Gemeinsame Vergütungsregeln

Die  Angemessenheit von Vergütungen von Foto-Journalisten kann nachträglich überprüft werden. Als Orientierung können die “Gemeinsamen Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen der Tageszeitungen – GVR” herangezogen werden.

OLG  Hamm, Urteil vom 11.02.2016  – 4 U 40/15 –
§§ 2 Abs. 1 Nr. 5, 31, 32 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2, 36, 38, 97 UrhG
§§ 271, 286, 287 Abs. 2, 313, 315, 738 Abs. 1 BGB
§§ 3 Abs. 1, 4 TVG
§§ 86, 246 Abs. 1, 287, 318, 319 Abs. 1 ZPO

Leitsätze (tm.)

1. Zum Streit zwischen einem Foto-Journalisten und einem Zeitungsverlag über die Angemessenheit der Vergütung für die Einräumung von Nutzungsrechten an Fotografien.
2. Wird gegen Kommanditgesellschaft Klage erhoben und löst sich diese während des Prozesses auf, weil die einzige Kommanditistin aus der Gesellschaft ausscheidet, so fällt der Komplementären das Gesellschaftsvermögen zu. War die Gesellschaft durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, besteht diese Vollmacht fort und ihre Rechtsnachfolgerin, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, tritt ohne Unterbrechung des Verfahrens kraft Gesetzes in den Prozess ein, so dass der Rechtsstreit unter der bisherigen Parteibezeichnung fortgesetzt werden kann. Die richtige Parteibezeichnung ist in einem solchen Fall lediglich ein Fall der Rubrumsberichtigung, denn auch bei unrichtiger Bezeichnung ist das Rechtssubjekt als Partei anzusehen, das durch die Bezeichnung nach deren objektivem Sinn betroffen werden soll.
3. Der Urheber kann bei einer prozessualen Durchsetzung seines Rechts auf eine angemessene Vergütung für die Einräumung von Nutzungsrechten gleichzeitig Klage auf Vertragsänderung und auf Zahlung erheben.
4. Die gesetzlich begründete Tarifgebundenheit der Tarifvertragsparteien steht nicht zur Disposition von Tarifvertragspartei und deren Mitgliedern. Eine rückwirkende Vereinbarung über den Beginn der Mitgliedschaft in einer Tarifvertragspartei ist daher nicht möglich.
5. Massgeblicher Zeitpunkt für die nach billigem Ermessen vom Gericht zu bestimmende Angemessenheit der Vergütung ist der Abschluss des Nutzungsvertrages. Dies kann bei einer laufenden Zusammenarbeit von Foto-Journalist und Verlag der Zeitpunkt der jeweiligen Auftragserteilungen des Verlages an den Journalisten für die Herstellung und Überlassung von Fotos sein.
6. Für die Bestimmung der Angemessenheit können als Orientierung auch solche gemeinsamen und tarifvertraglichen Vergütungsregelungen herangezogen werden, die mangels vollständigen Vorliegens aller Anwendungsvoraussetzungen keine unwiderlegliche gesetzliche Vermutungswirkung entfalten (hier bei Fehlen der zeitlichen Anwendungsvoraussetzungen: “Gemeinsame Vergütungsregeln für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen der Tageszeitungen – GVR” und “Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche freie Journalistinnen und Journaliste”).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das 12. Januar 2015 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 78.928,55 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen, und zwar auf einen Betrag in Höhe von 27.670,20 € seit dem 15.01.2014 und im Übrigen ab Rechtskraft dieses Urteils.Die weitergehende Berufung der Beklagten und die weitergehende Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 9% und die Beklage zu 91%. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

[1] A. Der Kläger ist Journalist. Er ist Mitglied des E Journalisten-Verbandes O (im Weiteren E). Er trat diesem im April 2013 bei. Hierbei wurde vereinbart, dass die Mitgliedschaft des Klägers rückwirkend zum 01.09.2012 erfolgen solle (vgl. Anlage K 87, K88 – Bl. 396, 395 d.A.).

[2] Die bisherige Beklagte ist ein Zeitungsverlag, der u.a. die Tageszeitung „X“ herausgegeben hat. Die nunmehrige Beklagte war deren Komplementärgesellschaft.

[3] Der Kläger war seit dem Jahr 2000 für die Beklagte als Fotograf tätig. Hierbei lieferte er im Wesentlichen Bildbeiträge aus dem n Kreis mit Schwerpunkt „Sport“. Die konkreten Aufträge hierzu erhielt er jeweils per E-Mail aus den Redaktionen, für die er tätig war. Schriftliche Vereinbarungen wurden nicht getroffen. Die Beklagte zahlte hierfür unabhängig von der Grösse des veröffentlichten Bildes und unabhängig von der Auflagenstärke der jeweiligen Zeitung ein Honorar von 10,00 € netto.

[4] Die Beklagte veröffentlichte im Jahr 2010 insgesamt 1.329 Beiträge des Klägers (Anlagen K 30.1 bis K 41.3 – Bl. 253 ff. d.A.), im Jahr 2011 insgesamt 1.277 Bilder (Anlagen K 42.1 bis K 53.3 – Bl. 289 ff. d.A.) und im Jahr 2012 insgesamt 891 Bilder (Anlagen K 66.1 bis 75.3 – Bl. 349 ff. d.A.). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Anlagen zum klägerischen Schriftsatz vom 17.07.2014 Bezug genommen.

[5] Der Kläger begehrt eine Nachvergütung für diese Bildbeiträge. Wegen der Höhe der vom Kläger beanspruchten Differenzbeträge wird auf die tabellarischen Übersichten des klägerischen Schriftsatzes vom 17.07.2014, und zwar dort auf Seite 6 für das Jahr 2010 (Bl. 247 d.A.), Seite 8 für das Jahr 2011 (Bl. 249 d.A.) und Seite 9 für das Jahr 2012 (Bl. 250 d.A.), Bezug genommen.

… (veröffentlicht demnächst auf der debier-datenbank)

Quelle: http://www.justiz.nrw.de/RB/nrwe2/index.php (Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Justizkommunikation, 40212 Düsseldorf)

Leitsätze, Format, Randnummern und Rechtschreibung: http://www.debier.de (debier-datenbank, RA Torsten Mahncke, Berlin)