Stasi-Vergangenheit

Der gute Ruf von Richtern ist wichtiger als Informationen über deren Stasi-Vergangenheit. Das OVG Berlin-Brandenburg hat die Forderung eines Journalisten zurück gewiesen, vom Justizministerium des Landes Brandenburg Auskunft über die Namen von 13 Richtern und einem Staatsanwalt zu erhalten, die mit der Stasi zusammen gearbeitet haben. Deren Persönlichkeitsrecht wiege höher als das Informationsinteresse der Bürger und Bürgerinnen.

Die namentliche Nennung würde zu einer “Stigmatisierung” der Betroffenen führen. Ausser dem hätte das Innenministerium die Art der Stasi-Mitarbeit bei der Anstellung als hinnehmbar eingestuft. Nun könne nach 20 Jahren unbescholtener Diensttätigkeit kein Fass mehr aufgemacht werden. (tm.)

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.10.2011 – OVG 10 S 33/11 –
Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1, 19 Abs. 4 GG,
Art. 21 Abs. 4 Verf BB
§§ 3 – 6 IFG
§ 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BbgPG
§§ 4 Abs. 1 S. 1, 29 Abs. 1, 43 Satz 1 StUG
§ 1 AIG (Brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationsgesetzes)

Leitsätze (tm.)

1. Zum Streit zwischen einem Journalisten und dem Brandenburgischen Justizministerium über die Verpflichtung zur Auskunfsterteilung hinsichtlich der Stasi-Vergangenheit von Richtern und Staatsanwälten.
2. Die Regelung des § 43 Satz 1 StUG (Stasi-Unterlagen-Gesetz) über die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Informationen geht dem in § 5 Abs. 1 BbgPG (Brandenburgischen Landespressegesetz) geregelten Auskunfstanspruch vor, soweit es um Auskunft über Vorgänge geht, die ihren Ursprung in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR haben.
3. Die Grundrecht auf Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG sichert als Abwehrrecht des Bürgers den Zugang zu allgemein zugänglichen Informationsquellen gegen staatliche Beschränkungen, gewährleistet aber kein Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle, ebenso wenig, wie das Grundrecht auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG.
4. Der presserechtliche Auskunftsanspruch soll dagegen für diejenigen, zu deren Aufgaben es gehört, andere zu informieren, Zugang auch zu den nicht allgemein zugänglichen Informationsquellen eröffnen.
5. Der Presserechtliche Auskunftsanspruch kann verweigert werden, wenn und soweit durch dessen Erfüllung ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse, wie etwa das allgemeine Persönlichkeitsrecht, verletzt würde. Ob dies der Fall ist, ist im Wege einer umfassenden Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem entgegenstehenden Interessen zu ermitteln. Dabei kann auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die zum Schutz des Persönlichkeitsrechts bei Eingriffen entwickelt worden sind.
6. Zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht gehört das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es beinhaltet die Befugnis des Einzelnen, selbst zu entscheiden, ob persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden Würde durch die Preisgabe von Namen bekannt, dass die Betroffenen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit waren, würde in dieses Recht eingegriffen.
7. Ist die ehemalige Zusammenarbeit eines öffentlichen Bediensteten mit dem Ministerium für Staatssicherheit bei der Einstellung als nicht so schwerwiegend eingestuft wurden, verpflichtet dies den Dienstherren unter dem Gesichtspunkt der dienstrechtlichen Fürsorgepflicht dazu, deren Identität nicht zu offenbaren, wenn ansonsten kein dienstliches Fehlverhalten vorliegt.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 18. Juli 2011 wird geändert.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft zu erteilen,
1. wie viele der neun Richter, die im Land Brandenburg in der ordentlichen Gerichtsbarkeit tätig sind und bei denen Hinweise auf eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik bestehen, derzeit bei einem Zivil- bzw. Strafgericht eingesetzt sind und in welcher Instanz der Einsatz erfolgt,
2. in welchen Fachgerichtsbarkeiten die weiteren vier Richter, bei denen Hinweise auf eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik bestehen, derzeit eingesetzt sind und in welcher Instanz der Einsatz erfolgt,
3. wie viele der 13 Richter, bei denen Hinweise auf eine Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik bestehen, sich in den vergangenen 21 Jahren mit Restitutionsverfahren nach dem Vermögensgesetz bzw. dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz beschäftigt haben.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller zu 3/4 und der Antragsgegner zu 1/4.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
[1] Der Antragsteller, der Chefreporter einer überregionalen Tageszeitung ist, begehrt Auskünfte im Zusammenhang mit der Tätigkeit von 13 Richtern und eines Staatsanwalts, bei denen nach Mitteilung des Antragsgegners vom 4. Mai 2011 Hinweise auf eine frühere Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR bestehen.

[2] Mit am Freitag, dem 8. Juli 2011, um 21.18 Uhr beim Antragsgegner eingegangenem Schreiben vom selben Tage begehrte der Antragsteller, ihm bis zum 12. Juli 2011, 12.00 Uhr, wie folgt Auskunft zu erteilen:
1. Welche belastenden Erkenntnisse liegen gegen die heute noch tätigen 13 Richter sowie gegen den heute noch tätigen Staatsanwalt im Einzelnen vor?
2. a) Wie heissen die 13 Richter?
b) Wo werden diese zur Zeit eingesetzt?
3. a) Wie heisst der Staatsanwalt?
b) Wo wird er zur Zeit eingesetzt?
4. Welche der 13 Richter beschäftigen sich aktuell bzw. beschäftigten sich in den letzten 21 Jahren mit Verfahren zur Aufarbeitung von DDR-Unrecht und/oder mit Restitutionsverfahren nach dem VermG und/oder DDR-Rehabilitierungsverfahren?

[3] Mit Schreiben vom 13. Juli 2011, das dem Antragsteller am selben Tag per Telefax übermittelt wurde, teilte ihm der Antragsgegner mit, das Auskunftsersuchen sei am 11. Juli 2011 eingegangen; es werde um Verständnis gebeten, dass für die Beantwortung eine angemessene Bearbeitungszeit benötigt werde.

[4] Am 15. Juli 2011 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Potsdam beantragt, den Antragsgegner im Wege einstweiliger Anordnung zur Auskunftserteilung zu verpflichten. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 18. Juli 2011 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es fehle am Anordnungsgrund, weil besondere Gründe, die ein Abwarten der vom Antragsgegner für die Prüfung der schwierigen Sach- und Rechtsfragen erbetenen Bearbeitungszeit nicht zumutbar erscheinen liessen, vom Antragsteller nicht glaubhaft gemacht worden seien.

[5] Mit Schreiben vom 18. Juli 2011, bei dem Antragsteller eingegangen am 22. Juli 2011, hat der Antragsgegner die begehrte Auskunft unter Hinweis auf den Vorrang des Stasi-Unterlagen-Gesetzes abgelehnt.

[6] Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter.

II.
[7] Die Beschwerde hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

[8] Ihrer Zulässigkeit steht – anders als der Antragsgegner meint – nicht entgegen, dass sich der Antragsteller gemäss § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO nicht ausreichend mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses auseinandergesetzt hat. Angesichts des Umstands, dass der Antragsgegner noch am Tag des Ergehens des angefochtenen Beschlusses inhaltlich über das streitgegenständliche Auskunftsgesuch entschieden hat, die Begründung des Beschlusses mithin überholt ist, genügt seitens des Antragstellers der Hinweis auf die – inzwischen vorliegende – ablehnende Entscheidung. Soweit der Antragsgegner geltend macht, das Beschwerdeverfahren diene ausschliesslich der Überprüfung der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts auf ihre Richtigkeit, so dass weder ein Fortsetzungsfeststellungsantrag noch eine erstmalige Antragstellung, eine Antragserweiterung oder sonstige Antragsänderung statthaft seien, verkennt er, dass all dies hier nicht vorliegt. Denn der Antragsteller hat an seinem bereits erstinstanzlich gestellten Antrag, der sich auch nicht erledigt hat, festgehalten. Ihn in dieser Situation darauf zu verweisen, sein Begehren erneut in der ersten Instanz geltend zu machen, widerspräche dem aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Grundsatz der Effektivität des Rechtsschutzes, ganz abgesehen davon, dass hierdurch zusätzliche (Gerichts-) Kosten entstünden.

[9] Das Beschwerdevorbringen, das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein Gegenstand der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts ist, rechtfertigt eine teilweise Änderung des angefochtenen Beschlusses. Denn der Antragsteller hat bei summarischer Prüfung hinsichtlich der Frage 2b) sowie Teilen der Frage 4 das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Bezüglich der Fragen 1, 2a) sowie 3a) und b) liegt hingegen kein Anordnungsanspruch vor.

[10] 1. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Auskunft über belastende Erkenntnisse, die beim Antragsgegner in Bezug auf die heute noch im Land Brandenburg tätigen 13 Richter und den Staatsanwalt vorliegen, bei denen Hinweise auf eine frühere Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR bestehen (Frage 1).

[11] a) Zwar steht ihm aus § 5 Abs. 1 des Brandenburgischen Landespressegesetzes (im Folgenden: BbgPG), wonach die Behörden verpflichtet sind, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen, grundsätzlich ein Auskunftsanspruch gegen den Antragsgegner zu. Der Antragsteller, der nach seinem vom Antragsgegner nicht in Zweifel gezogenen Vortrag Chefreporter einer überregionalen Tageszeitung ist, gehört zu den auskunftsberechtigten Personen. Er begehrt Auskunft über Fakten in Bezug auf einen bestimmten Tatsachenkomplex (vgl. zu dieser Voraussetzung Burkhardt in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006 – im Folgenden: Löffler/Burkhardt – § 4 LPG Rz. 78), nämlich zu den oben genannten belastenden Erkenntnissen. Das Auskunftsbegehen erfolgt auch zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Presse, die darin liegt, dass sie in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung mitwirkt (§ 3 Satz 1 BbgPG und Löffler/Burkhardt, a.a.O., Rz. 86). Denn es geht dem Antragsteller darum, in einer Angelegenheit, an der – wie nicht zuletzt die Mitteilung des Antragsgegners vom 4. Mai 2011 zeigt – die Öffentlichkeit Anteil genommen hat, Informationen zu erhalten, diese zu verbreiten und damit zur öffentlichen Diskussion dieses Themas beizutragen.

[12] Soweit es jedoch – wie hier – um Auskunft über Vorgänge geht, die ihren Ursprung in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR haben, wird der Auskunftsanspruch aus dem Landespressegesetz von den Vorschriften des Gesetzes über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (im Folgenden: Stasi-Unterlagen-Gesetz bzw. StUG) verdrängt. Nach § 43 Satz 1 StUG gehen die Regelungen dieses Gesetzes Vorschriften über die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Informationen in anderen Gesetzen vor. Darüber hinaus bestimmt § 4 Abs. 1 Satz 1 StUG, dass der Zugang zu Stasi-Unterlagen und deren Verwendung abschliessend im Stasi-Unterlagen-Gesetz geregelt sind. Das Stasi-Unterlagen-Gesetz ist damit lex spezialis gegenüber allen anderen, die Übermittlung solcher Informationen regelnden Gesetzen, soweit Daten und Informationen aus den Stasi-Unterlagen betroffen sind (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 27. Mai 1992 – OVG 8 S 71.92 -, LKV 1992, 417, juris). Dieser Vorrang gilt auch im Verhältnis zu den Landespressegesetzen (vgl. Rapp-Lücke in: Geiger/Klinghardt, StUG, 2. Aufl. 2006, § 43 Rz. 3; Bork, Die Berichterstattung über inoffizielle ?Stasi?-Mitarbeiter, ZIP 1992, 90, 93). Dieses Ergebnis wird bestätigt durch § 29 Abs. 1 StUG, wonach die vom Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (im Folgenden: Bundesbeauftragten) übermittelten personenbezogenen Daten grundsätzlich nur für die Zwecke verarbeitet werden dürfen, für die sie übermittelt worden sind, hier also für die Frage, ob die betreffenden Bediensteten in den Justizdienst des Landes Brandenburg übernommen werden konnten; für Auskünfte an die Presse sind keine Ausnahmen von der Zweckbindung vorgesehen.

[13] b) Dem Antragsteller steht gegenüber dem Antragsgegner auch kein Anspruch auf Auskunft nach §§ 32, 34 StUG zu. Unabhängig davon, ob die Voraussetzungen dieser Vorschriften erfüllt sind, wäre ein solcher Anspruch gegen den Bundesbeauftragten und nicht gegen den Antragsgegner zu richten.

[14] c) Der Auskunftsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 1 des Brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationsgesetzes (im Folgenden: AIG) oder Art. 20 (gemeint wohl: 21) Abs. 4 der Brandenburgischen Landesverfassung (im Folgenden: LV). Insoweit fehlt es bereits an der nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO erforderlichen Darlegung, da der Antragsteller sich im Beschwerdeverfahren darauf beschränkt hat, die Vorschriften (als Überschrift) zu nennen, jedoch jegliche inhaltliche Ausführungen hierzu unterlassen hat. Abgesehen davon würde auch gegenüber einem Anspruch aus § 1 AIG, wonach jeder nach Massgabe dieses Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten hat, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach den §§ 4 und 5 AIG entgegenstehen oder andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis enthalten, der oben dargestellte Vorrang des Stasi-Unterlagen-Gesetzes eingreifen. Entsprechendes gilt hinsichtlich Art. 21 Abs. 4 LV, der bestimmt, dass nach Massgabe des Gesetzes jeder das Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Kommunen hat, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen.

[15] d) Auch auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG lässt sich der Auskunftsanspruch nicht stützen. Als Abwehrrecht sichert die Informationsfreiheit den Zugang zu allgemein zugänglichen Informationsquellen gegen staatliche Beschränkungen. Die Norm gewährleistet aber nur das Recht, sich ungehindert aus einer schon für die allgemeine Zugänglichkeit bestimmten Quelle zu unterrichten. Zu ihrem Schutzbereich gehört hingegen nicht das Recht auf Eröffnung einer Informationsquelle. Erst nach Herstellung der allgemeinen Zugänglichkeit und nur in ihrem Umfang kann der grundrechtliche Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG betroffen sein (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 – 1 BvR 2623/95 und 622/99 -, DVBl 2001, 456, juris, Rz. 55 f.).

[16] Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle, wenn sie geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001, a.a.O., Rz. 56 m.w.N.). Da die begehrten Auskünfte auf Mitteilungen des Bundesbeauftragten beruhen, es sich der Sache nach also um Stasi-Unterlagen handelt, für deren Übermittlung bzw. Verarbeitung – wie bereits ausgeführt – vom Stasi-Unterlagen-Gesetz spezielle Anforderungen aufgestellt worden sind, liegt keine allgemein zugängliche Quelle vor. Vorliegend kommt hinzu, dass die Personalakten der betroffenen Landesbediensteten, in denen sich neben den vom Antragsteller begehrten Informationen eine Vielzahl weiterer, vertraulicher und personenbezogener Informationen befinden, grundsätzlich der Geheimhaltung unterliegen (vgl. § 94 Abs. 1, Abs. 5, § 95, § 98 LBG; vgl. auch VG Dresden, Beschluss vom 7. Mai 2009 – 5 L 42/09 -, AfP 2009, 301, juris, Rz. 94 m.w.N.) und schon aus diesem Grund keine allgemein zugängliche Quelle sein können.

[17] Soweit der Antragsteller meint, durch das Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (im Folgenden: IFG) habe sich die Rechtslage dahin geändert, dass amtliche Informationen des Bundes, insbesondere Behördenakten, nunmehr (stets) allgemein zugängliche Quellen seien, kann sich der Senat dem nicht anschliessen. Indem das IFG auf einfachgesetzlicher Grundlage Ansprüche auf Zugang zu amtlichen Informationen regelt, geht es über den Schutzbereich der grundgesetzlich geschützten Informationsfreiheit hinaus und gewährt – sofern keine Ausschlussgründe nach §§ 3 – 6 IFG vorliegen – Zugang zu (bisher) nicht allgemein zugänglichen Quellen. Für die Reichweite des grundgesetzlichen Schutzes der Informationsfreiheit kann hieraus jedoch nichts abgeleitet werden. Ein direkter Anspruch aus dem IFG, der vom Antragsteller schon nicht geltend gemacht worden ist, scheidet im Übrigen unabhängig davon, dass es sich beim Antragsgegner nicht um eine Bundes-, sondern um eine Landesbehörde handelt, bereits deshalb aus, weil auch insoweit der Vorrang des Stasi-Unterlagen-Gesetzes eingreifen würde.

[18] Auch die – vom Antragsteller nicht einmal explizit angeführte – Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährt ihm keinen Anspruch auf die begehrten Auskünfte. Denn auch zu deren Schutzbereich gehört kein Recht auf Eröffnung einer – nicht allgemein zugänglichen – Informationsquelle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. März 2008 – 1 BvR 282/01 -, NJW-RR, 2008, 1069, juris, Rz. 11 und – zum Auskunftsanspruch der Presse gegenüber einer Rundfunkanstalt – BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984 – BVerwG 7 C 139/81 -, NJW 1985, 1655, juris, Rz. 23 ff.; OVG Bln-Bbg, Urteil vom 22. Juni 2011 – OVG 10 B 1.11 -, juris Rn. 41).

[19] 2. Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf namentliche Benennung der 13 Richter und des Staatsanwalts (Fragen 2a) und 3a) des Auskunftsersuchens).

[20] a) Zwar sind – wie bereits unter 1. ausgeführt – die Voraussetzungen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs nach § 5 Abs. 1 BbgPG grundsätzlich erfüllt. Jedoch steht dem Antragsgegner nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 BbgPG ein Auskunftsverweigerungsrecht zu. Angesichts dessen kann dahinstehen, ob auch bezüglich der Angabe der Namen der unter 1. dargestellte Vorrang des Stasi-Unterlagen-Gesetzes gilt. Hierfür könnte sprechen, dass mit der Bekanntgabe der Namen der betroffenen Richter und des Staatsanwalts an den Antragsteller für diesen zugleich erkennbar würde, dass über diese Personen (höchstwahrscheinlich) belastende Stasi-Unterlagen existieren; andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Angabe des Namens noch nichts über den konkreten Inhalt der Stasi-Unterlagen besagt.

[21] Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 BbgPG können Auskünfte verweigert werden, wenn und soweit ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Als im Falle einer Auskunftserteilung betroffenes privates Interesse kommt hier insbesondere das von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Bediensteten in Betracht. Allerdings löst nicht bereits jede Verletzung privater Interessen die Sperrwirkung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 BbgPG aus; vielmehr muss die Verletzung schutzwürdiger privater Interessen zu befürchten sein. Ob die betroffenen privaten Interessen schutzwürdig sind, ist im Wege einer umfassenden Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den entgegenstehenden privaten Interessen zu ermitteln (vgl. nur OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 11. November 2010 – OVG 10 S 32.10 -, AfP 2010, 621, juris, Rz. 5 und Löffler/Burkhardt, a.a.O., Rz. 111, jeweils m.w.N.). Dabei kann auf die Grundsätze zurückgegriffen werden, die zum Schutz des Persönlichkeitsrechts bei Eingriffen entwickelt worden sind. Zu beachten ist hierbei neben dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit unter anderem, in welche Sphäre des Persönlichkeitsrechts, die Öffentlichkeits-, die Privat- oder die am strengsten zu schützende Intimsphäre eingegriffen wird, inwieweit derjenige, über den die Behörde um Information ersucht wird, dies durch eigenes Verhalten veranlasst hat, welche Funktion derjenige, über den die Presse Auskunft begehrt, im öffentlichen Leben wahrnimmt, welche Schwere die Beeinträchtigung und ihre Folgen voraussichtlich haben werden und das Mass des öffentlichen Informationsinteresses (vgl. VerfG Bbg, Beschluss vom 21. April 2005, – 56/04 -, LKV 2005, 401, juris, Rz. 33; OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 11. November 2010, a.a.O., Rz. 5; OVG Berlin, Urteil vom 25. Juli 1995 – OVG 8 B 16/94 -, NVwZ-RR 1997, 32, juris, Rz. 37 m.w.N; VG Dresden, Beschluss vom 7. Mai 2009, a.a.O., Rz. 97 und Löffler/Burkhardt, a.a.O., Rz. 112). Im vorliegenden Fall geht diese Abwägung zugunsten des Persönlichkeitsrechts der betroffenen Bediensteten aus.

[22] Hinter dem einfachgesetzlich im Landespressegesetz konkretisierten Informationsanspruch der Presse steht die grundgesetzlich in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte Pressefreiheit. Die freie und unabhängige Presse ist im freiheitlich demokratischen Staatswesen von besonderer Bedeutung. Sie dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung und ist in ihrer Eigenständigkeit von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen geschützt. In den Schutzbereich fällt der gesamte Bereich publizistischer Vorbereitungstätigkeit, denn erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Presse in die Lage, die ihr in der freiheitlichen Demokratie eröffnete Rolle wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2000 – 1 BvR 1307/91 -, NJW 2001, 503, juris, Rz. 13; BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984, a.a.O., Rz. 25 und OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 11. November 2010, a.a.O., Rz. 6, jeweils m.w.N.). Der medienrechtliche Auskunftsanspruch soll für diejenigen, zu deren Aufgaben es gehört, andere zu informieren, Zugang auch zu den nicht allgemein zugänglichen Informationsquellen eröffnen, sonst wäre seine Konstituierung sinnlos, weil Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG – wie ausgeführt – das Recht auf Zugang zu allgemein zugänglichen Informationsquellen ohnehin gewährleistet. Ihm liegt die Erwägung zugrunde, dass die Medien, die die allgemein zugänglichen Quellen, aus denen sich jedermann ungehindert zu informieren berechtigt ist, im Wesentlichen erst schaffen, ihrerseits nicht auf dieselben rückverwiesen werden können. Sie müssen, um andere zu informieren, zunächst einmal selbst informiert sein. Dazu müssen sie sich Einblick auch in nicht allgemein zugängliche Quellen verschaffen können, also auch in das Innere der Verwaltung und die dortigen Vorgänge (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 25. Juli 1995, a.a.O., Rz. 30 m.w.N.). Die Bewertung des Informationsanliegens obliegt grundsätzlich der Presse selbst. Diese muss nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält und was nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. August 2000, a.a.O., Rz. 29). Die Verwertung der erbetenen Auskünfte fällt allein in die redaktionelle Verantwortung des jeweiligen Presseorgans, wobei grundsätzlich darauf zu vertrauen ist, dass die Presse sich ihrer Verantwortung bewusst ist und insbesondere die Grundsätze des Pressekodex und die dazu ergangenen Richtlinien beachtet. Allein die Möglichkeit einer Persönlichkeitsrechte verletzenden Berichterstattung reicht nicht aus, um den presserechtlichen Auskunftsanspruch zu verneinen (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 11. November 2010, a.a.O., Rz. 11 m.w.N).

[23] Auch wenn der Antragsteller, der als Chefreporter einer überregionalen Tageszeitung vom Schutzbereich der Pressefreiheit erfasst wird, hierzu kaum etwas dargelegt hat, ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein öffentliches Interesse an der Mitteilung der Namen derjenigen Richter bzw. des Staatsanwalts, bei denen Hinweise auf eine frühere Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit gegeben sind, besteht. Nicht nur die Opfer des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes interessiert es, wer von den heutigen Richtern bzw. Staatsanwälten des Landes Brandenburg zu DDR-Zeiten Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit war.

[24] Diesem öffentlichen Informationsinteresse ist das ebenfalls grundgesetzlich geschützte Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) gegenüberzustellen, wobei weder dem Schutzbedürfnis der Persönlichkeit noch der Pressefreiheit verfassungsrechtlich ein Vorrang einzuräumen ist (vgl. nur Löffler/Steffen, a.a.O., § 6 LPG Rz. 41 m.w.N.). Die namentliche Nennung der betroffenen Bediensteten würde einen Eingriff in das ihnen – auch als Amtsträgern (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2004 – BVerwG 3 C 41/03 -, NJW 2004, 2462, juris, Rz. 30) – zustehende allgemeine Persönlichkeitsrecht bedeuten. Zwar würde die Erteilung der begehrten Auskunft die Privatsphäre der Betroffenen nicht in der Weise berühren, dass es um die Verletzung privater Rückzugsbereiche oder um das Recht am gesprochenen Wort ginge (vgl. [zum Auslegen einer Liste über inoffizielle Stasi-Mitarbeiter] BVerfG, Beschluss vom 23. Februar 2000 – 1 BvR 1582/94 -, NJW 2000, 2413, juris, Rz. 33; vgl. auch BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1999 – 1 BvR 653/99 -, BVerfGE 101, 361, juris, Rz. 66 ff., insb. 73 ff.; BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2004, a.a.O., Rz. 28 f.). Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG schützt aber auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, d.h. die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 – 1 BvR 209/83 u.a. -, BVerfGE 65, 1, juris, Rz. 146 m.w.N). Indem mit der Preisgabe der Namen der Richter und des Staatsanwalts zugleich bekannt würde, dass die Betroffenen (höchstwahrscheinlich) Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit waren, würde in dieses Recht eingegriffen. Der Eingriff hätte erhebliche Folgen, da er zu einer Stigmatisierung der Betroffenen führen würde. Diese wären quasi “gebrandmarkt”, ihre richterliche bzw. staatsanwaltschaftliche Tätigkeit würde von der Öffentlichkeit “mit Argusaugen” überwacht, es bestünde die Gefahr, dass sowohl – ggf. lange – zurückliegende als auch aktuelle Entscheidungen oder sonstige dienstliche Tätigkeiten, allein weil sie von einem ehemaligen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit stammen, in der Öffentlichkeit kritisch kommentiert würden. Das – private und dienstliche – Ansehen der Betroffenen könnte beschädigt werden, sie sähen sich möglicherweise Anfeindungen ausgesetzt, die aus dem Kollegen- bzw. Mitarbeiterkreis, von den Rechtssuchenden oder den anderen Verfahrensbeteiligten oder auch aus ihrem privaten Freundes- und Bekanntenkreis stammen könnten. Anders als in dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Februar 2000 zugrundeliegenden Fall (vgl. a.a.O.), in dem es um eine 4.500 Namen umfassende Liste angeblicher inoffizieller Stasi-Mitarbeiter ging, die von dem dortigen Beschwerdeführer durch Auslegen in seinen Büroräumen öffentlich zugänglich gemacht worden war, ist die Anzahl der Betroffenen hier mit insgesamt 14 sehr überschaubar, ausserdem handelt es sich beim Antragsteller um einen Redakteur einer überregionalen Tageszeitung, so dass mit einer erheblichen Breitenwirkung einer möglichen Veröffentlichung der Namen gerechnet werden muss. Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Betroffenen, auch wenn sie als Richter und Staatsanwalt für den Rechtsstaat besonders wichtige Funktionen innehaben, von sich aus nie das ?Licht der Öffentlichkeit? gesucht, sondern sich – soweit ersichtlich – nach ihrer Übernahme in den Justizdienst des Landes Brandenburg “unauffällig” verhalten haben. Dementsprechend beruht die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs nicht auf aktuellem oder früherem dienstlichen Verhalten eines der betroffenen Richter oder des Staatsanwalts im Zusammenhang mit ihrer heutigen Tätigkeit, sondern auf der durch eine Kleine Anfrage an die Landesregierung (erneut) aufgekommenen Frage nach ehemaligen Stasi-Mitarbeitern in Behörden – hier: Justizbehörden – des Landes Brandenburg. Damit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von den Fällen, in denen etwa im Zusammenhang mit einem gegenwärtigen Ermittlungsverfahren Auskünfte zu dessen Inhalt begehrt werden oder sonst Auskunft bezogen auf ein aktuelles, von der Öffentlichkeit bemerktes Verhalten des Betroffenen verlangt wird. Zu berücksichtigen ist weiter, dass eine mögliche Tätigkeit der betroffenen Bediensteten für das Ministerium für Staatssicherheit, über die diese nach der Mitteilung des Antragsgegners vom 4. Mai 2011 anlässlich ihrer Einstellung auch nicht getäuscht haben, inzwischen mehr als 20 Jahre zurückliegt, dass sie seit Jahren im Justizdienst des Landes Brandenburg stehen und vor ihrer Übernahme in denselben von den Richterwahl- oder Staatsanwaltsberufungsausschüssen einer Prüfung unterzogen worden sind. Insoweit ergibt sich aus der Antwort der Brandenburgischen Landesregierung auf die Kleine Antrage 1201 vom 13. April 2011 (Landtags-Drucksache 5/3093), dass bei Feststellungen zu einer Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit deren Art und Umfang, die Schwere des Schadens, der den Opfern durch diese Zusammenarbeit entstehen konnte, die Gründe für die Aufnahme der Tätigkeit und ihre Beendigung sowie das Lebensalter des Betroffenen im Wege einer Einzelfallprüfung abgewogen und – unter Berücksichtigung des Willens zur Neuorientierung – in ein angemessenes Verhältnis zur angestrebten Funktion gesetzt worden sind. Nach den gemeinsamen Entscheidungsgrundsätzen sollte nicht berufen werden, wer über die normalen richterlichen Dienstpflichten hinaus mit dem Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet hatte. Massgeblich für die Frage, ob ein Bediensteter für den öffentlichen Dienst zumutbar war oder nicht, waren seine Funktion im Ministerium für Staatssicherheit und sein Verhalten nach Beendigung der Zusammenarbeit. Soweit in Einzelfällen Richter und Staatsanwälte übernommen worden seien, bei denen Anhaltspunkte oder Nachweise für eine haupt- oder nebenamtliche Mitarbeit für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR festgestellt worden waren, sei die Mitarbeit von den Richterwahl- und Staatsanwaltsberufungsausschüssen im Ergebnis als nicht so schwerwiegend eingestuft wurden, dass sie einer Übernahme entgegengestanden hätte. Die vor mehr als 20 Jahren getroffene Entscheidung des Landes Brandenburg, auch ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit, deren frühere Tätigkeit von den hierfür zuständigen Ausschüssen als hinnehmbar eingeschätzt wurde, zu Richtern bzw. Staatsanwälten zu ernennen, verpflichtet den Antragsgegner unter dem Gesichtspunkt der dienstrechtlichen Fürsorgepflicht, deren Identität – jedenfalls wenn kein dienstliches Fehlverhalten vorliegt – nicht zu offenbaren. Nach alledem kann der Antragsteller trotz der Bedeutung, die dem Auskunftsanspruch für die Tätigkeit der Presse in einer Demokratie zukommt, die Angabe der Namen der betroffenen Bediensteten nicht verlangen.

[25] b) Der vom Antragsteller geltend gemachte Auskunftsanspruch folgt auch nicht aus §§ 32, 34 StUG, § 1 AIG, Art. 21 Abs. 4 LV oder Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Insoweit kann zunächst auf die entsprechenden Ausführungen oben unter 1b) und c) verwiesen werden. Im Hinblick auf § 1 AIG und Art. 21 Abs. 4 LV kommt hinzu, dass aufgrund der oben unter 2a) dargestellten Erwägungen der Auskunftserteilung jeweils überwiegende private Interessen entgegenstünden.

[26] 3. Schliesslich steht dem Antragsteller auch kein Anspruch auf Auskunft über den gegenwärtigen Einsatzort des betroffenen Staatsanwalts zu (Frage 3b) des Auskunftsersuchens). Zwar sind auch insoweit – wie bereits ausgeführt – die Voraussetzungen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs nach § 5 Abs. 1 BbgPG dem Grunde nach erfüllt. Jedoch steht dem Antragsgegner wiederum ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäss § 5 Abs. 2 Nr. 3 BbgPG zu. Wie unter Gliederungspunkt 2a) dargelegt, geht, soweit vom Antragsteller die namentliche Bezeichnung des betroffenen Staatsanwalts begehrt wird, die in diesem Rahmen vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten des Persönlichkeitsrechts des Bediensteten aus. Auskunft über den derzeitigen Einsatzort des betroffenen Staatsanwalts kann danach nur begehrt werden, wenn dies unter Wahrung seiner Anonymität möglich ist. Angesichts der geringen Zahl der bei der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg beschäftigten Staatsanwälte, von der im Hinblick auf die Formulierung des Auskunftsersuchens (?Staatsanwalt?) noch die weiblichen Bediensteten in Abzug zu bringen sind (laut Handbuch der Justiz 2010/2011, S. 163, insgesamt zwölf, davon vier Frauen), wäre für den Fall, dass der Betroffene bei der genannten Behörde tätig ist, aller Voraussicht nach mit seiner Identifizierung zu rechnen. Vor diesem Hintergrund besteht kein Anspruch auf Mitteilung, ob der betroffene Staatsanwalt gegenwärtig bei der Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg oder bei einer der Staatsanwaltschaften (Cottbus, Frankfurt/Oder, Neuruppin und Potsdam) eingesetzt wird.

[27] 4. a) Bei summarischer Prüfung ist allerdings davon auszugehen, dass dem Antragsteller bezüglich des Einsatzbereichs bzw. Tätigkeitsfelds der betroffenen Richter (Frage 2b) sowie Teile der Frage 4) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ein Auskunftsanspruch aus § 5 Abs. 1 BbgPG und damit ein Anordnungsanspruch zusteht. Insoweit kann sich der Antragsgegner nicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 5 Abs. 2 BbgPG berufen. Denn solange die Information über den Einsatz von Bediensteten, bei denen Hinweise auf eine frühere Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit bestehen, in anonymisierter Form, die keine Rückschlüsse auf die konkret Betroffenen zulässt, erfolgt, stehen ihr keine schutzwürdigen privaten Interessen oder sonstigen Verweigerungsgründe nach § 5 Abs. 2 BbgPG entgegen.

[28] Der Auskunftsanspruch ist durch die vom Antragsgegner in seiner Mitteilung vom 4. Mai 2011 gemachten Angaben, wonach von den betroffenen Richtern vier in den Fachgerichtsbarkeiten und neun in der ordentlichen Gerichtsbarkeit tätig sind, noch nicht erfüllt. Vielmehr sind unter Wahrung der Anonymität der Betroffenen auch Informationen dazu möglich, in welchem Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit (Zivilrecht oder Strafrecht) und in welcher Instanz (Amtsgericht, Landgericht oder Oberlandesgericht) die dort tätigen neun Richter derzeit eingesetzt sind, wobei die Angaben jeweils auf die Gesamtzahl der Bediensteten zu beziehen sind (Anzahl der strafrechtlich bzw. zivilrechtlich Beschäftigten, Anzahl der bei einem Amts-, Land- bzw. beim Oberlandesgericht Beschäftigten). Hinsichtlich der weiteren vier Richter ist mitzuteilen, in welchen Fachgerichtsbarkeiten (Arbeitsgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit, Verwaltungsgerichtsbarkeit oder Finanzgerichtsbarkeit) und in welcher Instanz der Einsatz gegenwärtig erfolgt.

[29] Soweit der Antragsteller Auskunft dazu begehrt, wie viele der betroffenen Richter aktuell bzw. in den letzten 21 Jahren mit Restitutionsverfahren nach dem Vermögensgesetz oder mit ?DDR-Rehabilitierungsverfahren? befasst sind oder waren, ist ihm in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Auskunft zu erteilen. Wegen der Möglichkeit einer Identifizierung des/der Betroffenen verbieten sich Angaben zu der aktuellen Beschäftigung mit den genannten Rechtsgebieten.

[30] Das weitere Begehren in Frage 4, auch Auskunft darüber zu erhalten, welche der 13 Richter sich aktuell oder in den letzten 21 Jahren mit ?Verfahren zur Aufarbeitung von DDR-Unrecht? beschäftigen bzw. beschäftigt haben, hat dagegen keinen Erfolg. Es ist zu unbestimmt, um einen Informationsanspruch zu begründen, da nicht eindeutig feststellbar ist, über welche Arten von Verfahren der Antragsteller unterrichtet werden möchte.

[31] b) Soweit dem Antragsteller danach ein Anspruch auf Auskunftserteilung zusteht, liegt auch ein Anordnungsgrund für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung vor. Der Antragsteller begehrt zwar eine Vorwegnahme der Hauptsache, die grundsätzlich dem Wesen und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens widerspricht. Ein Abwarten auf den Ausgang eines noch anhängig zu machenden Hauptsacheverfahrens würde vorliegend jedoch den geltend gemachten Auskunftsanspruch möglicherweise faktisch leerlaufen lassen. Denn das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hängt massgeblich von der Aktualität der Berichterstattung ab, weshalb die Presse zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf eine zeitnahe Informationsbeschaffung angewiesen ist (vgl. OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 11. November 2010, a.a.O., Rz. 16.; BayVGH, Beschluss vom 13. August 2004 – 7 CE 04.1601 -, NJW 2004, 3358, juris, Rz. 27; VG Dresden, Beschluss vom 7. Mai 2009, a.a.O., Rz. 105, jeweils m.w.N.). Da es dem Antragsteller hier darum geht, sich an der gegenwärtig aktuellen Diskussion über mögliche Stasi-Belastungen von Justizbediensteten des Landes Brandenburg zu beteiligen, benötigt er die Auskünfte jetzt und nicht zu einem ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft. Im Hinblick auf den verfassungsrechtlich verbürgten Wert der Pressefreiheit und das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ist in diesem Fall die Vorwegnahme der Hauptsache in Kauf zu nehmen.

[32] Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs.1, Abs. 2 GKG, wobei der Senat den Auffangwert zugrunde gelegt und im Hinblick auf die begehrte tatsächliche Vorwegnahme der Hauptsache keine Halbierung des Betrages vorgenommen hat.

[33] Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Quelle: http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/ (Die Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, 10785 Berlin mit juris GmbH, 66117 Saarbrücken)

Format, Leitsätze, Randnummern und Rechtschreibung: http://www.debier.de (debier-datenbank, RA Torsten Mahncke, Berlin