Wirklichkeit anknüpft, würde erheblich beeinträchtigt, wenn der Schriftsteller die Realität stets so verfremden müsste, dass die real existierenden Personen nicht mehr erkannt werden (vgl. die Beispiele bei Stein, abw. M. zu BVerfGE 30,173, 200, 208 = NJW 1971, 1645). Zu der mehr oder weniger gegebenen Übereinstimmung von Handelnden in Romanen mit real existierenden Personen muss also stets eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung hinzukommen, die durch Art. 5 Abs. 3 GG nicht mehr gerechtfertigt ist (BVerfGE 30, 173, 195 = NJW 1971, 1645; BVerfGE 67, 213, 228 = NJW 1985, 477; BVerfGE 75, 369, 380 = NJW 1987, 2661). Eine solche hat das BerGer. indes zu Recht bejaht.

cc) Die Freiheit der Kunst ist nicht schrankenlos gewährt. Anders als die Meinungsfreiheit (vgl. Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 GG) steht das Grundrecht der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) zwar nicht unter einem Gesetzesvorbehalt. Jedoch darf sich auch der Künstler, wenn er sich in seiner Arbeit mit Personen seiner Umwelt auseinander setzt, nicht über deren verfassungsrechtlich ebenfalls geschütztes Persönlichkeitsrecht hinwegsetzen; er muss sich innerhalb des Spannungsverhältnisses halten, in dem die kollidierenden Grundwerte als Teile eines einheitlichen Wertesystems neben- und miteinander bestehen können. Deshalb ist im Konfliktfall auf die nachteiligen Auswirkungen der Veröffentlichung für die Persönlichkeit des Dargestellten zu sehen und auf die durch ein Veröffentlichungsverbot betroffenen Belange freier Kunst. Beide Interessenbereiche sind gegeneinander abzuwägen, wobei insbesondere auch zu beachten ist, dass Charakter und Stellenwert des beanstandeten Textes als Aussage der Kunst das Verständnis von ihm im sozialen Wirkungsbereich zu beeinflussen vermögen (Senatsurteile BGHZ 84, 237, 238 f. = NJW 1983, 1194, und vom 03.06.1975 – VI ZR 123/74 = NJW 1975, 1882, 1884; BVerfGE 30, 173, 193 f., 196 ff. = NJW 1971, 1645; BVerfGE 67, 213, 228 = NJW 1985, 477; BVerfGE 83, 130, 143 = NJW 1991, 1471). Keinem der Rechtsgüter kommt von vornherein Vorrang gegenüber dem anderen zu. Zwar könnten zweifelsfrei feststellbare schwerwiegende Beeinträchtigungen des Persönlichkeitsrechts durch die Kunstfreiheit nicht gerechtfertigt werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Prüfung, ob eine solch schwerwiegende Beeinträchtigung festzustellen ist, isoliert, das heisst ohne Berücksichtigung des Charakters des Werks, vorgenommen werden dürfte. Die in ihrem Durchsetzungsanspruch betroffenen und bedrohten Rechtsgüter würden zu Lasten der Kunstfreiheit nicht optimiert, wenn allein der widerstreitende Belang betrachtet und die Lösung des Konflikts ausschliesslich von der Schwere abhängig gemacht würde, mit der dieser durch das Kunstwerk beeinträchtigt werden könnte (BVerfGE 67, 213, 228 = NJW 1985, 477; BVerfGE 83, 130, 146 f. = NJW 1991, 1471; vgl. dazu auch BVerfGE 75, 369, 378 ff. = NJW 1988, 317).
Die erforderliche Abwägung kann nach allem nicht allein auf die Wirkungen eines Kunstwerks im ausserkünstlerischen Sozialbereich abheben, sondern muss auch kunstspezifischen Gesichtspunkten Rechnung tragen. Die Entscheidung darüber, ob durch die Anlehnung der künstlerischen Darstellung an Persönlichkeitsdaten der realen Wirklichkeit ein der Veröffentlichung des Kunstwerks entgegenstehender schwerer Eingriff in den schutzwürdigen Persönlichkeitsbereich des Dargestellten zu befürchten ist, kann nur unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls getroffen werden. Dabei ist zu beachten, ob und inwieweit das “Abbild” gegenüber dem “Urbild” durch die künstlerische Gestaltung des Stoffs und seine Ein- und Unterordnung in den Gesamtorganismus des Kunstwerks so verselbstständigt erscheint, dass das Individuelle, Persönlich-Intime zu Gunsten des Allgemeinen, Zeichenhaften der “Figur” objektiviert ist. Wenn eine solche, das Kunstspezifische berücksichtigende Betrachtung jedoch ergibt, dass der Künstler ein “Porträt” des “Urbilds” gezeichnet hat oder gar zeichnen wollte, kommt es auf das Ausmass der künstlerischen Verfremdung oder den Umfang und die Bedeutung der “Verfälschung” für den Ruf des Betroffenen an (BVerfGE 30, 173, 195, 198 = NJW 1971, 1645). Die Kunstfreiheit wird umso eher Vorrang beanspruchen können, je mehr die Darstellungen des Urbilds künstlerisch gestaltet und in die Gesamtkonzeption des Kunstwerks eingebettet sind.

dd) Der Autor hat mit den Figuren Esra und Laie keine gegenüber dem Urbild der Kl. verselbstständigten Kunstfiguren geschaffen. Das BerGer. verneint zu Recht eine genügende Verfremdung und hebt – insoweit unangegriffen durch die Revision – eine Vielzahl im Roman geschilderter Umstände hervor, die eine ausgeprägte Übereinstimmung des Erscheinungsbilds und des Lebens- und Berufswegs der Kl. mit denen der Romanfiguren ergeben. Dem Leser steht danach kein verselbstständigtes Abbild der Kl. vor Augen. Auch bei Berücksichtigung des Umstands, dass es sich um einen Roman, also um erzählende Prosa handelt, ergibt sich kein anderes Textverständnis. Zwar weisen Stimmen in der Literatur darauf hin, dass Romane häufig in einer eigenständigen Welt spielen, also erkennbar Fiktionscharakter haben. Da sie keine Wirklichkeitstreue beanspruchten, könnten Persönlichkeitsrechte nicht betroffen sein (vgl. Larenz/Canaris, § 80 V 2 c; Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearb. 1999, § 823 Rdnr. C 130 m.w. Nachw.; v. Becker, KUR 2003, 81, 89; Busch, AfP 2004, 203, 209; Ladern-/Gostomzyk, ZUM 2004, 426, 431 m.w. Nachw.). Das Kunstwerk wirkt jedoch nicht nur als ästhetische Realität, sondern hat daneben ein Dasein in den Realien, die zwar in der Darstellung künstlerisch überhöht werden, damit aber ihre sozialbezogenen Wirkungen nicht verlieren. Diese Wirkungen auf- der sozialen Ebene entfalten sich “neben” dem eigenständigen Bereich der Kunst; gleichwohl müssen sie auch im Blick auf den Gewährleistungsbereich des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gewürdigt werden, da die “reale” und die “ästhetische” Welt im Kunstwerk eine Einheit bilden (BVerfGE 30, 173, 193 f. = NJW 1971, 1645). Lehnt sich eine Romanfigur an eine reale Person an, wird diese daher nicht bereits auf Grund der Einbettung in die Erzählung zum verselbstständigten Abbild. Ob dies der Fall ist, muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Im Streitfall ist dies unter den festgestellten Umständen zu verneinen. Die tatsächlich nachprüfbaren Merkmale der Romanfiguren Esra und Laie, die sich mit Merkmalen der Kl. decken, sind zahlreich und so charakteristisch, dass daneben die vorhandenen Unterschiede zurücktreten. Mittel künstlerischer Verfremdung fehlen. Für den Leser, der die dargestellte Person erkannt hat, werden mit den beiden Romanfiguren keine Typen, sondern die Kl. in ihrem realen Bezug dargestellt. Diese Wirkung wird noch dadurch verstärkt, dass Daten auf dem Klappentext zur Person des Autors mit Daten des Ich-Erzählers übereinstimmen. Wer wie im Streitfall als Schriftsteller Personen in einer Weise erkennbar macht, dass sich Romanfiguren einer real existierenden Person eindeutig zuordnen lassen, kündigt die Übereinstimmung zwischen Autor und Leser auf, dass es sich beim literarischen Werk um Fiktion handelt (so zutreffend Ladeur/Gostomzyk, ZUM 2004, 426, 435).

ee) Die Kl. müssen ein solches “Porträt” in Buchform nicht dulden. Ihre Beeinträchtigung wiegt so schwer, dass dem Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Vorrang vor der zu Gunsten der Bekl. streitenden Kunstfreiheit einzuräumen ist.

(1) Die Kl. haben deutlich erkennbar als Vorbilder für die Romanfiguren gedient. Soweit die Darstellung des Lebens der Kl. der Wahrheit entspricht, ist es nicht gerechtfertigt, dass ihre persönlichen Belange der Öffentlichkeit präsentiert werden. Soweit der Autor Details hinzugefügt hat, handelt es sich um überwiegend negative oder blossstellende Schilderungen, welche die Intim- oder Privatsphäre der Kl. und ihre Lebensweise in einer Weise entstellen, die diese nicht mehr hinnehmen müssen. Da der Autor durch die zahlreichen Details aus dem Leben der Kl. beim Leser den Eindruck erweckt, er liefere ein Porträt, wirkt sich die Hinzufügung unwahrer negativer oder blossstellender Tatsachen besonders nachteilig aus. Der Leser wird die Schilderungen wegen der sonst verfolgten Tatsachengenauigkeit mit realen Einzelheiten aus dem Leben der Kl. gleichsetzen. Hierauf stellt das BerGer. ohne Rechtsfehler ab. Selbst wenn der Leser auf Grund eigener Kenntnis einzelne Umstände in den Bereich der Fiktion einordnen würde, ginge er doch von einer im Wesentlichen realistischen Beschreibung der Kl. aus. Dieser Eindruck wird auch nicht durch den Hinweis auf einen fiktiven Charakter in Vor- und Nachwort abgeschwächt.

(2) Das Buch greift daher unabhängig davon, ob die vom Autor geschilderten zahlreichen Einzelheiten des Sexuallebens und des Abtreibungsversuchs der Romanfigur Esra eine Ent
sprechung im Leben der Kl. zu 1 haben, in unzulässiger Weise in deren Intim- bzw. Privatsphäre ein (vgl. auch Wegner/Wallenfels/Kaboth, Kap. 3, Rdnr. 107; KG, NJW-RR 2004, 1415, 1416; LG Berlin, AfP 2004, 287, 291 f.). Der Eingriff wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass die Darstellungen Teil erzählender Kunst sind. Zwar durfte der Autor seine Liebesbeziehung mit der Kl. zu 1 verarbeiten. Dies garantiert die von der Kunstfreiheit umfasste Freiheit der Themenwahl und der Themengestaltung. Der Künstler darf nicht nur an reale Geschehnisse und persönliche Erfahrungen anknüpfen. Ihm bleibt bei der Verarbeitung dieser Anregungen auch ein weiter Schaffensspielraum. Bei einem Konflikt zwischen Kunstfreiheit und geschützter Persönlichkeitssphäre kann die Güterabwägung auch dazu führen, dass der Künstler in einer romanhaften Darstellung, die erkennbar nicht den Anspruch erhebt, die realen Begebenheiten wirklichkeitstreu widerzuspiegeln, eine dargestellte Person durch erfundene Begebenheiten ergänzend charakterisieren darf (BGHZ 50, 133, 146 = NJW 1968, 1773 = GRUR 1968, 552). Dies gilt jedoch nur im Falle ausreichender Verfremdung, die hier nicht gegeben ist.
Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob auch durch die Schilderung der schweren, zahlreiche Operationen erfordernden Krankheit von Esras Tochter und der Art, wie diese als Mutter damit umgeht, in die Privatsphäre der Kl. zu 1 eingegriffen wird. Insoweit enthält auch die Fassung der fünften Verpflichtungserklärung vom 9.2.2004 keine relevanten Änderungen.
(3) Auch gegenüber der Kl. zu 2 überschreitet der Roman den durch die Kunstfreiheit eröffneten Spielraum. Wird das Lebensbild einer bestimmten Person, die wie im Streitfall deutlich erkennbar als reale Person und nicht als Typus dargestellt wird, durch frei erfundene Zutaten grundlegend und in schwerwiegender Weise negativ entstellt, ist die durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gesetzte Grenze überschritten (BGHZ 50, 133, 146 f. = NJW 1968, 1773 = GRUR 1968, 552; bestätigend BVerfGE 30, 173, 198 f. = NJW 1971, 1645; krit. Larenz/Canaris, § 80 V 2 c). Die Kl. zu 2 wird in der Figur der Laie als eine depressive, psychisch kranke Alkoholikerin geschildert, als eine Frau, die ihre Tochter und ihre Familie tyrannisiert, herrisch und streitsüchtig ist, ihre Kinder vernachlässigt hat, das Preisgeld in ihr bankrottes Hotel gesteckt hat, ihren Eltern Land gestohlen und die Mafia auf sie gehetzt hat, gegen den Goldabbau nur gekämpft hat, weil auf ihrem eigenen ergaunerten Grundstück kein Gold zu finden war, eine hohe Brandschutzversicherung abgeschlossen hat, bevor ihr Hotel in Flammen aufging, ihre Tochter zur Abtreibung gedrängt hat, von ihrem ersten Mann betrogen und von ihrem ebenfalls alkoholsüchtigen zweiten Mann geschlagen worden ist. Derart schwerwiegende Entstellungen sind durch die Kunstfreiheit nicht gedeckt. Ob dieser Eingriff in die Persönlichkeitssphäre der Kl. zu 2 gerechtfertigt wäre, wenn das sich aus dem Roman ergebende Charakter- und Lebensbild der Romanfigur Laie mit den grundlegenden Wesenszügen und dem Persönlichkeitsbild der Kl. zu 2 übereinstimmen würde, kann dahinstehen (vgl. BGHZ 50, 133, 146 f. = NJW 1968, 1773 = GRUR 1968, 552 – für eine absolute Person der Zeitgeschichte). Denn die Bekl. hat nach den unangegriffenen Feststellungen des BerGer. nicht dargelegt, dass dieses negative Bild tatsächlich zutrifft.

5. Die Untersagung der Verbreitung des gesamten Romans ist entgegen der Auffassung der Revision nicht unverhältnismässig. Sie ist dann begründet, wenn die beanstandeten Textteile für die Gesamtkonzeption des Werks bzw. für das Verständnis des mit ihm verfolgten Anliegens von Bedeutung sind. Das BerGer. stellt zu Recht darauf ab, dass hier in die gesamte Struktur und Darstellung eingegriffen werden müsste, da das gesamte Buch von zahlreichen Anspielungen und Beschreibungen, die auf die Kl. hindeuten, durchzogen ist. Es ist nicht Aufgabe des Senats, hier bestimmte Streichungen vorzunehmen, um die Persönlichkeitsrechtsverletzung auf das gerade noch zulässige Mass zu reduzieren, da es eine Vielzahl möglicher Varianten gäbe, wie diese Änderungen vorgenommen werden müssten und der Charakter des Romans durch solche Eingriffe eine erhebliche Änderung erfahren würde (vgl. Senatsurteile vom 03.06.1975 – VI ZR 123/74 = NJW 1975, 1882, 1885; BGH, Urteil vom 20.03.1968 – I ZR 44/66 = NJW 1968, 1773, 1778 = GRUR 1968, 552, insow. nicht abgedr. in BGHZ 50, 133; vgl. auch BVerfGE 30, 173, 199 f. = NJW 1971, 1645).