Gegendarstellung im Blog

KG Berlin: Der Anbieter eines Blogs kann zur Gegendarstellung verpflichtet sein. 

KG Berlin, Beschluss vom 28.11.2016 – 10 W 173/16 –
§§ 2 Abs. 1 S. 3, 56 RStV
§§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO

Leitsatz (tm.)

Ein Blog kann journalistisch-redaktionell gestaltet sein, mit der Folge, dass dessen Anbieter dazu verpflichtet sein kann, wegen der darin aufgestellten Tatsachenbehauptungen Gegendarstellungen der davon Betroffenen aufzunehmen.

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts vom 20.10.2016 – 27 0 513/16 – wird zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

[1] Die nach §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO statthafte und zulässig eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.

[2] Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. besteht kein Anspruch des Antragsgegners auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, da der von ihm beabsichtigte Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vom 4. Oktober 2016 nicht die gem. § 114 Abs. 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Aussichten auf Erfolg hat.

[3] Die einstweilige Verfügung wäre auf den Widerspruch zu bestätigen, da sie zu Recht ergangen ist. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Gegendarstellungsanspruch wegen der Veröffentlichung des Beitrages vom 19. September 2016 auf der Internetseite (…) gegen den Antragsgegner als Anbieter gem. § 56 Abs. 1 des Rundfunkstaats Vertrages (RStV) zu.

[4] Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei der Internetseite des Antragsgegners um ein Telemedium i.S.v. § 56 RStV. Die technische Qualifizierung als Telemedium ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV. Die Internetseite verfügt auch über ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot.

[5] Das Landgericht hat insofern zu Recht darauf abgestellt, dass das Angebot der Internetseite des Antragsgegners das Kriterium der Aktualität erfüllt. Denn Aktualität bezieht sich entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht darauf, dass zu jeglicher aktuellen politischen Frage Stellung bezogen wird. Im Gegenteil ist sie inhaltlich zu bemessen. Sofern im Angebot des Antragsgegners Stellung genommen wurde, geschah das jeweils mit Bezug zu aktuellen Vorkommnissen und politischen Fragestellungen.

[6] Eine Periodizität des Angebotes selbst ist im Rahmen des § 56 RStV gerade nicht erforderlich. Dies ergibt sich auch nicht daraus, dass § 56 Abs. 1 Satz 1 RStV die Einstellung von Inhalten periodischer Druckerzeugnisse beispielhaft erwähnt.

[7] Ein ausreichendes Maß an Faktizität besteht ebenfalls. Diese wird bemessen an den Inhalten selbst und nicht an den (ohnehin kaum bemessbaren) Erwartungen des Publikums. Auch ein Äußern politischer oder sonstiger Meinungen hindert nicht den Faktizitätsanspruch des Angebots, der lediglich bei einer hier nicht erkennbaren Vermischung realer und fiktionaler Darstellung oder einem Beschränken auf rein fiktionale Darstellungen entfallen kann (so zuletzt etwa BGH, Urteil vom 15. September 2015 – VI ZR 175/14 -, BGHZ 206, 347-365).

[8] Auch hinsichtlich der übrigen Kriterien, namentlich der Professionalisierung der Arbeitsweise und des Grades an organisierter Verfestigung, führt das Landgericht zutreffend aus, dass der Internetauftritt des Antragsgegners sich in hohem Maße von typischen privaten Blogs unterscheidet und insofern eine journalistisch-redaktionelle Gestellung aufweist.

[9] Auch die sonstigen Voraussetzungen der Veröffentlichung einer Gegendarstellung liegen vor, Die Gegendarstellung wurde durch den Antragsteller innerhalb von 9 Tagen und damit unverzüglich gern, § 56 Abs. 2 Nr. 4 RStV zugeleitet. Der Wortlaut der Gegendarstellung ist nicht zu beanstanden. Die Entgegnung des Antragstellers ist weder mehrdeutig, noch irreführend oder offensichtlich unwahr. Sie beschränkt sie sich auf eine Negation der durch den Antragsgegner getätigten Äußerung. Diese konnte nur dahin verstanden werden, dass der Antragsteller behauptet habe, der „Pirat” C (…) sei zahlungsunfähig. Dies hat der Antragsteller aber auch nach der Darstellung des Antragsgegners nicht getan, sondern lediglich Zweifel an der Finanzierbarkeit eines „CSD”-Wagens durch Herrn C (…) geäußert.

[10] Schließlich verfangen auch die weiteren Einwendungen des Antragsgegners gegen die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Gegendarstellung nicht. Der Inhalt der einstweiligen Verfügung des Landgerichts ist in ausreichendem Maße bestimmt Dem Antragsgegner wurde aufgegeben, die Gegendarstellung im gleichen Teil der Website (…) zu veröffentlichen, in dem sich auch der Beitrag „Ciao Faxe!” befand, der die vom Antragsteller angegriffene Aussage enthält. Dabei handelt es sich erkennbar um den auf der Internetseite das Antragsgegners enthaltenen Blog.

[11] Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Quelle: http://www.online-und-recht.de (Kanzlei Dr., Bahr Mittelweg 41a, 20148 Hamburg)

Leitsatz, Format, Randnummern und Rechtschreibung: www.debier.de (debier-datenbank, RA Torsten Mahncke, Berlin)