Entschädigungslos

Satirische Werbung darf in das Persönlichkeitsrecht eingreifen. Der EGMR hat die Beschwerde von Dieter Bohlen und Ernst August Hannover gegen Urteile des BGH zurückgewiesen. Beide wollten von Lucky Strike für die Verwendung ihrer Vornamen entschädigt werden.

EGMR,  Urteil vom 19.02.2015  – 53649/09 –
Art. 8, 10 EMRK

Rubrum

EUROPÄISCHER GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTE, FÜNFTE SEKTION, RECHTSSACHE H. GEGEN DEUTSCHLAND (Beschwerde Nr. 53649/09), URTEIL, STRASSBURG, 19. Februar 2015

Dieses Urteil wird unter den in Artikel 44 Absatz 2 der Konvention aufgeführten Bedingungen endgültig. Es wird gegebenenfalls noch redaktionell überarbeitet.

In der Rechtssache H. ./. Deutschland, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Fünfte Sektion) als Kammer, die sich zusammensetzt aus: Mark Villiger, président, Angelika Nussberger, Bostjan M. Zupancic, Ganna Yudkivska, André Potocki, Helena Jäderblom, Ales Pejchal, juges, sowie der Kanzlerin der Sektion, Claudia Westerdiek, nach Beratung in nicht öffentlicher Sitzung am 20. Januar 2015, das folgende Urteil erlassen, das an diesem Tag angenommen worden ist:

Verfahren

[1] Der Rechtssache liegt eine gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Beschwerde (Nr. 53649/09) zugrunde, die ein deutscher Staatsangehöriger, H. („der Beschwerdeführer“), am 5. Oktober 2009 nach Artikel 34 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten („die Konvention”) beim Gerichtshof eingereicht hat.

[2] Der Beschwerdeführer wurde von Herrn P., Rechtsanwalt in H., vertreten. Die deutsche Regierung („die Regierung“) wurde von einer ihrer Verfahrensbevollmächtigten, Frau K. Behr, vom Bundesministerium der Justiz, vertreten.

[3] Der Beschwerdeführer behauptet insbesondere, die Weigerung des Bundesgerichtshofs, ihm eine fiktive Lizenzgebühr als Entschädigung für die rechtswidrige Benutzung seiner Vornamen im Zusammenhang mit einer Werbeaktion zuzusprechen, habe sein Recht auf Achtung des Privatlebens im Sinne des Artikels 8 der Konvention verletzt.

[4] Die Beschwerde ist der Regierung am 15. Dezember 2011 übermittelt worden.

[5] Die Gesellschaft British American Tobacco (Germany) GmbH ist ermächtigt worden, am schriftlichen Verfahren teilzunehmen (Artikel 36 Abs. 2 der Konvention und Artikel 44 Abs. 3 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs).

Sachverhalt

I. Die Umstände der Rechtssache

[6] Der Beschwerdeführer ist 19.. geboren und in M.. wohnhaft.

A. Die Entstehung der Sache

[7] Der Beschwerdeführer war im Jahr 1998 vor seinem „Gut“ in eine körperliche Auseinandersetzung mit einem Kameramann verwickelt, bei der er diesen mit einem Regenschirm schlug. Im Januar 2000 berichtete die Presse von einer weiteren Handgreiflichkeit des Beschwerdeführers mit dem Pächter einer Diskothek auf der Insel X. vor der Küste K. Aus diesem Grund wurde der Beschwerdeführer anschliessend wegen Körperverletzung verurteilt.

[8] Am 27. März 2000 startete die Gesellschaft British-American-Tobacco (Germany) GmbH („die Gesellschaft“) eine Werbekampagne, in deren Verlauf für zehn Tage ganzseitig in Zeitschriften und durch Plakatierung an Bushaltestellen und stark frequentierten Plätzen ein Werbemotiv veröffentlicht wurde, in dessen unteren Teil eine auf der Längsseite liegende, allseits eingedrücke Zigarettenschachtel der Marke Lucky Strike abgebildet war. Darüber stand in grossen Lettern: „War das Ernst? Oder August?“ Ganz unten auf der Werbung stand der Satz: „Lucky Strike. Sonst nichts.“ Diese Kampagne fand in 18 Städten auf 6.364 Werbeflächen statt, womit rund 2,97 Millionen Menschen erreicht wurden. Die Medien berichteten hiervon.

[9] Der Beschwerdeführer verlangte von der Gesellschaft, die den Auftrag hierfür erteilt hatte, und von der für die Anzeige verantwortlichen Werbeagentur die in Rede stehende Werbekampagne zu beenden. Die Agentur verpflichtete sich schriftlich dazu, die Gesellschaft lehnte dies ab. Der Beschwerdeführer stellte daraufhin vor dem Landgericht Hamburg einen Antrag auf einstweilige Verfügung.

[10] Am 31. März 2000 verbot das Landgericht vorübergehend jede weitere Verbreitung der streitgegenständlichen Werbung und bestätigte dieses Verbot am 14. April 2000. In der Folge erklärte die Gesellschaft zwar, sie würde dieser Werbung ein Ende setzen, weigerte sich jedoch, die Rechtsverfolgungskosten des Beschwerdeführers zu erstatten.

[11] Am 8. März 2001 verlangte der Beschwerdeführer von der Gesellschaft die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 250.000,- Euro (EUR). Die Gesellschaft hat darauf nicht reagiert.

B. Die Entscheidungen der deutschen Gerichte

1. Das Urteil des Landgerichts

[12] Am 23. Dezember 2003 erhob der Beschwerdeführer Klage vor dem Landgericht Hamburg und beantragte die Verurteilung der Gesellschaft und der Werbeagentur zur Zahlung von 100.000,- EUR als fiktive Lizenz und von mindestens 500,- EUR als Entschädigung für die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts sowie zur Erstattung seiner Rechtsverfolgungskosten.

[13] Am 21. Januar 2005 gab das Landgericht der Klage des Beschwerdeführers in Bezug auf die fiktive Lizenz und die Kosten statt, wies sie aber hinsichtlich der Entschädigung ab. Es erinnerte daran, dass es zwar dem Einzelnen überlassen bleibe, darüber zu entscheiden, ob er dem Gebrauch seines Namens zu Werbezwecken zustimmt oder nicht, dass aber das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor einem unbefugtem Namensgebrauch durch Dritte, auch im Bereich der Werbung, schütze. Das Landgericht hob danach hervor, dass die Vornamen „Ernst“ und „August“ zwar eher üblich seien, ihre Zusammenstellung als Doppelname aber selten sei. Ausser dem sei der Beschwerdeführer wegen seiner Verbindung zu C. in weiten Kreisen der Öffentlichkeit bekannt und die zerknautschte Zigarettenschachtel wäre eindeutig eine Anspielung auf seine körperlichen Auseinandersetzungen. Das Gericht rief in Erinnerung, die Werbung sei auch durch die Freiheit der Meinungsäusserung geschützt, wenn sie zur Bildung der öffentlichen Meinung beitrage, was nach seiner Ansicht vorliegend der Fall sei. Es erinnerte auch daran, dass sowohl das Recht auf freie Meinungsäusserung als auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht vom Grundgesetz geschützt würden und grundsätzlich dieselbe Achtung verdienten, und es legte dar, dass bei der unautorisierten Vereinnahmung einer Person zu Werbezwecken jedoch grundsätzlich das Persönlichkeitsrecht überwiege. Es fügte hinzu, dass das Argument der Gesellschaft, wonach der Beschwerdeführer das von der Werbung benutzte Ereignis selbst durch seine Auseinandersetzungen kreiert habe, den Beschwerdeführer nicht ohne Schutz belasse, sondern sich auf die Eingriffsintensität und die Intensität des Schutzes bei der freien Meinungsäusserung auswirke. Zusammenfassend war das Landgericht der Auffassung, dass in der Abwägung der in Rede stehenden Interessen das Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers gegenüber der Meinungsäusserungsfreiheit der Gesellschaft überwiege, deren Werbung vorwiegend unterhaltender Art sei und kommerziellen Zwecken diene.

[14] Was den erlittenen materiellen Schaden anbelangt, so erinnerte das Landgericht daran, dass die fiktive Lizenzgebühr darauf abzielt zu verhindern, dass derjenige, der sich ohne Erlaubnis einer Person bedient, besser gestellt wird, als er im Falle einer erteilten Erlaubnis durch den Betroffenen stünde. Es erläuterte, dass die Höhe einer solchen Lizenzgebühr entsprechend dem Betrag bemesse, der als angemessenes Honorar gezahlt worden wäre. Unter Berücksichtigung insbesondere des Bekanntheitsgrades des Beschwerdeführers, der Orte der Plakatierung und der Werbeträger der Veröffentlichung, aber auch der Tatsache, dass dabei nur die Vornamen des Beschwerdeführers verwendet wurden, setzte das Landgericht den materiellen Schaden auf 60.000,- Euro fest. Es billigte dem Beschwerdeführer auch die Erstattung der durch die Rechtsverfolgung entstandenen Kosten zu, weil diese sich aus der Klage der Gesellschaft und der Agentur ergaben.

[15] Hingegen billigte das Landgericht dem Beschwerdeführer keine Entschädigung wegen des immateriellen Schadens zu, mit der Begründung, es habe keinen schwerwiegenden Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht gegeben. Es hob hervor, der Betroffene habe den Kameramann in der Öffentlichkeit geschlagen und die Werbung habe dieses Ereignis nur aufgegriffen. Es fügte hinzu, dass der rein spöttische Gehalt der Werbeanzeige kein unabwendbares Bedürfnis schaffe, um eine Geldentschädigung zuzusprechen, und dass der Ausgleich über die Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr als hinreichend zu betrachten sei.

2. Das Urteil des Oberlandesgerichts

[16] Das Hanseatische Oberlandesgericht bestätigte am 15. Mai 2007 im Wesentlichen das Urteil des Landgerichts und hob es lediglich hinsichtlich der von der Gesellschaft verlangten Erstattung der Rechtsverfolgungskosten auf.

[17] Das Oberlandesgericht merkte an, dass die Gesellschaft und die Agentur in das Namensrecht des Beschwerdeführers ohne dessen Einwilligung eingegriffen hätten. Hierzu wies es darauf hin, dass selbst wenn nur die Vornamen des Beschwerdeführers bei dem Werbemotiv verwendet worden seien, seien diese wegen der Beziehung des Beschwerdeführers zur Tochter des R. und der wiederholten Presseberichterstattungen über die tätlichen Auseinandersetzungen des Beschwerdeführers in den Jahren 1998 und 2000 weiten Kreisen der Öffentlichkeit bekannt gewesen. Es führte weiter aus, dass die Gesellschaft einen vermögenswerten Vorteil aus der Verwendung der Vornamen des Beschwerdeführers erlangt hätten. Dem Oberlandesgericht zufolge tritt in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die fragliche Werbung die Bekanntheit und den Absatz einer Zigarettenmarke erhöhen soll, die Meinungsäusserungsfreiheit im Allgemeinen gegenüber dem Persönlichkeitsrecht zurück. Es stellte fest, dass die streitgegenständliche Werbeanzeige nur wenig, um nicht zu sagen überhaupt nicht zur öffentlichen Meinungsbildung beitrug, dass ausser dem die Handgreiflichkeiten des Beschwerdeführers weder ein politisches Ereignis noch ein Ereignis von gesellschaftlicher Relevanz waren und diese nur ausgenutzt wurden, um das Unterhaltungsinteresse der Öffentlichkeit zu wecken, die sich für das Auftreten prominenter Personen interessiere.

[18] Das Oberlandesgericht wies ausser dem darauf hin, dass die in Rede stehende Werbung in den vermögensrechtlichen Bestandteil des Persönlichkeitsrechts eingegriffen, indem sie dem Beschwerdeführer das Recht beschneide, selbst darüber zu entscheiden, ob und in welcher Weise sein Name für Werbezwecke verwertet werden soll. Es war der Auffassung, dass mit dem Werbemotiv offensichtlich nicht der Eindruck erweckt wurde, der Beschwerdeführer identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt oder preise es an, und dass es auch keinen beleidigenden oder herabsetzenden Charakter aufwies, sondern dass der Betroffene einzig zur Förderung des Absatzes einer Zigarettenmarke öffentlich verspottet wurde, indem angedeutet wurde, dass er sogar auf Zigarettenschachteln einschlage.

[19] Was die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr anbelangt, erinnert das Oberlandesgericht daran, dass die unberechtigte kommerzielle Nutzung des Namens einer Person der unbefugten Verwertung ihres Bildnisses gleichzusetzen sei und einen Eingriff in den vermögensrechtlichen Gehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstelle. Es war der Ansicht, dass die Gesellschaft und die Agentur durch die Nutzung des Namens des Beschwerdeführers ohne seine Einwilligung gezeigt hatten, dass sie dem Namen des Beschwerdeführers einen wirtschaftlichen Wert beimessen würden. Es vertrat die Auffassung, dass sie somit verpflichtet waren, dem Beschwerdeführer einen der Nutzung seines Namens entsprechenden Wertersatz zu leisten. Es legte dar, diese Verpflichtung bestehe unabhängig davon, ob die betroffene Person unter Umständen bereit gewesen wäre, dies zu gestatten.

[20] Das Oberlandesgericht erklärte danach, dass die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung festzusetzen sei. Es stellte fest, dass die Besonderheit der streitgegenständlichen Werbeanzeige darin bestand, dass sie den Beschwerdeführer verspottet und es demnach fernliegt anzunehmen, dass der Beschwerdeführer damit einverstanden gewesen wäre. Es war jedoch der Auffassung, dass die Höhe der zwischen Werbeagenturen und prominenten Personen, die ihre Namensverwendung autorisiert haben, vereinbarten Honorare bei der Festsetzung der fiktiven Lizenz als Grössenordnung dienen könne. In diesem Zusammenhang wies es darauf hin, dass die Gesellschaft bei den Zigarettenherstellern in Deutschland zur Spitzengruppe gehört und die streitgegenständliche Werbung Teil einer von der Gesellschaft seit 1989 ausserordentlich erfolgreich durchgeführten Werbekampagne war. Es stellte fest, dass das in Rede stehende Werbemotiv auf ganzseitigen Anzeigen in mehreren bundesweit erscheinenden Zeitschriften erschien und ab dem 27. März 2000 auch an Bushaltestellen und stark frequentierten Plätzen plakatiert wurde. Es hob schliesslich hervor, dass der Beschwerdeführer eine bekannte Persönlichkeit sei, und schlussfolgerte, dass die Werbekampagne demnach die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregt habe, was den vom Landgericht gebilligten Betrag rechtfertige.

[21] Das Oberlandesgericht lies die Revision zu, denn die Rechtsfrage, ob die werbliche Vereinnahmung des Namens einer prominenten Person gerechtfertigt ist, wenn die Werbung Bezug auf ein Ereignis des Zeitgeschehens nehme, das ausschliesslich oder ganz überwiegend Unterhaltungsinteresse wecke, sei bisher höchstrichterlich nicht entschieden und erfordere zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

3. Das Urteil des Bundesgerichtshofs

[22] Am 5. Juni 2008 hob der Bundesgerichtshof das Urteil des Oberlandesgerichts auf (I ZR 96/07). Er vertrat die Auffassung, dass die Klagen des Beschwerdeführers nicht begründet seien, weil die Gesellschaft und die Werbeagentur das Persönlichkeitsrecht und das Namensrecht des Beschwerdeführers nicht rechtswidrig verletzt hätten, da die Verwendung des Namens des Betroffenen in der streitgegenständlichen Werbeanzeige durch das nach Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes garantierte Recht auf freie Meinungsäusserung abgesichert sei (siehe „Das einschlägige innerstaatliche Recht und die einschlägige innerstaatliche Praxis“). Das hohe Gericht hat zwar die Feststellungen des Oberlandesgerichts in Bezug auf das Vorliegen eines Eingriffs und die Möglichkeit, eine fiktive Lizenzgebühr nach dem Grundsatz des Bereicherungsanspruchs zu gewähren, bestätigt, war aber der Ansicht, das Oberlandesgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die vermögensrechtlichen Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Namensrechts nur einfachrechtlich geschützt seien, während die Meinungsäusserungsfreiheit verfassungsrechtlich geschützt sei.

[23] Der Bundesgerichtshof legte zunächst dar, dass der vor ihm anhängige Rechtsstreit ausschliesslich einen Eingriff in die vermögensrechtlichen Bestandteile der geltend gemachten Rechte betreffe, weil die Behauptung des Beschwerdeführers, die Werbeanzeige habe auch die ideellen Bestandteile seiner Rechte beeinträchtigt, bereits vom Landgericht abgewiesen worden sei. Er erinnerte daran, die Persönlichkeitsrechte seien Teil der vom Grundgesetz garantierten Grundrechte, soweit sie dem Schutz ideeller Interessen dienen, wohingegen die vermögensrechtlichen Bestandteile lediglich vom Zivilrecht geschützt würden und demnach keinen Vorrang vor der Meinungsäusserungsfreiheit hätten. Er erinnerte auch daran, dass der nach Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes zugesicherte Schutz sich auch auf die Werbung erstrecke, deren Inhalt zur Meinungsbildung beitrage, wobei er darlegte, dass dies nicht nur dann der Fall sei, wenn die Werbung auf historisch-politische Vorgänge Bezug nehme, sondern auch, wenn sie Fragen von allgemeinem Interesse aufgreife. Auch durch unterhaltende Beiträge könne im Übrigen Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge könnten die Meinungsbildung unter Umständen nachhaltiger anregen oder beeinflussen als rein sachbezogene Informationen.

[24] Der Bundesgerichtshof unterstrich, dass das beanstandete Werbemotiv in satirisch-spöttischer Form die tätlichen Auseinandersetzungen des Beschwerdeführers vor dem „Gut“ und auf der Insel X. aufgegriffen habe. Er stellte fest, dass die Medien über diese Vorfälle berichtet hatten, indem der Name des Beschwerdeführers genannt und Abbildungen von ihm veröffentlicht wurden, weil wegen der Beziehung des Beschwerdeführers zu der Tochter des R. ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestanden habe. Der Bundesgerichtshof vertrat die Auffassung, dass selbst wenn die Gesellschaft die tätlichen Auseinandersetzungen des Beschwerdeführers im Rahmen einer Werbekampagne nur aufgegriffen habe, sie sich gleichwohl auf den besonderen Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit berufen konnte. Er stellte fest, dass die Tatsache, dass die Werbung durch die Verwendung der Vornamen des Beschwerdeführers und durch die Anspielung auf dessen Bereitschaft zur tätlichen Auseinandersetzung in erster Linie darauf abzielte, den Absatz der Zigarettenmarke zu erhöhen, indem die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit erregt wird, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht bedeutete, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht grundsätzlich überwiege.

[25] Der Bundesgerichtshof führte weiter aus:

„Das Berufungsgericht hat bei seiner Abwägung nicht hinreichend beachtet, dass im Streitfall, wie dargelegt, lediglich der zivilrechtlich, nicht verfassungsrechtlich begründete Schutz der vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts betroffen ist. Geht es um Eingriffe in die vermögenswerten Bestandteile des Persönlichkeitsrechts, weil der Name einer bekannten Persönlichkeit ohne deren Einwilligung in einer Werbeanzeige genannt wird, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen stets der Vorrang gegenüber der Meinungsäusserungsfreiheit des Werbenden zukommt. Vielmehr kann die mit der Namensnennung verbundene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts hinzunehmen sein, wenn sich die Werbeanzeige einerseits in satirisch-spöttischer Form mit einem in der Öffentlichkeit diskutierten Ereignis auseinandersetzt, an dem der Genannte beteiligt war, und wenn andererseits der Image- oder Werbewert des Genannten durch die Verwendung seines Namens nicht ausgenutzt und nicht der Eindruck erweckt wird, als identifiziere er sich mit dem beworbenen Produkt oder empfehle es (Verweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Oktober 2006, I ZR 182/04).“

[26] Der Bundesgerichtshof war der Ansicht, die beanstandete Werbung erwecke diesen Eindruck nicht. Sie erinnere vielmehr diejenigen Personen, die von den tätlichen Auseinandersetzungen des Beschwerdeführers bereits Kenntnis hatten, an diese Vorfälle; diejenigen ohne jegliche Vorkenntnis von diesen Vorfällen hätten dagegen den Witz des Wortspiels nicht verstehen können, zumal die Ereignisse nicht einfach genannt, sondern in besonders pfiffiger Weise kommentiert worden seien. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist die Werbeanzeige daher Teil der öffentlichen Auseinandersetzung über den streitlustigen Charakter des Beschwerdeführers. Sie habe über die satirisch-spöttische Anspielung auf die in der Öffentlichkeit bereits bekannten Geschehnisse hinaus keinen den Beschwerdeführer beleidigenden oder ernsthaft herabsetzenden Inhalt. Da nicht der Eindruck erweckt werde, der Beschwerdeführer identifiziere sich in irgendeiner Weise mit dem beworbenen Produkt, könne eine Herabsetzung des Beschwerdeführers durch die Werbung nicht allein darin gesehen werden, dass es sich um eine Werbung für Zigaretten handelte. Der Bundesgerichtshof folgerte, dass das Interesse des Beschwerdeführers, ohne seine Einwilligung in der Werbeanzeige nicht genannt zu werden, von geringerem Gewicht sei als die Meinungsäusserungsfreiheit des Tabakkonzerns und dem Beschwerdeführer demnach weder ein Anspruch auf eine fiktive Lizenz noch eine Erstattung seiner Rechtsverfolgungskosten zustehe, weil keine Verletzung der vermögensrechtlichen oder ideellen Bestandteile seines Persönlichkeitsrechts vorliege.

4.  Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

[27] Am 6. April 2009 nahm das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers nicht zur Entscheidung an (- 1 BvR 3141/08 -). Es hat die Entscheidung nicht begründet.

II. Das einschlägige innerstaatliche Recht und die einschlägige innerstaatliche Praxis

[28] Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 25. Mai 1954 (I ZR 311/53) das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Artikel 1 Absatz 1 (Menschenwürde) und Artikel 2 Absatz 1 (Schutz der freien Entfaltung der Persönlichkeit) des Grundgesetzes anerkannt. Das Namensrecht ist nach § 12 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausdrücklich geschützt.

[29] Die Meinungsfreiheit ist nach Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert, der wie folgt lautet:

„(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äussern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“

Rechtliche Würdigung

I. Die behauptete Verletzung des Artikels 8 der Konvention

[30] Der Beschwerdeführer behauptet, die Weigerung des Bundesgerichtshofs, ihm eine fiktive Lizenzgebühr als Ausgleich für die unberechtigte Benutzung seiner Vornamen im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Werbeaktion zuzusprechen, habe sein Recht auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 der Konvention verletzt, dessen einschlägiger Passus wie folgt lautet:
(1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens (…)
(2) Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist (…) zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.“

[31] Die Regierung widerspricht dieser These.

A. Zur Zulässigkeit

[32] Die Regierung behauptet, die Klage des Beschwerdeführers falle nicht in den Geltungsbereich des Artikels 8 der Konvention, da in der streitgegenständlichen Werbeanzeige lediglich die Vornamen des Beschwerdeführers genannt würden, wobei es sich um gebräuchliche Vornamen handele, die allein nicht ermöglicht hätten, einen Bezug zu dem Beschwerdeführer herzustellen. Allein über die tätlichen Auseinandersetzungen des Beschwerdeführers in den Jahren 1998 und 2000, die in den Medien umfassend dargestellt worden seien und für die der Beschwerdeführer im Übrigen verantwortlich gewesen sei, sei dieser einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden und hätte somit gestattet, eine Verbindung zwischen der Werbung und dem Betroffenen herzustellen. Zuvor seien das Publikum und die Medien nur an der Person des Beschwerdeführers interessiert gewesen, weil dieser der Ehemann der C. war. Die Regierung behauptet, dass der Beschwerdeführer unter Berufung auf Artikel 8 der Konvention lediglich den Anspruch haben konnte, dass untersagt wird, dass diese Ereignisse erneut in die öffentliche Wahrnehmung gezogen werden. Das Landgericht Hamburg habe die Klage des Beschwerdeführers zugelassen, die auf ein Verbot einer weiteren Veröffentlichung der Werbeanzeige abzielte. Der Regierung zufolge schützt Artikel 8 zwar den guten Ruf einer Person, lässt dagegen aber nicht zu, einen Anspruch auf eine Entschädigung in Form einer fiktiven Lizenzgebühr herzuleiten, wenn die Person durch ihr eigenes Verhalten ihren guten Ruf selbst beschädigt hat.

[33] Der Beschwerdeführer entgegnet, dass das Recht auf Achtung des Privatlebens auch das Recht auf den Namen und den Vornamen umfasst (Verweis u.a. auf H. ./. Deutschland, Nr. 59320/00, CEDH 2004?VI; Mentzen ./. Lettland (Entsch.), Nr. 71074/01, CEDH 2004?XII, und Burghartz ./. Schweiz, 22. Februar 1994, Serie A Band 280-B). Für den Beschwerdeführer stünde daher die Anwendung von Artikel 8 der Konvention im vorliegenden Fall ausser Frage.

[34] Der Gerichtshof erinnert daran, dass Artikel 8 der Konvention keine ausdrückliche Bestimmung in Bezug auf den Vornamen enthält. Als Mittel zur Identifizierung innerhalb der Familie und der Gesellschaft betrifft der Vorname einer Person jedoch sein Privat- und Familienleben (Guillot ./. Frankreich, 24. Oktober 1996, Rdnr. 21, Urteils- und Entscheidungssammlung 1996-V; Henry Kismoun ./. Frankreich, Nr. 32265/10, Rdnr. 25, 5. Dezember 2013; vorgenannte Rechtssache Mentzen, mit den dort zitierten Nachweisen). Im vorliegenden Fall weist der Gerichtshof darauf hin, dass – wie die Regierung behauptet – die Vornamen des Beschwerdeführers zwar gebräuchlich sind, die Tatsache jedoch, dass die beiden Vornamen oberhalb der zerknautschten Zigarettenschachtel genannt wurden und die Werbeanzeige kurz nach der zweiten tätlichen Auseinandersetzung des Beschwerdeführers erschien, die ausführlich in der Presse kommentiert worden war, es ermöglichte, einen Bezug zwischen der Werbung und dem Beschwerdeführer herzustellen. Es lässt sich daher nicht behaupten, dass das Recht auf Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers nicht berührt wurde.

[35] Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass diese Rüge in den Anwendungsbereich des Artikels 8 fällt. Er stellt ferner fest, dass in Bezug auf die Rüge kein anderer Unzulässigkeitsgrund vorliegt. Die Beschwerde ist daher für zulässig zu erklären.

B. Zur Begründetheit

1. Die Argumente der Parteien

a. Die Regierung

[36] Die Regierung ist der Meinung, es habe keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privatlebens gegeben, da dieser nicht die erforderliche Schwere gehabt hätte. Da der Regierung zufolge in der streitgegenständlichen Werbeanzeige weder der vollständigen Name noch ein Bild des Beschwerdeführers verwendet worden ist, hätte dieser nämlich weder einen materiellen Schaden erlitten noch physische oder psychische Auswirkungen zu spüren bekommen, da die Werbeanzeige zu keinem Zeitpunkt den Eindruck erweckt habe, der Beschwerdeführer werbe persönlich für die Zigaretten oder stehe damit in Verbindung.

[37] Die Regierung unterstreicht, dass selbst wenn davon ausgegangen würde, dass ein Eingriff vorlag, die deutsche Rechtsordnung ausreichenden Schutz biete. Hierzu weist sie darauf hin, dass diese Beschwerde sich nicht auf einen Unterlassungsanspruch des Beschwerdeführers beziehe, den das Landgericht bejaht habe und der infolgedessen nicht Gegenstand des streitigen Verfahrens gewesen sei. Hierbei gehe es nicht um die Frage, ob die deutschen Gerichte einschreiten mussten, sondern darum, wie die Gerichte einzugreifen hätten. Die Regierung vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, die nach deutschem Recht vorgesehene Möglichkeit, eine Unterlassungsklage zu erheben, stelle einen ausreichenden Schutz dar, um sich gegen die Werbekampagne zu verteidigen. Dem Beschwerdeführer sei es aber in Wahrheit nicht darum gegangen, vor der Werbung geschützt zu werden, sondern einen geldwerten Vorteil zu erlangen, den Artikel 8 der Konvention allerdings nicht garantiere.

[38] Die Regierung führt aus, das deutsche Recht sehe bei Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens nicht nur Unterlassungsklagen vor, sondern gewähre in bestimmten Fällen auch Geldentschädigungen. Im vorliegenden Fall habe sich der Bundesgerichtshof mit der Frage auseinandergesetzt, ob dem Beschwerdeführer eine fiktive Lizenzgebühr zuzubilligen sei, und sei nach Abwägung der betroffenen Interessen zu dem Schluss gekommen, dass der Eingriff nicht schwerwiegend genug sei, um die Zubilligung einer solchen Lizenzgebühr zu rechtfertigen, und dass die Meinungsfreiheit der Gesellschaft Vorrang habe. So habe der Bundesgerichtshof herausgestellt, dass selbst Erklärungen zu kommerziellen Zwecken durch die im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit geschützt seien, dass auch durch unterhaltende Beiträge öffentliche Meinungsbildung stattfinden könne, dass der Eingriff nicht besonders schwerwiegend gewesen sei, da er weder beleidigend noch herabsetzend gewesen sei, und dass die Werbung nicht den Eindruck erweckt habe, der Beschwerdeführer identifiziere sich mit dem beworbenen Produkt.

b) Der Beschwerdeführer

[39] Der Beschwerdeführer behauptet, es habe sehr wohl einen ungerechtfertigten Eingriff in sein Recht auf Achtung seines Privatlebens gegeben. Entgegen der Ansicht der Regierung versuche er nicht, sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen, sondern stelle das Fehlen eines Schutzes seines Rechts auf Privatleben fest. Es gehe daher nicht um die Frage, wie der Staat einzugreifen habe, sondern es bestehe eine Verpflichtung für den Staat einzugreifen. Der Beschwerdeführer räumt ein, dass das Landgericht eine Unterlassungsverfügung erlassen habe, mit der die Werbekampagne untersagt worden sei und welche die Gesellschaft anerkannt habe. Der Bundesgerichtshof habe jedoch die Wirkungen dieser Verfügung de facto aufgehoben, indem er die Werbung für rechtmässig befand, so dass der Beschwerdeführer nicht einmal mehr einen Anspruch auf Unterlassung habe. Der Beschwerdeführer behauptet, die Gesellschaft könne hingegen die Aufhebung der Verfügung beantragen. Er gelangt zu dem Schluss, dass die Verfügung des Landgerichts nicht ausreichend gewesen sei, um sein Recht auch Achtung seines Privatlebens zu schützen.

[40] Der Beschwerdeführer führt weiter aus, dass der Bundesgerichtshof, indem er meine, die vermögensrechtlichen Bestandteile seien nur einfachrechtlich geschützt, ignoriere, dass Artikel 8 der Konvention einer Person die Befugnis gibt, selbst darüber zu entscheiden, wem und inwieweit sie anderen persönliche Informationen zu offenbaren wünscht. Die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Aufspaltung in ideelle und vermögenswerte Bestandteile des Persönlichkeitsrechts sei künstlich, da dieses Recht unteilbar sei.

[41] Der Beschwerdeführer behauptet, die Abwägung des Bundesgerichtshofs sei fehlerhaft, da das hohe Gericht wie im Übrigen das Bundesverfassungsgericht den kommerziellen Interessen der Gesellschaft automatisch Vorrang eingeräumt hätten. Die Meinungsfreiheit spiele in einer demokratischen Gesellschaft eine entscheidende Rolle, da sie die ständige geistige Auseinandersetzung ermögliche, und nicht um es Wirtschaftsunternehmen zu ermöglichen, ihren Absatz im Wege der Werbung zu fördern. Die Meinungsfreiheit schütze kommerzielle Meinungsäusserungen nur, wenn diese zur Meinungsbildung der Öffentlichkeit beitragen würden, was vorliegend nicht der Fall sei. Entgegen den Vorinstanzen hätte der Bundesgerichtshof verkannt, dass die streitgegenständliche Werbung, die für einen internationalen Tabakkonzern konzipiert worden war, nicht darauf abzielte, der Allgemeinheit Informationen über zeitgeschichtlich bedeutsame Vorgänge zu vermitteln, sondern allein darauf, bei den Verbrauchern Aufmerksamkeit zu erregen, um den Absatz der Zigaretten in die Höhe zu treiben. Der Beschwerdeführer unterstreicht, dass es sich bei seinen Handgreiflichkeiten, auf die das Werbemotiv anspiele, nicht um Ereignisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte, sondern um banale alltägliche Vorfälle handele. Zwar sei im Übrigen zuvor in der Presse über diese Ereignisse berichtet worden, doch sei dies nur geschehen, um die kommerziellen Interessen und die Neugier ihrer voyeuristischen Leserschaft zu befriedigen.

[42] Abschliessend betont der Beschwerdeführer, dass der Bundesgerichtshof, indem er der streitgegenständlichen Werbeanzeige einen angeblichen, jedoch unbedeutenden Informationsgehalt zuerkannte, den Persönlichkeitsschutz den kommerziellen Interessen untergeordnet und entgegen den Vorgaben der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Verpflichtung nicht eingehalten habe, eine klare Trennlinie zwischen Informationen zu ziehen, die zur Debatte in einer demokratischen Gesellschaft dienen, und solchen, die ausschliesslich zu Unterhaltungs- oder Werbezwecken genutzt werden.

2. Stellungnahme der Drittbeteiligten (British American Tobacco (Germany) GmbH)

[43] Die Drittbeteiligte behauptet, der Beschwerdeführer sei nicht berechtigt, die vom Bundesgerichtshof vorgenommene Trennung zwischen ideellen und vermögensrechtlichen Bestandteilen des Persönlichkeitsrechts in Frage zu stellen. Sie erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass der Beschwerdeführer vor den innerstaatlichen Gerichten Schadensersatz wegen Verletzung der ideellen Bestandteile seines Persönlichkeitsrechts begehrt, das Landgericht dies abgelehnt und der Beschwerdeführer diesen Teil des Urteils des Landgerichts nicht angefochten habe. Die Drittbeteiligte führt weiter aus, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs keinen Hinweis enthält, dass Aussagen in einer Werbeanzeige weniger schützenswert sind als diejenigen, die in einem anderen Zusammenhang gemacht werden. Das streitige Urteil des Bundesgerichtshofs stehe mit den vom Gerichtshof in seinem Urteil S. AG ./. Deutschland ([GK], Nr. 39954/08, 7. Februar 2012) festgelegten Kriterien in Einklang und der Beschwerdeführer habe keine ernsthaften Gründe vorgetragen, die den Gerichtshof veranlassen könnten, seine Meinung durch die des Bundesgerichtshofs zu ersetzen. Die Drittbeteiligte betont, dass der zentrale Punkt dieser Rechtssache nicht die Frage ist, ob sie die Vornamen des Beschwerdeführers ohne dessen Einwilligung verwenden durfte, sondern ob sie das Recht hatte, aktuelle Ereignisse und das Verhalten des an diesen Ereignissen beteiligten Beschwerdeführers zu kommentieren. Ihres Erachtens stand ausser Zweifel, dass eine Gesellschaft wie sie solche Kommentare ebenso wie die Presse abgeben darf.

3. Die Würdigung durch den Gerichtshof

[44] Der Gerichtshof erinnert daran, dass der Begriff „Privatleben“ ein weit gefasster Begriff ist, der nicht abschliessend definiert werden kann, der die körperliche und moralische Unversehrtheit der Person einschliesst und daher zahlreiche Aspekte der Identität eines Einzelnen umfassen kann, wie den Namen einschliesslich des Vornamens (siehe Rdnr. 34 oben). Dieser Begriff umfasst persönliche Informationen, von denen eine Person berechtigterweise erwarten kann, dass sie nicht ohne ihr Einverständnis veröffentlicht werden (Flinkkilä und andere, Nr. 25576/04, Rdnr. 75, 6. April 2010; Saaristo und andere ./. Finnland, Nr. 184/06, Rdnr. 61, 12. Oktober 2010). Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass die Verbreitung von Informationen über Personen unter Nennung des vollständigen Namens zwar in der Regel einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens dieser Person bedeutet, die unautorisierte Verwendung nur des Vornamens einer Person jedoch in bestimmten Fällen auch in das Privatleben dieser Person eingreifen kann. Dies ist wie in der vorliegenden Rechtssache der Fall, wenn die Vornamen in einem Zusammenhang genannt werden, der die Identifizierung der betroffenen Person ermöglicht, und wenn sie zu Werbezwecken verwendet werden.

[45] Der Gerichtshof stellt fest, dass der Beschwerdeführer nicht eine Handlung des Staates rügt, sondern dass der Staat unterlassen hat, ihn vor der unautorisierten Verwendung seiner Vornamen durch die Gesellschaft zu schützen. Die vorliegende Beschwerde verlangt eine Prüfung des angemessenen Gleichgewichts, das zwischen dem Recht des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privatlebens unter dem Blickwinkel der dem Staat nach Artikel 8 der Konvention obliegenden positiven Pflichten und der Meinungsfreiheit der Gesellschaft nach Artikel 10 der Konvention herzustellen ist, der auch auf kommerzielle Meinungsäusserungen Anwendung findet (M. ./. Deutschland, 20. November 1989, Rdnr. 26, Serie A Band 165), da er „jeder Person“ die Freiheit der Meinungsäusserung zusichert, ohne danach zu unterscheiden, ob dies unter Umständen in Gewinnerzielungsabsicht geschieht (Neij und Sunde Kolmisoppi ./. Schweden (Entsch.), Nr. 40397/12, 19. Februar 2013).

[46] Die Wahl der Massnahmen, mit denen die Einhaltung der Bestimmungen des Artikels 8 der Konvention im Verhältnis zwischen Privatpersonen gewährleistet werden soll, fällt grundsätzlich in den Ermessensspielraum der Konventionsstaaten, unabhängig davon, ob es sich um positive oder negative Verpflichtungen des Staates handelt. Dieser Ermessensspielraum ist grundsätzlich der gleiche, der den Vertragsstaaten nach Artikel 10 der Konvention zusteht, um über die Notwendigkeit und das Ausmass eines Eingriffs in die durch diesen Artikel geschützte Freiheit der Meinungsäusserung zu entscheiden (vorgenannte Rechtssache H. ./. Deutschland (Nr. 2), Nrn. 40660/08 und 60641/08, Rdnr. 106, 7. Februar 2012, Rdnr. 106; und vorgenannte Rechtssache S. AG, Rdnr. 87). Der Gerichtshof ruft in Erinnerung, dass der Ermessensspielraum der Vertragsstaaten im kommerziellen Bereich besonders gross ist (Mouvement raëlien suisse ./. Schweiz [GK], Nr. 16354/06, Rdnr. 61, CEDH 2012 (Auszüge); Ashby Donald und andere ./. Frankreich, Nr. 36769/08, Rdnr. 39, 10. Januar 2013).

[47] Dieser Spielraum geht allerdings mit einer europäischen Kontrolle einher, die sowohl die Rechtsvorschriften als auch die Entscheidungen über deren Anwendung umfasst, selbst wenn diese von einem unabhängigen Gericht stammen. Bei der Ausübung seiner Kontrollbefugnis ist es nicht Aufgabe des Gerichtshofs, an die Stelle der innerstaatlichen Gerichte zu treten, sondern es obliegt ihm, im Licht aller Umstände des Falles zu prüfen, ob die von den Gerichten aufgrund ihrer Ermessensbefugnis erlassenen Entscheidungen mit den geltend gemachten Konventionsbestimmungen in Einklang stehen. Haben die innerstaatlichen Instanzen die Abwägung in Übereinstimmung mit den in der Rechtsprechung des Gerichtshofs niedergelegten Kriterien vorgenommen, bedarf es für den Gerichtshof gewichtiger Gründe, um die Ansicht der innerstaatlichen Gerichte durch die eigene zu ersetzen (MGN Limited ./. Vereinigtes Königreich, Nr. 39401/04, Rdnrn. 150 und 155, 18. Januar 2011; vorgenannte Rechtssache H. ./. Deutschland (Nr. 2), Rdnr. 107; Lillo-Stenberg und Sæther ./. Norwegen, Nr. 13258/09, Rdnrn. 33 und 44, 16. Januar 2014).

[48] Der Gerichtshof hat in seinen vorgenannten Urteilen H. (Nr. 2) und S. AG die für die Abwägung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und des Rechts auf freie Meinungsäusserung einschlägigen Kriterien zusammengefasst: Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse, Bekanntheitsgrad der betroffenen Person, Gegenstand der Berichterstattung, vorheriges Verhalten der betroffenen Person und Inhalt, Form und Auswirkungen der Veröffentlichung (vorgenannte Rechtssache H. (Nr. 2), Rdnrn. 108-113, vorgenannte Rechtssache S. AG, Rdnrn. 89-95; siehe auch T?n?soaica ./. Rumänien, Nr. 3490/03, Rdnr. 41, 19. Juni 2012).

[49] Hinsichtlich einer Debatte von allgemeinem Interesse weist der Gerichtshof darauf hin, dass die deutschen Gerichte herausgestellt haben, dass sich die streitgegenständliche Werbeanzeige insofern auf ein Thema von öffentlichem Interesse beziehe, als sie in humorvoller Weise die jüngsten Handgreiflichkeiten des Beschwerdeführers aufgegriffen habe, über die in der Presse berichtet worden war, wobei die Auseinandersetzung aus dem Jahr 2000 zu einer strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers geführt hatte. Der Gerichtshof geht davon aus, dass die Werbung, wenn sie in diesem Zusammenhang und als Satire gesehen wird – was eine in seiner Rechtsprechung anerkannte Form künstlerischen Ausdrucks und sozialkritischen Kommentars ist (siehe Alves da Silva ./. Portugal, Nr. 41665/07, Rdnr. 27, 20. Oktober 2009; Eon ./. Frankreich, Nr. 26118/10, Rdnr. 60, 14. März 2013) –, zumindest in gewissem Mass zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beigetragen hat (siehe, mutatis mutandis, Karhuvaara und Iltalehti ./. Finnland, Nr. 53678/00, Rdnr. 45, CEDH 2004-X; H. ./. Deutschland (Nr. 3), Nr. 8772/10, Rdnr. 52, 19. September 2013).

[50] In Bezug auf den Bekanntheitsgrad des Beschwerdeführers merkt der Gerichtshof an, dass die deutschen Gerichte insbesondere herausgestellt haben, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Beziehung zur ältesten Tochter des R. und seiner in der Presse kommentierten tätlichen Auseinandersetzungen einer breiten Öffentlichkeit bekannt war. Es ist im Übrigen festzustellen, dass die Gesellschaft seine Vornamen offensichtlich nicht verwendet hätte, wenn der Beschwerdeführer dem Publikum nicht hinlänglich bekannt gewesen wäre. Der Gerichtshof folgert daraus, dass der Beschwerdeführer zu den im öffentlichen Leben stehenden Personen gehört, die nicht den gleichen Schutz ihres Rechts auf Achtung ihres Privatlebens wie der Öffentlichkeit unbekannte Privatpersonen beanspruchen können (vorerwähnte Rechtssache H. (Nr. 2), Rdnr. 110; vorerwähnte Rechtssache S. AG, Rdnr. 91).

[51] In Bezug auf die in Rede stehende Werbung stellt der Gerichtshof fest, dass diese auf die Handgreiflichkeiten des Beschwerdeführers anspielte, d.h. auf Ereignisse, die in der der Presse kommentiert worden waren und derentwegen der Beschwerdeführer, was die tätliche Auseinandersetzung im Jahr 2000 anbelangt, strafrechtlich verurteilt worden war. Er weist darauf hin, dass sich die streitgegenständlichen Werbeanzeige darauf beschränkte, diese Ereignisse in Erinnerung zu rufen, ohne über irgendein Detail aus dem Privatleben des Beschwerdeführers zu berichten.

[52] Was das vorherige Verhaltens des Beschwerdeführers anbelangt, vertritt der Gerichtshof unter Berücksichtigung – wie die deutschen Gerichte herausgestellt haben – des Bekanntheitsgrades des Beschwerdeführers und seiner Auseinandersetzungen, über die in den Medien berichtet wurde, die Auffassung, dass die „berechtigte Erwartung“ des Beschwerdeführers, dass sein Privatleben tatsächlich geschützt wird, nur sehr begrenzt war (siehe, mutatis mutandis, Hachette Filipacchi Associés (ICI PARIS ./. Frankreich, Nr. 12268/03, Rdnr. 53, 23. Juli 2009; vorgenannte Rechtssache S. AG, Rdnr. 101).

[53] Im Hinblick auf den Inhalt, die Form und die Auswirkungen der Werbung merkt der Gerichtshof an, dass die deutschen Gerichte herausgestellt haben, dass die Werbeanzeige keine beleidigenden oder herabsetzenden Elemente in Bezug auf den Beschwerdeführer enthielt (vgl. vorerwähnte Rechtssache Hachette Filipacchi Associés („ICI PARIS“), Rdnr. 54), nicht allein deswegen abwertend war, weil sie eine Zigarettenmarke bewarb, und auch nicht den Eindruck erweckte, als identifiziere sich der Beschwerdeführer in irgendeiner Weise mit dem beworbenen Produkt. Hierzu macht die Regierung deutlich, dass die Werbung keineswegs den Eindruck erweckt hätte, der Beschwerdeführer werbe persönlich für die Zigaretten oder stehe damit in Verbindung.

[54] Der Gerichtshof hebt hervor, dass die Tatsache, dass der Name einer Persönlichkeit mit einem beworbenen Produkt ohne deren Einwilligung in Verbindung zu bringen, Fragen im Hinblick auf Artikel 8 der Konvention aufwerfen kann, vor allem dann, wenn das beworbene Produkt gesellschaftlich nicht akzeptiert ist oder zu ernsthaften ethischen oder moralischen Bedenken Anlass gibt. Insbesondere angesichts des satirischen Charakters der streitgegenständlichen Werbeanzeige kann er vorliegend jedoch den Schlussfolgerungen der innerstaatlichen Gerichte beipflichten. Im Übrigen war diese Werbung Teil einer Werbekampagne der Gesellschaft, die eine humoristische Verbindung zwischen der Darstellung einer Schachtel ihrer Zigarettenmarke und einem aktuellen Zeitgeschehen, an dem eine in der Öffentlichkeit bekannte Person beteiligt war, herstellen wollte (siehe z.B. B. ./. Deutschland, Nr. 53495/09, 19. Februar 2015). Wie der Bundesgerichtshof betont hat, war im Übrigen nur eine begrenzte Anzahl an Personen in der Lage gewesen, den Bezug zwischen der Werbung und dem Beschwerdeführer herzustellen, nämlich die Personen, die von den tätlichen Auseinandersetzungen des Beschwerdeführers gehört hatten, zumal diese Ereignisse nicht in der besagten Werbung genannt wurden, sondern in pfiffiger Weise kommentiert worden waren.

[55] Der Beschwerdeführer behauptet insbesondere, der Bundesgerichtshof habe seine Klage vor allem deswegen abgewiesen, weil die Meinungsfreiheit der Gesellschaft einen höheren Rechtsschutz als sein Recht auf Achtung seines Privatlebens geniesse. Das hohe Gericht habe daher keine Abwägung getroffen, die diese Bezeichnung wirklich verdiene. Die Regierung behauptet, dass der Bundesgerichtshof eine Abwägung vorgenommen hat, als er sich mit der Frage auseinandersetzte, ob dem Beschwerdeführer die geforderte Lizenzgebühr zuzubilligen sei.

[56] Der Gerichtshof stellt fest, dass einige Passagen des Urteils des Bundesgerichtshofs den Eindruck zu erwecken scheinen, dass die Meinungsäusserungsfreiheit der Gesellschaft allein wegen ihrer Verankerung im Verfassungsrecht im vorliegenden Fall mehr Gewicht hat, als das Persönlichkeitsrecht und das Recht des Beschwerdeführers auf den Namen, die nur einfachrechtlich geschützt seien. Er merkt an, dass der Bundesgerichtshof dieses abgestufte Schutzkonzept den Schlussfolgerungen des Oberlandesgerichts offensichtlich gegenübergestellt hat, das seinerseits behauptet hatte, in solchen Fällen habe das Persönlichkeitsrecht stets Vorrang vor der Meinungsäusserungsfreiheit der Werbeagentur (siehe Rdnr. 24 oben).

[57] Der Gerichtshof ruft in Erinnerung, dass es nicht seine Aufgabe ist, die einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder die einschlägige innerstaatliche Praxis in abstrakter Form zu würdigen, sondern dass er sich mit der Art und Weise auseinandersetzen muss, in der diese im vorliegenden Fall auf den Beschwerdeführer angewandt wurden (siehe vorgenannte Rechtssache H. (Nr. 2), Rdnr. 116; vorgenannte Rechtssache Karhuvaara und Iltalehti Rdnr. 49; und, mutatis mutandis, E. ./. Deutschland [GK], Nr. 25735/94, Rdnr. 59, CEDH 2000-VIII). Hierzu macht er zunächst darauf aufmerksam, dass der Bundesgerichtshof klargestellt hat, dass allein die vermögensrechtlichen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts einfachrechtlich geschützt seien, während die Persönlichkeitsrechte Teil der verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte seien, soweit sie dem Schutz ideeller Interessen dienten. Der Gerichtshof hebt ferner hervor, dass der Bundesgerichtshof die Umständen der Rechtssache berücksichtigt hat, nämlich den sowohl kommerziellen als auch humoristischen Charakter der fraglichen Werbeanzeige, den Bekanntheitsgrad des Beschwerdeführers insbesondere aufgrund seiner Beziehung zur C. und das Fehlen herabsetzender oder beleidigender Elemente hinsichtlich des Beschwerdeführers oder seines Imagewertes.

[58] Nach Ansicht des Gerichtshofs hat der Bundesgerichtshof demnach eine umfassende Abwägung der fraglichen konkurrierenden Interessen vorgenommen und ist zu dem Schluss gelangt, dass unter den Umständen der ihm vorliegenden Rechtssache der Meinungsäusserungsfreiheit der Gesellschaft Vorrang einzuräumen und die Gewährung einer fiktiven Lizenzgebühr zugunsten des Beschwerdeführers abzulehnen war, der vom Landgericht bereits die Verfügung erhalten hatte, mit der die Gesellschaft verpflichtet wurde, die streitgegenständliche Werbeanzeige nicht mehr zu verbreiten.

[59] Unter diesen Umständen und angesichts des weiten Ermessensspielraums, der den innerstaatlichen Gerichten in der Sache zusteht (Randnummer 46 oben), wenn sie konkurrierende Interessen abwägen, folgert der Gerichtshof, dass der Bundesgerichtshof seine positiven Verpflichtungen gegenüber dem Beschwerdeführer aus Artikel 8 der Konvention nicht verletzt hat. Daher ist diese Bestimmung nicht verletzt worden.

II. Die behauptete Verletzung des Artikels 1 des Protokolls Nr. 1

[60] Der Beschwerdeführer ist der Meinung, dass die Weigerung des Bundesgerichtshofs, ihm die geforderte fiktive Lizenzgebühr zu gewähren, auch eine Verletzung seines Eigentumsrechts im Sinne des Artikels 1 des Protokolls Nr. 1 bedeutet, der wie folgt lautet:

„Jede natürliche oder juristische Person hat das Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.

Absatz 1 beeinträchtigt jedoch nicht das Recht des Staates, diejenigen Gesetze anzuwenden, die er für die Regelung der Benutzung des Eigentums im Einklang mit dem Allgemeininteresse oder zur Sicherung der Zahlung der Steuern oder sonstigen Abgaben oder von Geldstrafen für erforderlich hält.“

[61] Die Regierung behauptet, der Schutzbereich des Artikels 1 des Protokolls Nr. 1 sei nicht eröffnet, da die Werbung nur eine Verbindung zwischen zwei weit verbreiteten und gebräuchlichen Vornamen und den Ereignissen herstellte, für die der Beschwerdeführer selbst verantwortlich sei. Eine solche Verbindung könne nicht als vermögenswertes Recht anerkannt werden. Die Regierung führt weiter aus, dass die vom Beschwerdeführer geforderte fiktive Lizenzgebühr kein von Artikel 1 des Protokolls Nr. 1 geschütztes vermögenswertes Recht darstelle, da der Bundesgerichtshof als oberstes Zivilgericht festgestellt habe, dass dieser Anspruch des Beschwerdeführers nicht besteht. Sie fügt hinzu, dass selbst bei der Annahme, dass ein Eingriff in ein von Artikel 1 des Protokolls Nr. 1 anerkanntes Recht stattgefunden hat, dieser Eingriff aus den in der Stellungnahme zu Artikel 8 der Konvention dargelegten Gründen gerechtfertigt gewesen wäre.

[62] Der Beschwerdeführer behauptet, die vermögensrechtlichen Bestandteile des Persönlichkeitsrechts seien von Artikel 1 des Protokolls Nr. 1 geschützt, da sie es ermöglichten, das Persönlichkeitsrecht durch die Gestattung eines Eingriffs in dieses Recht gegen Entgelt finanziell zu verwerten. Seines Erachtens soll jede Person selbst darüber entscheiden können, ob sie einem Dritten gestatten möchte, sich ihrer zu Werbezwecken zu bedienen oder nicht, insbesondere angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Werbung mit Namen und Bildnissen, die etwa dem Wert von Marken in nichts nachstehe. Dem Beschwerdeführer zufolge stellt die Tatsache, dass Dritten gestattet wird, Werbung mit seiner Person zu betreiben, ohne seine Zustimmung eingeholt zu haben und ohne eine Entschädigung zu zahlen, einen massiven Eingriff in sein Eigentumsrecht dar.

[63] Die Drittbeteiligte ist der Auffassung, dass die vermögensrechtlichen Aspekte des Rechts auf Privatleben anders als das geistige Eigentum (Anheuser-Busch Inc. ./. Portugal [GK], Nr. 73049/01, Rdnrn. 66-72, CEDH 2007-I) kein von Artikel 1 des Protokolls Nr. 1 geschütztes Recht darstellen. Selbst bei der Annahme eines Eingriffs in diese Bestimmung wäre dieser jedenfalls aus den gleichen Gründen gerechtfertigt, die auch zu Artikel 8 der Konvention angeführt worden seien.

[64] Der Gerichtshof hebt hervor, dass er nicht darüber zu entscheiden hat, ob der Beschwerdeführer nach innerstaatlichem Recht einen Anspruch auf eine fiktive Lizenzgebühr erheben konnte, so wie es die deutschen Gerichte und insbesondere der Bundesgerichtshof ausgelegt haben. Er ist nämlich der Auffassung, dass selbst bei der Annahme, es liege ein Eingriff in ein Eigentumsrecht des Beschwerdeführers vor, dieser Eingriff aus den zu Artikel 8 der Konvention dargelegten Gründen jedenfalls gerechtfertigt gewesen wäre.

[65] Hieraus ergibt sich, dass diese Rüge offensichtlich unbegründet und nach Artikel 35 Absatz 3 Buchstabe a und 4 der Konvention zurückzuweisen ist.

Aus diesen Gründen entscheidet der Gerichtshof wie folgt:

1. Er erklärt die Beschwerde in Bezug auf die Rüge aus Artikel 8 der Konvention einstimmig für zulässig und den übrigen Teil der Beschwerde mehrheitlich für unzulässig.
2. Er entscheidet mit sechs zu einer Stimme, dass Artikel 8 der Konvention nicht verletzt worden ist.

Ausgefertigt in französischer Sprache und anschliessend am 19. Februar 2015 gemäss Artikel 77 Absatz 2 und 3 der Verfahrensordnung schriftlich übermittelt.

Claudia Westerdiek Mark Villiger

Kanzlerin Präsident

Diesem Urteil ist gemäss Artikel 45 Absatz 2 der Konvention und Artikel 74 Absatz 2 der Verfahrensordnung die abweichende Meinung des Richters Zupancic beigefügt.

M.V. C.W.

Abweichende Meinung des Richters Zupancic

(Übersetzung)

Ich bedaure, mich in dieser Rechtssache nicht der Mehrheit anschliessen zu können. Ich glaube nämlich, dass die deutschen Gerichte unterhalb des Bundesgerichtshofs weitgehend eine richtigere Sichtweise der Sache hatten.

In meinen Augen ist die Aufhebung ihrer Entscheidungen keineswegs überzeugend.

Im Mittelpunkt der Kontroverse, wie sie vom Bundesgerichtshof definiert wird (Rdnr. 24 des Urteils der Mehrheit), steht die zwischen den Persönlichkeitsrechten des H. und der Meinungsfreiheit herzustellende Hierarchie.

Den deutschen Vorschriften betreffend die Persönlichkeitsrechte des H. entspricht auf internationaler Ebene Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention („die Konvention“). Die Behauptung, die deutsche Rechtsordnung stufe sie unterhalb des verfassungsmässigen Schutzes der Meinungsfreiheit ein, hat daher möglicherweise einen Sinn innerhalb dieser Rechtsordnung – auch wenn ich eine solche Auffassung für äusserst formalistisch halte –, jedoch trifft dies auf internationaler Ebene offensichtlich nicht zu. Es kann a priori keinen Vorrang der Meinungsfreiheit gegenüber den von Artikel 8 der Konvention garantierten Persönlichkeitsrechten geben.

Der Bundesgerichtshof hat zwar den vermögensrechtlichen Aspekt angesprochen, d.h. den Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung der Persönlichkeitsrechte des H. Er war der Meinung, dieser Entschädigungsaspekt könne nicht mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Meinungsfreiheit auf eine Stufe gesetzt werden. Dies ist auf jeden Fall verwunderlich. Wie kann man das Remedium (im vorliegenden Fall die Entschädigung wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte) von dem Recht selbst trennen? Das Recht und das Remedium sind die beiden Facetten desselben Konzepts.

Ausserdem ist hinreichend klar, was die streitgegenständliche Werbung beinhaltet. Sie deutet an, dass H. selbst die Zigarettenschachtel „Lucky Strike“ zerknautscht hat. Die Anzeige fragt spöttisch „War das Ernst? Oder August?“ und erweckt somit natürlich den Eindruck, es handele sich um ein und dieselbe Person, d.h. Ernst August. Sarkastisch wird darauf angespielt, dass H. eine gewalttätige Person und für die zerknüllte Zigarettenschachtel „Lucky Strike“ verantwortlich ist. Die Werbebotschaft ist nicht einmal unterschwellig; sie ist kategorisch und vielsagend.

Wir sprechen hier überdies von der Meinungsäusserungsfreiheit der British Tobacco Company, die H. zu offensichtlich rein kommerziellen Zwecken verspottet.

Diese Werbebotschaft eines Tabakkonzerns hat keinerlei erlösende Kraft. Es ist keine Botschaft mit irgendeiner gesellschaftlichen Zweckbestimmtheit, es sei denn, man vertritt die Auffassung, diese gesellschaftliche erlösende Kraft würde darin bestehen, Zigaretten zu rauchen.

In dem sehr ehrenwerten gesellschaftlichen Kontext des Kampfes gegen das Rauchen – ein gesellschaftlich anerkanntes Ziel! – ist die Tabakwerbung hingegen sicher kein Bereich, der unter den Schutz der Meinungsäusserungsfreiheit fällt. Ich halte dies selbst unabhängig von den Beschwerden von H. grundsätzlich für zutreffend.

Morgen schon könnten wir mit einer Sache befasst werden, bei der die von den Mitgliedstaaten der Tabakwerbung auferlegten Einschränkungen im Namen der Meinungsfreiheit angefochten werden. Die B. und H. betreffenden Fälle könnten sodann als einschlägige Präzedenzfälle herangezogen werden.

Es ist nachvollziehbar, dass H. sich verletzt fühlt und gegen die missbräuchliche Verwendung seines Namens in einer Werbekampagne für den Tabakkonsum vorgegangen ist.

Wie ich bereits in meiner übereinstimmenden Meinung in der Rechtssache H. ./. Deutschland (Beschwerde Nr. 59320/00) beschrieben habe, soll keiner, der selbst im Glashaus sitzt, mit Steinen werfen:

„Zwar bin ich der Meinung, dass die Unterscheidungen in der deutschen Rechtsordnung zwischen den verschiedenen Ebenen zulässiger Veröffentlichung allzu sehr der Begriffsjurisprudenz zuzuordnen sind. Gleichwohl ist meines Erachtens das Kriterium des Ausgleichs zwischen dem Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Recht auf Schutz der Privatsphäre der betroffenen Person andererseits in angemessener Weise anzuwenden. Wer freiwillig die öffentliche Bühne betritt, kann nicht behaupten, eine Privatperson mit einem Anrecht auf Anonymität zu sein. Die Mitglieder der Königsfamilien, Schauspieler, Akademiker, Politiker usw. erfüllen ihre Aufgaben in der Öffentlichkeit. Sie können die Öffentlichkeit zwar scheuen, ihr Bild ist aber per definitionem in gewisser Weise Allgemeingut.

Ich möchte mich hier nicht so sehr auf das Informationsrecht der Allgemeinheit konzentrieren – dieses Recht gilt zunächst und vor allen Dingen für die Frage der Pressefreiheit und die jeweilige Verfassungsdoktrin – , sondern vielmehr auf die einfache Tatsache, dass es nicht möglich ist, das Privatleben und die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch einen eisernen Vorhang voneinander zu trennen. Völlig incognito zu leben ist nur Robinson vergönnt; was die gewöhnlichen Sterblichen anbelangt, so ruft jeder von ihnen mehr oder weniger das Interesse des anderen hervor.

Der Schutz der Privatsphäre ist hingegen das Recht, nicht belästigt zu werden. Jeder kann erwarten, nicht belästigt zu werden, sofern jedenfalls sein Privatleben sich nicht mit demjenigen eines anderen überschneidet. Juristische Begriffe wie Verleumdung, Beleidigung usw. bestätigen auf ihre Weise dieses Recht und die Grenzen, die es anderen untersagen, es zu verletzen. Die Doktrin des Persönlichkeitsrechts nach dem deutschen Privatrecht verleiht dem Schutz der Privatsphäre einen grösseren konzentrischen Kreis. (…) Die Doktrin des Persönlichkeitsrechts verankert ein höheres zivilisiertes Niveau in den zwischenmenschlichen Beziehungen.

Es ist an der Zeit, dass das Pendel zu einem anderen Ausgleich zwischen Privatem und Geschütztem sowie Öffentlichem und Nichtgeschütztem zurückschwingt.

Es stellt sich hier die Frage, wie ein solcher Ausgleich sichergestellt und festgelegt werden kann. (…) Ich [würde] ein anderes Kriterium [befürworten], nämlich das Kriterium [, das der Gerichtshof in] seinem Urteil in der Rechtssache Halford ./. Vereinigtes Königreich vom 25. Juni 1997 (Sammlung 1997-III) angewandt hat, wo er sich die Frage stellte, ob die betroffene Person „mit Recht an den privaten Charakter“ der fraglichen Anrufe „glauben konnte“.

Der Rahmen des Strafverfahrens und die Nutzung von Beweismaterial, das unter Verletzung des Grundsatzes des Schutzes von Elementen erlangt wurde, die in der Rechtssache Halford mit Recht als privat gelten konnten, hindern den Gerichtshof nicht daran, dasselbe Kriterium in Fällen wie diesem zu benutzen. Die Frage nämlich, ob die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens war oder nicht, stellt sich demnach nicht mehr; das vorgeschlagene Kriterium, das darauf abzielt festzulegen, ob die Person, die sich als Opfer einer Verletzung ihrer Privatsphäre sieht und mit Recht an den privaten Charakter der strittigen Situation glauben konnte, gestattet in jedem neuen Fall einen nuancierten Ansatz. (…)

Natürlich sollte eine umständliche Argumentation vermieden werden. Der Umstand, dass jemand „mit Recht“ an den privaten Charakter einer Situation glaubt, könnte sich auf die vorgenannte Gewichtung reduzieren. Wenn aber geltend gemacht wird, dass jemand „mit Recht“ glaubt, bedeutet dies, sich auch auf den gesunden Menschenverstand zu berufen, der uns sagt, dass jemand, der im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen sollte.“

Der Bundesgerichtshof geht jedoch zu weit mit der Behauptung, H. verdiente aufgrund seines aggressiven Charakters diese „besonders pfiffige“ negative Werbung (Rdnr. 26 des Urteils), wobei er gleichzeitig noch hinzufügt, dass diese Werbeanzeige, da es sich „lediglich“ um eine Zigarettenwerbung handele, im Hinblick auf dessen Persönlichkeitsrechte nicht beleidigend sei.

Nichtamtliche Übersetzung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz

Quelle: http://hudoc.echr.coe.int (European Court of Human Rights Council of Europe, F-67075 Strasbourg cedex)

Format und Rechtschreibung: http://www.debier.de (debier-datenbank, RA Torsten Mahncke, Berlin)