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db-nummer: lgfrankfurt-0003O-2019-00090

Leitsätze (amtl)
1. Bei der Verwendung eines "SharePics", das den Betroffenen zeigt und daneben einen Text, kann abhängig von der Gestaltung beim Durchschnittsleser der Eindruck entstehen, dass es sich um ein Zitat handelt und der Betroffene sich - gleichsam einer Sprechblase - entsprechend geäussert hat. Dies gilt umso mehr, wenn lediglich der Kopf des Betroffenen mit geöffnetem Mund und daneben der Text abgebildet ist.
2. An die Wiedergabe von Zitaten werden strenge Anforderungen gestellt. Hat sich der Betroffene nicht wie dargestellt geäussert, handelt es sich um ein Falschzitat. Dies kann auch den Kontext der Äusserung betreffen.
3. Der Äussernde kann sich nicht auf das Laienprivileg berufen, wenn er seine Äusserung auf einen Presseartikel stützt, in dem das von ihm verwendete Falschzitat nicht enthalten ist und sich der Betroffene im Übrigen auch zu dem eigentlichen Zitat dahingehend geäussert hat, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt habe und er die in dem Presseartikel auf Grundlage der (zutreffenden) Äusserung des Betroffenen vermutete Ansicht nie vertreten hat.
4. Eine Darstellung, die eine Äusserung falsch wiedergibt und entlastende Umstände verschweigt, kann Entschädigungsansprüche des Betroffenen auslösen. Hierbei kann auch das "Nachtatverhalten" eine Rolle spielen.

Tenor
I. Der Beklagte wird verurteilt, es künftig zu unterlassen,
1. über die Klägerin zu behaupten und/oder zu verbreiten bzw. behaupten oder verbreiten zu lassen:
"K findet Kinderficken ok, solange keine Gewalt im Spiel ist",
2. durch die Darstellung:
[Bild der Klägerin mit Text "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist, ist der Sex mit Kindern doch ganz ok. Ist mal gut jetzt."]
den Eindruck zu erwecken, die Unterlassungsgläubigerin habe gesagt:
"Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist, ist der Sex mit Kindern doch ganz ok. Ist mal gut jetzt.",
3. das nachfolgende Bildnis der Unterlassungsgläubigerin öffentlich zur Schau zu stellen / stellen zu lassen und/oder zu verbreiten / verbreiten zu lassen,
[Bild der Klägerin]
wenn 1., 2. und 3. geschehen wie am 30. Oktober 2016 auf dem Blog "X" unter https://.../ (vgl. Anlage K3).
II. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Geldentschädigung von 10.000,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.05.2019 zu zahlen.
III. Der Beklagte wird verurteilt, die Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Höhe von 1.822,96 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2019 zu zahlen.
IV. Der Beklagte wird verurteilt, die weiteren Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Höhe von EUR 887,03 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.02.2019 zu zahlen.
V. Es wird festgestellt, dass den Forderungen gem. Ziff. II. bis IV. nebst hieraus jeweils resultierender Zinsforderungen eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zugrunde liegt.
VI. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VII. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
VIII. Das Urteil ist hinsichtlich der Aussprüche zu I.1 und I.2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 20.000,- EUR, hinsichtlich des Ausspruchs zu I.3 in Höhe von 10.000,- EUR und im Übrigen in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
[1] Die Parteien streiten um die Zulässigkeit von Äusserungen in einem Blog, um Entschädigung sowie Ersatz von Anwaltskosten.
[2] Die Klägerin ist Bundestagsabgeordnete und Mitglied der Partei A. Zuvor war die Klägerin zumindest im Jahr 1986 Abgeordnete im [ Landesparlament Z ].
[3] Der Beklagte betreibt den Blog "X", der regelmässig hohe Klickraten erzielt. Ferner organisiert er so genannte "Montagsdemos" in Y.
[4] Im Jahr 1986 nahm die Klägerin an einer Debatte im [ Landesparlament Z ] über häusliche Gewalt teil. Während eine ... Abgeordnete [der Partei A] sprach, stellte ein ...-Abgeordneter eine Zwischenfrage, wie die Rednerin zu einem Beschluss der A in Nordrhein-Westfalen stehe, die Strafandrohung wegen sexueller Handlungen an Kindern aufzuheben. Im Protokoll zur dortigen Debatte ist vermerkt, dass die hiesige Klägerin einen Zwischenruf tätigte: "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist!".
[5] Am 24.05.2015 veröffentlichte die "B" einen Artikel mit der Überschrift "A-Politikerin K gerät in Erklärungsnot" (Anlage B3, Bl. 62 d.A.). Darin heisst es u.a.:
"So jedenfalls klingt ein Protokoll aus einer Sitzung des [Landesparlament Z] im Jahr 1986. In diesem Landesparlament war K Abgeordnete. Sie stieg später zur Fraktionsvorsitzenden auf, sogar zur Bundesministerin und Bürgermeisterkandidatin. Am 29._Mai 1986 war das noch Zukunftsmusik, K aber schon ... Wortführerin - bekannt für ihre schnoddrigen Zwischenrufe.
Während eine ... Abgeordnete über häusliche Gewalt spricht, stellt ein ... -Abgeordneter die Zwischenfrage, wie die Rednerin zu einem Beschluss der A in Nordrhein-Westfalen stehe, die Strafandrohung wegen sexueller Handlungen an Kindern solle aufgehoben werden. Doch statt der Rednerin ruft, laut Protokoll, Renate K dazwischen: "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist!" Klingt das nicht, als wäre Sex mit Kindern ohne Gewalt okay?
Ein Missverständnis, meint K. In der Debatte sei es gar nicht um Sex, sondern um Gewalt an Kindern gegangen. Sie habe nur darauf hinweisen wollen, dass der ...-Vorwurf ins Leere ging. Allerdings sieht sie den damaligen Diskurs heute kritisch - und ihre Rolle dabei: "Wir haben damals rechtsphilosophisch die Abschaffung des Strafrechts diskutiert. Zu spät haben wir ein Gefühl dafür entwickelt, dass es absolut schützenswerte Personen gibt, für die diese Debatte unmöglich ist. ... Tatsächlich passte die Forderung einer extrem weitgehenden Strafrechtsliberalisierung gut zur Kampagne der Pädophilen, Sex mit Kindern zu legalisieren. "Ich habe nie dafür gestimmt, so genannte einvernehmliche Sexualität zwischen Kindern und Erwachsenen zu legalisieren", betont K. Auf ihre Rolle im A Milieu blickt sie dennoch zerknirscht zurück: "Ich werfe mir heute vor, nicht zu den ... Frauen gehört zu haben, die sehr aktiv für das Ende dieser Debatte kämpften. Aber ich war auch nicht auf der Gegenseite. Den, ... Keller" in ... kannte ich nicht." In diesem als Jugendeinrichtung getarnten Missbrauchsraum hatten zwei ... pädophile Parteimitglieder sich an Heranwachsenden und Kindern über Jahre vergangen. ..., Sozialwissenschaftler und ehemaliger Mitarbeiter des ... Instituts für Demokratieforschung, sieht Ks Rolle ebenfalls kritisch. ...
"Frau K deutete mit ihrem Zwischenruf an, welche Gesamtakzeptanz das Thema Mitte der 80er-Jahre bei der A Partei hatte. Die Position, einvernehmliche sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern für möglich zu halten, genoss eben lange Zeit eine gewisse Billigung", meint ... Erstaunlich sei vor allem der Zeitpunkt von Ks Bemerkung im Parlament. ... ..., heute ... Landesvorsitzende, hält den Zwischenruf für geradezu typisch für den damaligen ... Diskurs, in dem sich Täter verstanden fühlten: "K hat offensichtlich, wie nahezu die gesamte ... Partei, damals die fatale Unterscheidung von einvernehmlicher Sexualität mit Kindern und Sexualität, bei der Gewalt eine Rolle spielt, gemacht. Diese Unterscheidung wirkte wie eine Beruhigungspille und hinderte uns daran, unsere Positionen zu hinterfragen.""
[6] Im Oktober 2016 veröffentlichte der Beklagte in seinem Blog einen Beitrag mit der Überschrift "K findet Kinderficken ok, solange keine Gewalt im Spiel ist" mit dem streitgegenständlichen Bildnis, das die Klägerin mit geöffnetem Mund zeigt und daneben die Äusserung (im Nachfolgenden insgesamt bezeichnet als "Sharepic" [Bild zum Teilen]):
"Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist, ist der Sex mit Kindern doch ganz ok. Ist mal gut jetzt."
[7] Der Beitrag, der bei Klageerhebung und jedenfalls bis Mai 2019 noch abrufbar war, enthält weiter folgenden Text:
"Also mit Süssigkeiten überreden, geht für K schon ... Während eine ... Abgeordnete über häusliche Gewalt spricht, stellt ein ... -Abgeordneter die Zwischenfrage, wie die Rednerin zu einem Beschluss der ... in Nordrhein-Westfalen stehe, die Strafandrohung wegen sexueller Handlungen an Kindern solle aufgehoben werden. Doch statt der Rednerin ruft, laut Protokoll, K dazwischen: "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist!" Klingt das nicht, als wäre Sex mit Kindern ohne Gewalt okay?
Quelle: B ["SharePic"]"
[8] Eine Einwilligung in die Veröffentlichung ihres Bildnisses hatte die Klägerin dem Beklagten nicht erteilt.
[9] Die Klägerin erstattete am ... 03.2017 Strafanzeige gegen den Beklagten. Die Staatsanwaltschaft Berlin erhob am ... 2017 Anklage. Die Klägerin beantragte beim Amtsgericht Berlin-Tiergarten unter dem ... 2018, die Nebenklage zuzulassen. Nach einer Zuständigkeitsbestimmung durch den BGH wurde zwischenzeitig wurde vor dem Amtsgericht X Anklage gegen den Beklagten erhoben.
[10] Die Klägerin liess den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 29.01.2019 abmahnen und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung unter Fristsetzung bis zum 06.02.2019 auffordern (Anlage K4, Bl. 34 d.A.). Der Beklagte antwortete mit E-Mail vom 31.01.2019, dass bei ihm leider nichts zu holen sei (Anlage K5, Bl. 40 d.A.). Mit weiterer E-Mail schrieb der Beklagte (Anlage K6, Bl. 41 d.A.):
"Das Ding wird doch eh verhandelt. Ist kein Zitat. Sie können doch hier nicht vor Urteil erwarten, dass ich ihr Schmierblatt unterschreibe :D wie hohl sind Sie eigentlich?"
[11] Für das Abmahnschreiben macht die Klägerin Kosten in Höhe einer 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 50.000,- EUR in Höhe von insgesamt 1.822,96 geltend.
[12] Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.01.2019 liess die Klägerin den Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Geldentschädigung mit Fristsetzung bis zum 12.02.2019 auffordern (Anlage K7, Bl. 42 d.A.). Dies wies der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 08.02.2019 zurück (Anlage K8, Bl. 45 d.A.). Zur Begründung führte er aus, dass der Unterlassungsanspruch verwirkt sein dürfte. Er berufe sich zudem auf das ihm zustehende Laienprivileg. Die Äusserung der Klägerin aus dem Jahr 1986 sei so zitiert, wie der Durchschnittsleser sie in der Sitzung des [Landesparlaments] und dem Artikel der "B" habe verstehen dürfen.
[13] Für das Forderungsschreiben macht die Klägerin Kosten in Höhe einer 1,3-Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 15.000,- EUR in Höhe von insgesamt 1.029,35 geltend.
[14] Auf den Antrag der Klägerin hat die Kammer dem Beklagten mit Beschluss vom 15.05.2019 (Az. 2-03 O 194/19) die Äusserung gemäss dem Klageantrag zu I.2, die er zusätzlich bei Facebook veröffentlicht hatte, untersagt. Auf den Widerspruch des Beklagten hin hat die Kammer die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 05.12.2019 bestätigt (veröffentlicht unter BeckRS 2019, 31428 und JurPC Web-Dok. 12/2020).
[15] Die Klägerin trägt vor, dass sie die ihr vom Beklagten in den Mund gelegte Äusserung im Jahr 1986 nicht getätigt habe. Zwar habe sie die Worte "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist" in der Debatte im Jahr 1986 von sich gegeben, diese seien jedoch aus dem Zusammenhang der Debatte und des Zwischenrufs des ... -Abgeordneten gerissen und zeichneten ein falsches Bild des Aussagegehalts der Äusserung der Klägerin.
[16] Die Klägerin behauptet, es sei unwahr, dass sie Geschlechtsverkehr zwischen Kindern und Erwachsenen billigen würde, solange keine Gewalt im Spiel sei. Sie habe zu keinem Zeitpunkt Geschlechtsverkehr mit Kindern - ganz gleich ob mit oder ohne Gewalt - befürwortet oder die Ansicht vertreten, dass sie es in Ordnung fände, wenn Erwachsene mit Kindern Geschlechtsverkehr hätten. Die Debatte selbst habe nicht von Geschlechtsverkehr, sondern von Gewalt an Kindern gehandelt. Die Klägerin habe darauf hinweisen wollen, dass der ... -Abgeordnete, der sich mit dem Zwischenruf Gehör verschaffte, vom eigentlichen Thema "Gewalt" abgewichen sei. Dies habe die Klägerin in dem "B"-Artikel, den der Beklagte zitiert habe, bereits klargestellt.
[17] Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Durchschnittsleser die Äusserung in der Überschrift des Blog-Beitrages (Antrag zu I.1) als Tatsachenbehauptung verstehe. Der Klägerin werde unterstellt, sie befürworte oder akzeptiere Geschlechtsverkehr zwischen Erwachsenen und Kindern, solange dieser nicht mit Gewalttätigkeiten verbunden sei. Es handele sich um eine so genannte innere Tatsache, die der Beklagte auf eine Äusserung der Klägerin im Rahmen einer aufgeheizten politischen Debatte vor 33 Jahren stütze. Die Äusserung werde nicht als Meinungsäusserung verstanden, sondern als tatsächliche Behauptung, dass die Klägerin durch ihr Handeln und ihre Worte zum Ausdruck gebracht habe, sie würde die ihr nachgesagte Einstellung tatsächlich vertreten. Die Äusserung des Beklagten diene allein der Diffamierung der Klägerin.
[18] Die der Klägerin unterstellte Äusserung aus einer aufgrund verschiedener Eingriffe und Zwischenrufe hitzig und unübersichtlich verlaufenden Debatte sei aus dem Zusammenhang gerissen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Äusserung liege beim Beklagten.
[19] Die Äusserung des Beklagten sei auch unzulässig, weil der Beklagte wesentliche, aus Sicht des Durchschnittslesers für die Klägerin entlastende Umstände nicht mitgeteilt habe. Insbesondere habe der Beklagte es unterlassen zu offenbaren, dass die Äusserung der Klägerin schon vor mehr als 30 Jahren getroffen worden und daher nicht aktuell sei und dass die Klägerin in dem Beitrag der "B" ausdrücklich klargestellt habe, dass ihre damalige Äusserung missverstanden worden sei und eine ganz andere Bedeutung gehabt habe. Trotz positiver Kenntnis dieser Umstände habe der Beklagte in die Äusserung der Klägerin einen Sinngehalt hineingedeutet, den die Klägerin bereits ausdrücklich widerrufen habe. Es liege ein Paradefall der Verbreitung von "Fake-News" vor. Der Beklagte könne sich auch nicht auf das Laienprivileg berufen, das bei derart offensichtlichen Rechtsverstössen nicht greife.
[20] Bei der in dem "SharePic" angegebenen Äusserung (Antrag zu I.2) handele es sich um ein Falschzitat. Der Durchschnittsleser verstehe solche Bilder mit Text ("SharePics") dahingehend, dass es sich hierbei um ein Zitat handele. Hinzu komme, dass die Gestaltung des Beitrages, den der Beklagte mit einer eigenen Überschrift versehen habe, dazu beitrage, dass die Äusserung im Bild als Zitat der Klägerin verstanden werde.
[21] Die Bildnisveröffentlichung (Antrag zu I.3) sei gemäss §§ 22, 23 KUG unzulässig. Der unwahre Textbericht könne die Veröffentlichung nicht rechtfertigen.
[22] Die Klägerin könne auch Zahlung einer angemessenen Geldentschädigung verlangen. Der Beklagte habe gewusst, dass es sich nicht um ein Zitat handele, was sich aus der vorgerichtlichen E-Mail vom 31.01.2019 ergebe. Es liege eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung vor, denn der Vorwurf, die Klägerin billige Sexualverkehr mit Kindern, solange keine Gewalt im Spiel sei, sei in hohem Masse stigmatisierend. Der Klägerin stehe auch keine anderweitige Abwehrmöglichkeit zur Verfügung, dies gelte umso mehr, als bei einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild geringere Anforderungen an den Entschädigungsanspruch zu stellen seien. Der Beklagte verspreche sich von diffamierenden und rechtsverletzenden Äusserungen eine grössere Breitenwirkung, zumal er in dem Blog Werbung für seinen Online-Shop betreibe.
[23] Auch der Feststellungsantrag zu V. sei begründet, da der Beklagte vorsätzlich gehandelt habe. Es sei zu erwarten, dass der Beklagte sich einer Vollstreckung entziehen wolle.
[24] Die Ansprüche seien nicht verwirkt, da sie als Dauerhandlung noch nicht einmal verjährt seien. Die Klägerin habe ursprünglich den hiesigen Anspruch im Adhäsionsverfahren geltend machen wollen. Nachdem sich das Strafverfahren jedoch massiv verzögert habe, sei es ihr nicht mehr zuzumuten gewesen, diesen Weg zu gehen.
[25] Die Klägerin beantragt mit ihrer am 21.05.2019 zugestellten Klage,
I. 1. den Beklagten zu verurteilen, es künftig zu unterlassen, über die Klägerin zu behaupten und/oder zu verbreiten bzw. behaupten oder verbreiten zu lassen:
"K findet Kinderficken ok, solange keine Gewalt im Spiel ist",
2. durch die Darstellung: [Bild der Klägerin mit Text "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist, ist der Sex mit Kindern doch ganz ok. Ist mal gut jetzt."] den Eindruck zu erwecken, die Unterlassungsgläubigerin habe gesagt:
"Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist, ist der Sex mit Kindern doch ganz ok. Ist mal gut jetzt.",
3. das nachfolgende Bildnis der Unterlassungsgläubigerin öffentlich zur Schau zu stellen / stellen zu lassen und/oder zu verbreiten / verbreiten zu lassen, [Bild der Klägerin] wenn 1., 2. und 3. geschehen wie am 30. Oktober 2016 auf dem Blog "X" unter https://... (vgl. Anlage K3),
II. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin eine Geldentschädigung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die mindestens aber EUR 15.000,- beträgt,
III. den Beklagten zu verurteilen, die Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Höhe von EUR 1.822,96 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2019 zu zahlen,
IV. den Beklagten zu verurteilen, die weiteren Kosten der vorgerichtlichen Inanspruchnahme der Prozessbevollmächtigten der Klägerin in Höhe von EUR 1.029,35 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.02.2019 zu zahlen,
V. festzustellen, dass den Forderungen gem. Ziff. II. bis IV nebst hieraus jeweils resultierender Zinsforderungen eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zugrunde liegt.
[26] Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
[27] Der Beklagte ist der Auffassung, dass er sich auf das so genannte Laienprivileg berufen könne. Die Klägerin habe den Zwischenruf im konkreten Zusammenhang nicht bestritten. Einer Zustimmung zur Veröffentlichung von Bildnissen der Klägerin bedürfe es bei ihr als Person der Zeitgeschichte nicht. Die Klägerin könne weder Unterlassung noch Geldentschädigung verlangen, nachdem sie jahrelang die Veröffentlichung geduldet habe.
[28] Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
[29] Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das für den Feststellungsantrag zu V. gemäss § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Das Interesse an einer Feststellung des Bestehens einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung ergibt sich aus den §§ 850f Abs. 2 ZPO bzw. 302 InsO.
[30] Die Klage ist überwiegend auch begründet.
[31] 1. Die Klägerin kann vom Beklagten aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG Unterlassung der angegriffenen Äusserung gemäss dem Antrag zu I.2 ("SharePic") verlangen.
[32] a. Wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH NJW 2016, 789 Rn. 20; BGH NJW 2016, 56 Rn. 29; BGH NJW 2014, 2029 Rn. 22; jew. m.w.N.).
[33] Hier ist das Schutzinteresse der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG mit dem Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit gemäss Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK abzuwägen.
[34] Stehen sich als widerstreitende Interessen - wie vorliegend - die Meinungs- bzw. Pressefreiheit und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht gegenüber, kommt es für die Zulässigkeit einer Äusserung massgeblich darauf an, ob es sich um Tatsachenbehauptungen oder Meinungsäusserungen handelt (LG Köln, Urt. v. 10.06.2015 - 28 O 564/14 Rn. 33).
[35] Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen massgeblich vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie für den Betroffenen nachteilig sind - jedenfalls, wenn sie nicht die Intim-, Privat- oder Vertraulichkeitssphäre, sondern die Sozialsphäre betreffen (BVerfG NJW 1999, 1322, 1324) -, unwahre dagegen nicht (BVerfG NJW 2012, 1643 Rn. 33). Ausserhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 GG stehen - abgesehen von solchen Tatsachenbehauptungen, die von vornherein Dritten nicht zur Meinungsbildung dienen können (BGH GRUR-RR 2008, 257 Rn. 12 m.w.N.) - aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äusserung feststeht, denn an der Aufrechterhaltung und Weiterverbreitung herabsetzender Tatsachenbehauptungen, die als unwahr anzusehen sind, besteht unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit regelmässig kein schützenswertes Interesse (BGH GRUR 2014, 693 Rn. 23 - Sächsische Korruptionsaffäre). Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug geniessen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (BGH GRUR 2013, 312 - IM Christoph; BGH GRUR 2014, 693 Rn. 23 - Sächsische Korruptionsaffäre).
[36] Bei der Frage, ob eine Äusserung ihrem Schwerpunkt nach als Tatsachenbehauptung oder als Meinungsäusserung anzusehen ist, kommt es entscheidend auf den Gesamtkontext der fraglichen Äusserung an (vgl. BVerfG AfP 2013, 389, juris-Rn. 18). Von einer Tatsachenbehauptung ist auszugehen, wenn der Gehalt der Äusserung entsprechend dem Verständnis des Durchschnittsempfängers der objektiven Klärung zugänglich ist und als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offen steht. Soweit eine Tatsachenbehauptung mit einem Werturteil verbunden ist bzw. beides ineinander übergeht, ist darauf abzustellen, was im Vordergrund steht und damit überwiegt. Wird eine Äusserung in entscheidender Weise durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt oder ist der tatsächliche Gehalt der Äusserung so substanzarm, dass er gegenüber dem Wertungscharakter in den Hintergrund tritt, liegt eine Meinungsäusserung vor. Vom Überwiegen des tatsächlichen Charakters ist auszugehen, wenn die Wertung sich als zusammenfassender Ausdruck von Tatsachenbehauptungen darstellt (vgl. Wenzel/Burkhardt, Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl. 2018, Kap. 4 Rn. 50 ff.).
[37] Hierbei sind Äusserungen entsprechend dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittsempfängers zu interpretieren (Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 4 Rn. 4; Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl. 2019, § 14 Rn. 6; jew. m.w.N.).
[38] b. Bei der angegriffenen Äusserung handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung. Denn der Durchschnittsbetrachter der angegriffenen Äusserung versteht die Äusserung im Gesamtkontext so, dass die Klägerin die abgebildete Äusserung - gleich eines Zitats - getätigt hat. Der Kammer ist bekannt, dass Bilder wie das hier streitgegenständliche, die eine Person und eine Äusserung enthalten, häufig zur Wiedergabe von Zitaten, auch im kritischen Kontext verwendet werden. Dies entspricht auch dem - vom Beklagten nicht bestrittenen - Sachvortrag der Klägerin.
[39] Die Kammer erachtet dieses Verständnis des Durchschnittslesers auch - im Sinne eines Eindrucks bzw. einer verdeckten Tatsachenbehauptung (vgl. dazu BGH NJW 2000, 656 - Korruptionsvorwurf; BGH NJW 2006, 601; BGH AfP 2017, 48; OLG Köln AfP 2014, 902; OLG Stuttgart NJW-RR 2014, 487, 488; Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 12 Rn. 86 m.w.N.; Soehring/Hoene, a.a.O., § 16 Rn. 84) - als zwingend.
[40] Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte die Äusserung im Bild nicht in Anführungszeichen gesetzt hat. Denn auch ohne diese Verdeutlichung schreibt der Durchschnittsbetrachter der Klägerin die angegriffene Äusserung als Zitat zu.
[41] Der Eindruck wird auch nicht durch die Wiedergabe eines Ausschnitts des "B"-Beitrags ausgeräumt. Denn dieser ist ersichtlich nur ein Auszug aus dem Beitrag.
[42] Der Eindruck, dass die Klägerin die angegriffene Äusserung so wie abgebildet getätigt hat, wird im konkreten Fall noch dadurch verstärkt, dass das vom Beklagten verwendete Bildnis der Klägerin lediglich den Kopf der Klägerin zeigt und die Klägerin auf dem Bild den Mund geöffnet hat, wodurch im Gesamtkontext der Eindruck wie bei einer Sprechblase (vgl. dazu LG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.02.2019 - 2-03 O 190/18, S. 16) erzeugt wird.
[43] Zusätzlich verdeutlicht der Beklagte für den Durchschnittsleser, dass es sich um eine tatsächliche Behauptung handelt, indem er eine Quelle für seine Äusserung angibt. Der Durchschnittsleser wird daher davon ausgehen, dass diese Quelle als Belegfunktion dient und dort die Behauptung des Beklagten bzw. die Äusserung der Klägerin ebenfalls zu finden sein wird.
[44] c. Der vom Beklagten hervorgerufene Eindruck ist falsch und verletzt die Klägerin unzulässig in ihrem Persönlichkeitsrecht.
[45] Es ist insofern anerkannt, dass es als persönlichkeitsrechtsverletzend anzusehen ist, einer Person per Zitat eine Äusserung unterzuschieben, die sie gar nicht getätigt hat. Die Zuordnung einer bestimmten Aussage zu einer bestimmten Person in der Form des wörtlichen Zitats enthält die jedenfalls inzidente Behauptung, der Zitierte habe sich so geäussert, wie er zitiert wird (BGH NJW 2011, 3516 - Das Prinzip Arche Noah; BVerfG NJW 2013, 774 - Das Prinzip Arche Noah; Soehring/Hoene, a.a.O., § 16 Rn. 96). An die Genauigkeit von Zitaten werden hohe Anforderungen gestellt. Dies betrifft auch den Kontext, in den der zitierte Satz oder Satzteil gestellt wird (Soehring/Hoene, a.a.O., § 16 Rn. 96). Zulässig kann ein Zitat sein, wenn es ein zutreffendes Bild von der Aussage des Zitierten zeichnet (BGH NJW 2011, 3516; Soehring/Hoene, a.a.O., § 16 Rn. 97). Wesentlich kann aber insoweit auch eine angebliche besondere Wortwahl des Betroffenen sein, zumal er als "Zeuge gegen sich selbst" angeführt wird (vgl. BVerfG NJW 1993, 2925, 2926).
[46] Die angegriffene Äusserung hat die Klägerin in dieser Form nicht getätigt. Denn die Klägerin hat lediglich die Worte "Komma, wenn keine Gewalt im Spiel ist" von sich gegeben, nicht jedoch die weiteren, ebenfalls der Klägerin zugeschriebenen Worte.
[47] Darüber hinaus ist der Klägerin zuzugeben, dass der Beklagte selbst die Worte, die die Klägerin tatsächlich geäussert hat, ausserhalb ihres Kontexts wiedergibt. Durch den angegriffenen Beitrag des Beklagten entsteht nämlich beim Durchschnittsleser der Eindruck, dass es sich um eine im weiteren Sinne noch aktuelle Äusserung der Klägerin handelt. Dass die Äusserung, die der Beklagte zur Grundlage seines Beitrages gemacht hat, jedoch über 30 Jahre zurückliegt, offenbart der Beklagte nicht.
[48] Die Äusserung ist auch nicht aufgrund der Angabe "Quelle: B" und dem vom Beklagten verlinkten Beitrag und dessen Inhalt anders zu verstehen. Denn der Gesamtkontext der Äusserung erstreckt sich nicht auf den Inhalt des verlinkten Beitrages. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Durchschnittsleser des angegriffenen Beitrages auch der Verlinkung zur angeblichen Quelle folgt und den dortigen - im Ausdruck als Anlage B3 immerhin vierseitigen und mit "Lesedauer: 4 Minuten" gekennzeichneten - Beitrag zur Kenntnis nehmen wird.
[49] d. Der Beklagte kann sich auch nicht auf das so genannte "Laienprivileg" berufen.
[50] Im allgemeinen gilt, dass eine unbewiesene Tatsachenbehauptung herabsetzenden Charakters nicht deswegen zulässig wird, weil sie auch von anderen unwidersprochen aufgestellt worden ist. Allerdings kann in Situationen, in denen die nachteilige Behauptung zunächst unwidersprochen in der Presse oder anderen öffentlich zugänglichen Quellen erschienen ist, vom Einzelnen nicht die besondere Sorgfaltspflicht verlangt werden, die der Presse obliegt. Vom einzelnen darf eine vergleichbare Sorgfalt nur verlangt werden, soweit er Tatsachenbehauptungen aus seinem eigenen Erfahrungs- und Kontrollbereich aufstellt. Dagegen ist es ihm bei Vorgängen von öffentlichem Interesse, namentlich solchen aus nicht transparenten Politik- und Wirtschaftsbereichen, regelmässig nicht möglich, Beweise oder auch nur Belegtatsachen aufgrund eigener Nachforschungen beizubringen. Er ist insoweit vielmehr auf die Berichterstattung durch die Medien angewiesen (BVerfG NJW 1992, 1439, 1442 - Bayer; Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 12 Rn. 136).
[51] Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Denn der Beklagte hat sich gerade nicht darauf beschränkt, diejenigen Tatsachen wiederzugeben, die vorliegend in dem von ihm in Bezug genommenen Artikel der "B" wiedergegeben werden. Er hat vielmehr eine weitere, darüber hinausgehende Sachaussage gemacht. Darüber hinaus hat der Beklagte die der Klägerin zugeschriebene Äusserung auch aus dem Sachkontext gelöst, den der "B"-Artikel herstellt und hat insbesondere auch die dort enthaltene Darstellung der Klägerin, dass es sich um ein Missverständnis handele, nicht wiedergegeben. Es war dementsprechend keinesfalls so, dass der Beklagte zu Vorgängen berichtet hat, die sich seiner Einsichtsmöglichkeit entziehen. Er hat vielmehr auch aus seiner Sicht erkennbar falsche Tatsachen dargestellt. Hierauf bezieht sich das "Laienprivileg" nicht.
[52] e. Der Anspruch der Klägerin ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch nicht verwirkt. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass eine Verwirkung ausscheidet, solange Verjährung nicht eingetreten ist. Hier hat der Beklagte den angegriffenen Beitrag nach seinen Angaben bis Mai 2019, also wohl bis zum Erlass der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 15.05.2019, öffentlich abrufbar gehalten. Verjährung ist damit gerade noch nicht eingetreten.
[53] Darüber hinaus fehlt es für die Verwirkung auch am so genannten Umstandsmoment. Denn die Klägerin hat durch ihre Strafanzeige und den Antrag auf Zulassung der Nebenklage gerade nicht signalisiert, dass sie ihre Rechte nicht geltend machen werde. Der Beklagte konnte sich dementsprechend gerade nicht darauf verlassen, dass die Klägerin ihre Ansprüche nicht mehr verfolgen werde.
[54] 2. Die Klägerin kann vom Beklagten auch die Unterlassung der Äusserung gemäss dem Klageantrag zu I.1 "K findet Kinderficken ok, solange keine Gewalt im Spiel ist" verlangen.
[55] Die angegriffene Äusserung stellt sich aus Sicht des Durchschnittslesers als eine Wiedergabe des Beklagten zur inneren Einstellung der Klägerin dar.
[56] Äusserungen zu Absichten, Motiven und Vorstellungen sind in der Regel Werturteile und keine Tatsachenbehauptungen. Sie werden auch als "innere Tatsachen" bezeichnet. Es kommt bei Äusserungen, die als innere Tatsachen anzusehen sind, darauf an, ob sie mit äusseren Tatsachen begründet oder durch sie gestützt werden, die ihrerseits dem Beweis zugänglich sind (OLG Karlsruhe NJW-RR 2008, 856; Soehring/Hoene, a.a.O., § 14 Rn. 5 m.w.N.). So können Äusserungen beispielsweise als Tatsachenbehauptungen eingestuft werden, wenn sie sich unmittelbar aus eigenen Äusserungen des Betroffenen ergeben und dieser daher hieran in der Öffentlichkeit festzuhalten ist (Seitz, Gegendarstellung, 5. Aufl. 2017, Kap. 6 Rn. 86). Ausreichend kann es auch sein, wenn in der konkreten Berichterstattung Geschehnisse dargestellt werden, die eine Klärung der Motivlage des Betroffenen anhand äusserer Indiztatsachen möglich erscheinen lassen (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 04.09.2019 - 16 W 35/19: "X soll in äusserster Sorge sein, insbesondere um seine Tochter"; "ausgeschlossen, dass er zulässt ...").
[57] In Anwendung dieser Grundsätze handelt es sich bei der angegriffenen Äusserung um eine Tatsachenbehauptung zur inneren Einstellung der Klägerin zum Thema Geschlechtsverkehr mit Kindern.
[58] Insoweit ist zum einen aus Sicht des Durchschnittslesers Grundlage der Äusserung des Beklagten das (Falsch-) Zitat, das aber in dieser Form gerade von der Klägerin nicht geäussert wurde. Der Beklagte ruft in seinem Beitrag den Eindruck hervor, die Klägerin habe sich wie dargestellt geäussert und stützt hierauf seine Bewertung, die Klägerin finde "Kinderficken ok".
[59] Zum anderen stellt der Beklagte es durch seine Äusserung im Gesamtkontext so dar, als würde die der Klägerin zugeschriebene innere Tatsache beweisbar sein, da sich die Klägerin wie dargestellt geäussert habe. Durch die Angabe der Quelle ("B") versteht der Durchschnittsleser den Beitrag ferner so, dass sich dort ein Beleg für die innere Einstellung der Klägerin finden lasse. Tatsächlich enthält aber auch der verlinkte Beitrag der "B" keinen Beleg für diese innere Tatsache. Vielmehr enthält der Beitrag lediglich die von der Klägerin tatsächlich - vor 33 Jahren - getätigte Äusserung und stellt den Kontext dar. Auf dieser Grundlage bilden die Autoren des "B"-Artikels ihre - ausdrücklich als Frage formulierte (vgl. dazu BGH NJW 2017, 482) - geäusserte Meinung, dass das so klinge, als wäre Sex mit Kindern ohne Gewalt okay. Darüber hinaus enthält der verlinkte "B"-Artikel (Anlage B3, Bl. 62 d.A.) die Darstellung der Klägerin, dass es sich um ein Missverständnis handele. Sie habe auf etwas anderes hinweisen wollen. Sie habe nie dafür gestimmt, einvernehmliche Sexualität zwischen Kindern und Erwachsenen zu legalisieren.
[60] Der Eindruck einer Tatsachenbehauptung wird darüber hinaus dadurch verstärkt, dass der Beklagte seine Äusserung im Präsens formuliert ("findet ... okay"), was der Durchschnittsleser als einen Hinweis auf eine aktuell vorliegende Einstellung der Klägerin versteht.
[61] An konkreten Belegen für die angegriffene Äusserung, dass nämlich die Klägerin eine bestimmte Einstellung gehabt habe, fehlt es jedoch insgesamt.
[62] Da die angegriffene Tatsachenbehauptung sich abträglich auf die Ehre der Klägerin auswirkt, greift gemäss § 186 StGB eine Beweislastumkehr, so dass der Beklagte die Beweislast für seine Behauptung trägt (vgl. Wenzel/Burkhardt, a.a.O., Kap. 12 Rn. 139; Soehring/Hoene, a.a.O., § 30 Rn. 46). Wie oben dargestellt, ist der "B"-Beitrag zum Beweis der inneren Einstellung der Klägerin gerade nicht geeignet, zumal er nur eine Interpretation einer Äusserung enthält. Weiteren Beweis hat der Beklagte nicht angetreten.
[63] 3. Die Klägerin kann ferner vom Beklagten die Unterlassung der weiteren Veröffentlichung des Bildnisses gemäss dem Klageantrag zu I.3 aus den §§ 823, 1004 BGB i.V.m. §§ 22 f. KUG, Art. 85 DSGVO verlangen.
[64] Die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin im konkreten, angegriffenen Kontext verletzt das Persönlichkeitsrecht der Klägerin in unzulässiger Weise.
[65] a. Die Zulässigkeit von Bildnisveröffentlichungen ist nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zu beurteilen (BGH GRUR 2007, 527 - Winterurlaub m.w.N.). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit ihrer Einwilligung verbreitet werden (§ 22 S. 1 KUG). Hiervon besteht allerdings gemäss § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber wiederum nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten gemäss § 23 Abs. 2 KUG verletzt werden (BGH GRUR 2013, 1065 Rn. 10 - Eisprinzessin Alexandra).
[66] Schon die Beurteilung, ob Abbildungen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG sind, erfordert eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits. Der für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, massgebende Begriff des Zeitgeschehens umfasst alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Dazu können neben politischen und gesellschaftlichen Ereignissen auch Veranstaltungen gehören, und zwar auch dann, wenn sie nur regionale Bedeutung haben. Ein Informationsinteresse besteht allerdings nicht schrankenlos, vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismässigkeit begrenzt (BGH GRUR 2013, 1065 Rn. 12 - Eisprinzessin Alexandra; BGH GRUR 2008, 1024 - Shopping mit Putzfrau auf Mallorca).
[67] Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden (BGH GRUR 2019, 866 Rn. 12 - Eine Mutter für das Waisenkind; BGH GRUR 2009, 150 Rn. 14 - Karsten Speck).
[68] Bei der Prüfung der Frage, ob und in welchem Ausmass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leistet und welcher Informationswert ihr damit beizumessen ist, ist von erheblicher Bedeutung, welche Rolle dem Betroffenen in der Öffentlichkeit zukommt. Der EGMR unterscheidet zwischen Politikern ("politicians/personnes politiques"), sonstigen im öffentlichen Leben oder im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Personen ("public figures/personnes publiques") und Privatpersonen ("ordinary persons/personnes ordinaires"), wobei einer Berichterstattung über letztere engere Grenzen als in Bezug auf den Kreis sonstiger Personen des öffentlichen Lebens gezogen werde und der Schutz der Politiker am schwächsten sei (BGH GRUR 2019, 866 Rn. 14 - Eine Mutter für das Waisenkind m.w.N.).
[69] b. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Verwendung des Bildnisses der Klägerin unzulässig.
[70] Eine Einwilligung gemäss § 22 KUG liegt nicht vor, auf eine solche beruft sich der Beklagte auch nicht.
[71] Der Beklagte kann sich in Abwägung der widerstreitenden Interessen aber auch nicht auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen.
[72] Hierbei war zu beachten, dass die - auch kritische - Auseinandersetzung mit Politikern, die nach der Rechtsprechung des EGMR im Bereich des Persönlichkeitsrechts am wenigstens schutzwürdig sind, und hierbei auch die Auseinandersetzung mit ihren Äusserungen zulässig ist und in sich als zeitgeschichtliches Ereignis hinreichen können. Dies zeigt sich z.B. an den von der Klägerin auf S. 14/15 der Klageschrift (Bl. 16/17 d.A.) vorgelegten "SharePics", die Äusserungen von Politikern wiedergeben und teils mit kritischen Meinungsäusserungen versehen. Diese Form der Auseinandersetzung mit Politikern und ihren Positionen ist unter Berücksichtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Grundsätze der §§ 22, 23 KUG grundsätzlich als zulässig anzusehen.
[73] Nach § 23 Abs. 2 KUG kann jedoch das berechtigte Interesse des Abgebildeten überwiegen. So kann insbesondere die Veröffentlichung von manipulierten Aufnahmen unzulässig sein, wenn der Aussagegehalt der Abbildung verfälscht worden ist (BVerfG GRUR 2005, 500, 502; EGMR AfP 2017, 36; Wandtke/Bullinger-Fricke, UrhG, 5. Aufl. 2019, § 23 KUG Rn. 44), wobei auch Umstände ausserhalb des eigentlichen Bildnisses einzubeziehen sein können (Dreier/Schulze-Specht, UrhG, 6. Aufl. 2018, § 23 KUG Rn. 48), insbesondere - wie oben dargestellt - der Gesamtkontext der angegriffenen Berichterstattung. Insoweit kann es an dem legitimen Informationsinteresse der Öffentlichkeit fehlen, weil unrichtige Informationen grundsätzlich nicht als schützenswertes Gut anzusehen sind.
[74] Die Grenze der Zulässigkeit der Verwendung eines Bildnisses, durch das dem Abgebildeten eine Äusserung zugeschrieben wird, wird im Rahmen der Abwägung der von § 23 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 KUG in Anwendung dieser Grundsätze überschritten, wenn es sich bei der dem Abgebildeten zugeschriebenen Äusserung um falsche Tatsachenbehauptungen oder - wie hier - Falschzitate handelt.
[75] c. Bei der dargestellten Abwägung hat die Kammer ferner berücksichtigt, dass seit dem 25.05.2018 die DSGVO Geltung erlangt hat. Insoweit wendet die Kammer jedoch unter Berücksichtigung von Art. 85 DSGVO die §§ 22 f. KUG und die hierzu in der Rechtsprechung ergangenen Grundsätze mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO an (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.09.2018 - 2-03 O 283/18, ZD 2018, 2018, 587; so auch OLG Köln, Urt. v. 28.03.2019 - 15 U 155/18, BeckRS 2019, 13613 Rn. 26; OLG Köln, Urt. v. 21.11.2019 - 15 U 121/19, BeckRS 2019, 32379; vgl. auch LG Frankfurt a.M., Urt. v. 27.09.2018 - 2-03 O 320/17; Sydow/Specht, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 85 Rn. 13 ff.; Lauber-Rönsberg/Hartlaub, NJW 2017, 1057, 1060).
[76] 4. Auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist jeweils gegeben. Im Regelfall indiziert die Erstbegehung die Wiederholungsgefahr (ständige Rechtsprechung BGH NJW 2018, 3506 Rn. 26 - Direkt-Mailing; BGH NJOZ 2018, 194 Rn. 17; jew. m.w.N.). Im Allgemeinen gelingt eine Widerlegung der Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (BGH NJOZ 2018, 194 Rn. 17), die jedoch beklagtenseits verweigert wurde. Damit zeigt der Beklagte, dass nach wie vor Wiederholungsgefahr besteht (vgl. BGH GRUR 1998, 1045, 1046 - Brennwertkessel).
[77] 5. Die Klägerin kann vom Beklagten auch die Zahlung einer Entschädigung aus den §§ 823 Abs. 1, 253 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verlangen (Klageantrag zu II.).
[78] Die Zubilligung einer Geldentschädigung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Grundsätzlich löst aber nicht jede Rechtsverletzung bereits einen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens aus. Nur unter bestimmten erschwerenden Voraussetzungen ist das unabweisbare Bedürfnis anzuerkennen, dem Betroffenen wenigstens einen gewissen Ausgleich für ideelle Beeinträchtigungen durch Zubilligung einer Geldentschädigung zu gewähren. Das ist nur der Fall, wenn es sich aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Hierbei sind insbesondere die Art und Schwere der zugefügten Beeinträchtigung, die Nachhaltigkeit der Rufschädigung, der Grad des Verschuldens sowie Anlass und Beweggrund des Handelns zu berücksichtigen (vgl. BGH NJW 2010, 763, juris-Rn. 11 - Esra; BGH AfP 2012, 260, juris-Rn. 15; OLG Celle NJW-RR 2001, 335, juris-Rn. 11; Dreier/Schulze, a.a.O., §§ 33 ff. KUG, Rn. 22). Die Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dient insoweit zum einen der Genugtuung des Opfers und zum anderen der Prävention (BGH NJW 1996, 985, 987 - Kumulationsgedanke). Im Rahmen der Abwägung ist aber andererseits auch das Recht der freien Meinungsäusserung und der Pressefreiheit (Art. 5 GG) zu berücksichtigen. Die grundlegenden Kommunikationsfreiheiten wären gefährdet, wenn jede Persönlichkeitsrechtsverletzung die Gefahr einer Verpflichtung zur Zahlung einer Geldentschädigung in sich bergen würde. Die Zuerkennung einer Geldentschädigung kommt daher nur als "ultima ratio" in Betracht, wenn die Persönlichkeit in ihren Grundlagen betroffen ist (LG Köln, Urt. v. 10.10.2012 - 28 O 195/12 Rn. 23 - juris). Einen Gesichtspunkt für die Frage, ob ein derart schwerwiegender Eingriff vorliegt, stellt auch die Form der Berichterstattung dar. Zeigt das Bildnis den Betroffenen in einer Position, die geeignet ist, ihn der Lächerlichkeit preiszugeben, kann dies für das Bedürfnis einer Entschädigung sprechen. Gleiches gilt für die zugehörige Textberichterstattung, wenn sie geeignet ist, den Betroffenen in den Augen der Öffentlichkeit in ein ungünstiges Licht zu rücken (vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 2009, 1273; LG Köln, Urt. v. 10.10.2012 - 28 O 195/12). Dabei kann bei der gebotenen Gesamtwürdigung auch ein erwirkter Unterlassungstitel in Ansatz gebracht werden, weil dieser und die damit zusammenhängenden Ordnungsmittelandrohungen den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschliessen können (vgl. BGH NJW 2010, 763, juris-Rn. 11 - Esra; BGH AfP 2012, 260, juris-Rn. 15).
[79] In Anwendung dieser Grundsätze war der Klägerin eine Entschädigung in der tenorierten Höhe zuzusprechen.
[80] Bei der erforderlichen Abwägung hat die Kammer berücksichtigt, dass der Beklagte aus dem "B"-Artikel wusste, dass sich die Klägerin nicht wie von ihm dargestellt geäussert hat. Der Beklagte wusste ferner, dass die Klägerin sich - wie im "B"-Artikel angegeben - auch zu den Vorwürfen geäussert und geltend gemacht hatte, dass die Äusserung in einem anderen Kontext stand und missverstanden worden sei. Ferner hat die Klägerin dort auch deutlich gemacht, dass sie gerade nicht der Auffassung sei, die der Beklagte der Klägerin nunmehr zugeschrieben hat.
[81] Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte auch den zutreffenden Teil Äusserung der Klägerin aus dem Kontext gerissen und insbesondere nicht deutlich gemacht hat, dass es sich nicht um eine aktuelle Äusserung der Klägerin handelt, sondern um eine solche, die mehr als 30 Jahre her war.
[82] Die der Klägerin zugeschriebene Äusserung ohne Wiedergabe der Distanzierung ist auch geeignet, die Klägerin erheblich in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Dies ergibt sich bereits aus der Äusserung des Beklagten selbst, aber auch aus den Weiterungen der Veröffentlichung der Äusserungen der Klägerin, wie sie z.B. im Beschluss des LG Berlin vom 09.09.2019 (Az. 27 AR 17/19, MMR 2019, 754 = K&R 2019, 747 m. krit. Anm. Höch, K&R 2019, 680) zum Ausdruck kommen.
[83] Weiter war einzubeziehen, dass der Beklagte mit seinem Blog unstreitig eine erhebliche Reichweite erzielt, dass die angegriffenen Äusserungen über einen langen Zeitraum öffentlich gemacht wurden und auch der werblichen Nutzung dienten. Die Klägerin hat insoweit unbestritten vorgetragen, dass der Post zunächst 85.000 Interaktionen ausgelöst habe.
[84] Zudem hat die Kammer das "Nachtatverhalten" des Beklagten einbezogen. Auf die Abmahnung hin hat der Beklagte ebenfalls abwertend reagiert. Zusätzlich hat er - wie der Kammer aus dem Verfahren zwischen den Parteien zum Az. 2-03 O 194/19 bekannt ist - die Äusserung gemäss dem Klageantrag zu I.2 nach Erhebung der hiesigen Klage bei Facebook wiederholt und sogar durch entsprechende Werbung für eine grössere Reichweite gesorgt, wobei weitere 28.500 Personen mit dem Post interagierten, wie die Klägerin unbestritten vorgetragen hat.
[85] Auf der anderen Seite war mit Blick auf die Höhe der zuzusprechenden Entschädigung allerdings zu berücksichtigen, dass die Klägerin mittlerweile wegen des "SharePics" einen Unterlassungstenor vor der Kammer erwirkt hat und dieses dementsprechend - jedenfalls in der ursprünglichen Fassung - nicht mehr öffentlich abrufbar ist. Weiter hat die Kammer einbezogen, dass die Klägerin zwar bereits im Jahr 2017 Strafanzeige gegen den Beklagten erstattet hat, sie aber nicht bereits zu diesem Zeitpunkt unmittelbar gegen die Veröffentlichung selbst vorgegangen ist. Dies hat zwar nicht eine Verwirkung zur Folge, war aber bei der Bemessung der Entschädigung ein Gesichtspunkt, den die Kammer nicht ausser Acht lassen kann.
[86] Auch war einzustellen, dass die Grundlage der Äusserung des Beklagten - auch wenn sie falsch wiedergegeben und aus dem Kontext gerissen wurde - eine Äusserung der Klägerin selbst ist, die bereits im Jahr 2015 mehrfach Gegenstand von Veröffentlichungen war und die auch Grundlage möglicherweise zulässiger, berechtigter kritischer Meinungsäusserungen sein kann und war (vgl. insoweit Urteil der Kammer vom 30.01.2020 - 2-03 O 142/19).
[87] Schliesslich war einzubeziehen, dass es sich bei der Klägerin um eine überaus bekannte Politikerin handelt, die nach der Rechtsprechung des EGMR einen geringeren Schutz verdient und dementsprechend auch im öffentlichen Meinungskampf mehr hinnehmen muss als eine Privatperson. Dies schliesst selbstverständlich die Zuerkennung einer Geldentschädigung nicht aus, war aber ebenfalls bei der Bemessung der Höhe der Geldentschädigung einzubeziehen.
[88] 6. Die Klägerin kann vom Beklagten aus den §§ 683, 677, 670 BGB auch die mit dem Klageantrag zu III. geltend gemachten Abmahnkosten verlangen. Der von der Klägerin angesetzte Gegenstandswert von 50.000 EUR ist angesichts des schwerwiegenden Eingriffs, der hohen Verbreitung und der von der Klägerin unbestritten vorgetragenen werblichen Verwendung durch den Beklagten nicht übersetzt. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB.
[89] 7. Die Klägerin kann ferner aus den §§ 823 Abs. 1, 249 BGB vom Beklagten Ersatz der Kosten für das anwaltliche Forderungsschreiben bezüglich einer Entschädigung verlangen (Klageantrag zu IV.), jedoch nicht in der geltend gemachten Höhe. Insoweit war der tenorierte Entschädigungsbetrag als Gegenstandswert des Forderungsschreibens zu Grunde zu legen, so dass nur der in Bezug auf die Anwaltskosten tenorierte Betrag zuzusprechen war. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB.
[90] 8. Die Klägerin kann entsprechend den §§ 850f Abs. 2 ZPO, 302 Nr. 1 InsO auch die Feststellung verlangen, dass der Beklagte die Rechtsverletzung vorsätzlich begangen hat.
[91] Stellt der Schuldner eine unerlaubte Handlung in Abrede, ist es dem Gläubiger möglich, Feststellungsklage zu erheben (MünchKommZPO/Smid, 5. Aufl. 2016, § 850f Rn. 20 m.w.N.).
[92] Bei der streitgegenständlichen Persönlichkeitsrechtsverletzung handelt es sich auch um einen entsprechenden deliktischen Tatbestand, entweder aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 187 StGB.
[93] Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass der Beklagte vorsätzlich gehandelt hat. Der Beklagte hat sich ausweislich seines Beitrages auf den Artikel der "B" gestützt. In diesem ist die der Klägerin vom Beklagten zugeschriebene Aussage aber gerade nicht enthalten. Der Beklagte wusste daher, dass seine Sachaussage unzutreffend ist.
[94] 9. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, da das Unterliegen der Klägerin verhältnismässig geringfügig ist.
[95] 10. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

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Quelle Entscheidungstext: https://www.rv.hessenrecht.hessen.de (Land Hessen, vertreten durch das Hessische Ministerium für Justiz, Luisenstr. 13, 65185 Wiesbaden)

Textformat, Randnummern, Rechtschreibung, Thema, §§, Fundstellen, Instanzen: https://www.debier.de (debier-datenbank, Torsten Mahncke Rechtsanwalt Berlin)