db-ergebnis: Nr. 2 von 2

db-nummer: lgköln-0014O-2015-00283

Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, die Fotografie des Klägers wie aus der Anlage K3 ersichtlich durch Einbindung in einen Internetauftritt zu vervielfältigen bzw. vervielfältigen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen bzw. machen zu lassen, wenn dies geschieht wie aus der Anlage K2 zur Klageschrift ersichtlich.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 930,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. März 2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 10% und die Beklagte zu 90%.
Das Urteil ist hinsichtlich der Unterlassung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 EUR, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
[1] Der Kläger ist beruflich als Fotograf tätig. Der Beklagte betreibt den Internetauftritt http://www.anonym- .de.
[2] Der Kläger schloss mit der Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH, einer von dem Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks e.V. gegründeten GmbH, die sich auf die Ausstellungs- und Werbeaktivitäten des Deutschen Friseurhandwerks und der Deutschen Friseurhandwerks Betriebe konzentriert und diese Werbeaktivitäten poolt, zwei Verträge zur Herstellung von Fotografien, die die Frisur Mode der Saisons Herbst/Winter 2013/2014 und Frühjahr/Sommer 2014 zum Gegenstand hatten. Grundlage für die Verträge waren die Angebote des Klägers wie aus den Anlagen K8 (Bl. 73 der Akte) und K9 (Bl. 4 und 70 der Akte) ersichtlich. Darin heisst es, der Kläger werde Fotoaufnahmen erstellen, "die für das Magazin "Y" und für weitere Verwendungen der Ausstellung- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH genutzt werden".
[3] Zu Grunde lagen jeweils auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten, wie sie aus der Anlage K1 (Bl. 11 der Akte) ersichtlich sind. Darin heisst es in 5.3:
"Eine Nutzung der Bilder ist grundsätzlich nur in der Originalfassung zulässig. Jede Änderung oder Umgestaltung (z.B. Montage, fototechnische Verfremdung, Kolonisierung) und jede Veränderung bei der Bildwiedergabe (z.B. Veröffentlichung in Ausschnitten) bedarf der vorherigen Zustimmung des Bildautors. Hiervon ausgenommen ist lediglich die Beseitigung ungewollter Unschärfen oder farblicher Schwächen mittels elektronischer Retusche."
[4] In 5.4 heisst es:
"Bei jeder Bildveröffentlichung ausgenommen bei Aufnahmen für die Werbung ist der Bild Autor als Urheber zu benennen. Die Benennung muss beim Bild erfolgen. Wenn mehrere Bilder zusammenhängend veröffentlicht werden ist auch eine einmalige Nennung des Bildautors an einem der Bilder mit mit einem Vermerk, der sichtbar macht, dass alle gezeigten Bilder vom Bildautors sind zulässig."
[5] In 6.3 heisst es:
"Bei der digitalen Erfassung der Bilder muss der Name des Bildautors mit den Bilddaten elektronisch verknüpft werden. Der Auftraggeber hat ausserdem durch geeignete technische Vorkehrungen sicherzustellen, dass diese Verknüpfung bei jeder Datenübermittlung, bei der Übertragung der Bilddaten auf andere Datenträger, bei der Wiedergabe auf einem Bildschirm sowie bei jeder öffentlichen Wiedergabe erhalten bleibt und der Bildautor jederzeit als Urheber des Bildes identifiziert werden kann."
[6] Der Beklagte lieferte die von ihm hergestellten Fotografien an die Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH. Die Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH verwendete die Bilder in den beiden "Y"-Heften für Herbst/Winter 2013/14 sowie für Frühjahr/Sommer 2014 (Anlagen K4 und K5). Darin war der Kläger jeweils auf Seite 63 im Impressum als Fotograf benannt. Die Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH hat die ihr von dem Kläger eingeräumten Nutzungsrechte unter anderem auch an den Beklagten weitergegeben.
[7] Der Beklagte nutzte die Original-Fotografie des Klägers (Anlage K3, Bl. 15 der Akte) oben und unten stark beschnitten auf seinem Internetauftritt wie aus der Anlage K2 (Bl. 13 der Akte) ersichtlich, ohne den Kläger als Fotografen zu benennen. Die Nutzung erfolgte jedenfalls in der Zeit von Januar 2014 bis zum 23. Februar 2015.
[8] Mit anwaltlichem Schreiben vom 20. Februar 2015 liess der Kläger den Beklagten abmahnen und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung, zur Auskunft sowie zur Zahlung von Schadensersatz auffordern. Eine Unterlassungsverpflichtungserklärung hat der Beklagte nicht abgegeben; er hat auch keine Auskunft erteilt und keine Zahlungen an den Kläger geleistet.
[9] Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm neben dem Unterlassungsanspruch ein Anspruch auf Auskunft gemäss § 101 UrhG zustehe. Ferner begehrt der Kläger eine angemessene Entschädigung in Geld gemäss § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG. Der Höhe nach berechnet er den Anspruch unter Heranziehung der Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing MFM für das Jahr 2014. Dazu ist er der Auffassung, dass eine Erhöhung des üblichen Bildhonorars von 30% angemessen erscheine, da es sich bei seinen Fotografien um über das übliche Mass hinausgehende Qualität handele und die Lichtbildwerke künstlerischen Anspruch hätten, wobei eine eigenständige schöpferische Leistung mit einer überdurchschnittlichen Qualität vorliege. Die Höhe des Geldentschädigungsanspruchs stellt er in das Ermessen des Gerichts, wobei er allerdings der Auffassung ist, dass etwa 200 % des erhöhten Lizenzvertrages der MFM 2014 anzusetzen seien. Die Veränderung des Lichtbildwerkes stelle einen massiven Eingriff in die Integrität des hergestellten Werkes dar. Gerade der künstlerische Anspruch des Klägers an seinen urheberrechtlichen Werken werde durch die Veröffentlichung in der hier veränderten Form komplett zerstört. Er sei durch die Veröffentlichung lediglich eines kleinen Ausschnitts, indem seine schöpferische Leistung kaum mehr zur Geltung komme, massiv in seinem Urheberpersönlichkeitsrechts verletzt. Der Kläger gehe davon aus, dass seit Mai 2014 das Lichtbild in den Internetauftritt des Beklagten in der verletzenden Form eingebunden sei.
[10] Darüber hinaus fordert der Kläger materiellen Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie, wobei er wiederum 130 % des Honorars der MFM 2014 ansetzt und einen 100-prozentigen Aufschlag für die unterlassene Namensnennung des Klägers hinzusetzt.
[11] Erstmals mit Schriftsatz vom 26. Januar 2016 äussert der Kläger seine Auffassung, dass die Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH nicht berechtigt gewesen sei, die vom Kläger hergestellten Fotografien an Dritte zur Werbung weiterzugeben und ihnen entsprechende Nutzungsrechte einzuräumen, da sie vom Kläger derartige Rechte nicht erhalten habe.
[12] Der Kläger hat ursprünglich mit dem Antrag zu 2 aus der Klageschrift beantragt, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Zeitraum er die im Klageantrag zu 1 abgebildete Fotografie in veränderter Form auf der Internetseite http://www.anonym- .de veröffentlicht hat.
[13] Diesen Antrag haben die Parteien schriftsätzlich übereinstimmend für erledigt erklärt.
[14] Ursprünglich hatte der Kläger den Klageantrag zu 1 aus der Klageschrift wie folgt angekündigt: Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, die folgende Fotografie in veränderter Form durch Einbindung in einen Internetauftritt zu vervielfältigen bzw. vervielfältigen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen bzw. machen zu lassen:
(Es folgt eine Bilddarstellung)
[15] Der Kläger beantragt nunmehr, den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, die Fotografie des Klägers wie aus der Anlage K3 ersichtlich durch Einbindung in einen Internetauftritt zu vervielfältigen bzw. vervielfältigen zu lassen und/oder öffentlich zugänglich zu machen bzw. machen zu lassen, wenn dies geschieht wie aus der Anlage K2 zur Klageschrift ersichtlich;
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger eine angemessene Entschädigung in Geld, dessen Höhe ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. März 2015 zu zahlen;
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1209,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. März 2015 zu zahlen.
[16] Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
[17] Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Nutzung gemäss § 39 Abs. 2 UrhG zulässig gewesen sei, da der Kläger die Genehmigung zu den von den Beklagten vorgenommenen Änderungen nach Treu und Glauben nicht versagen könne. Die Veränderung halte sich im Rahmen des Werbezwecks, auch sei die Frisur erkennbar. Die Fotografie des Klägers sei vom Beklagten zugeschnitten worden, damit Sie in den Textverlauf der Webseite passe; irgendwelche inhaltlichen Änderungen habe der Beklagte nicht vorgenommen.
[18] Die Akten Landgericht Köln, Az. 14 O 167/15 sowie Az. 14 O 73/15, lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
[19] Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien vorgelegten Unterlagen und Schriftstücke Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
[20] Die Klage ist teilweise begründet.
[21] 1. Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Unterlassung des öffentlichen Zugänglichmachens und des Vervielfältigens des streitgegenständlichen, aus der Anlage K 3 ersichtlichen Lichtbildes gemäss § 97 Abs. 1 UrhG, wenn dies geschieht wie aus der Anlage K2 ersichtlich.
[22] a) In der Neuformulierung des Unterlassungsantrags ist keine teilweise Klagerücknahme enthalten. Zwar kann auch in einer Klagebeschränkung im Sinne von § 264 Nr. 2 ZPO eine teilweise Klagerücknahme liegen (vgl. etwa Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. § 264 Rn. 4a). Eine (teilweise) Klagerücknahme liegt aber nur dann vor, wenn der Kläger durch öffentlich rechtliche Prozesshandlung auf gerichtlichen Rechtsschutz (teilweise) verzichtet (vgl. etwa Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. § 269 Rn. 1). An letzterem fehlt es. Denn der Kläger hat durch die Neuformulierung seines Unterlassungsantrages keinen Verzicht auf gerichtlichen Rechtsschutz im vorstehenden Sinne erklärt. Dies ergibt die Auslegung seiner Prozesshandlungen, die grundsätzlich auslegungsfähig und -bedürftig sind, wobei die Auslegungsregeln des materiellen Rechts entsprechende Anwendung finden (vergleiche Greger in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., vor § 128, Rn. 25 mit weiteren Nachweisen). Zwar hat der Kläger ursprünglich dem Wortlaut nach Unterlassung der Einbindung seines Lichtbildes "in veränderter Form" in einen Internetauftritt beantragt. Das Begehren des Klägers richtete sich indes von vornherein (nur) gegen die in der Anlage K2 konkretisierte Nutzung seines Lichtbildes. Aus dem Klagevorbringen sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, die ein weitergehendes Klageziel erkennen liessen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das in einem Unterlassungstitel ausgesprochene Verbot über die mit der verbotenen Form identischen Handlungen hinaus auch im Kern gleichartige Abwandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt, umfasst. Das gilt auch dann, wenn das Verbot auf die konkrete Verletzungsform beschränkt ist (vergleiche BGH, Beschluss vom 3. April 2014 " I ZB 42/11 " Reichweite des Unterlassungsgebots). Vor diesem Hintergrund dürfte ein Verstoss gegen das vertraglich zwischen dem Kläger und der GmbH vereinbarte Gebot, die Bilder nur in der Originalfassung zu nutzen, grundsätzlich erfasst sein.
[23] b) Zu der Beschneidung des Fotos des Klägers oben und unten war der Beklagte nicht berechtigt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte von der Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH im Ausgangspunkt wirksam ein Nutzungsrecht zur Fotonutzung erhalten hat. Denn auch dann, wenn dies mit der Auffassung des Beklagten unterstellt wird, wäre die Beschneidung von einem derartigen Nutzungsrecht nicht umfasst gewesen. Denn die Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH hat dem Beklagten nicht das Recht zur Bearbeitung in der von ihm vorgenommenen Weise übertragen (können). Massgeblich für den Umfang der Nutzungsrechte, welche die Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH dem Beklagten übertragen konnte, sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers, die Bestandteil seines Vertrages mit der Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH geworden sind. Darin heisst es in 5.3, dass die Nutzung der Bilder grundsätzlich nur in der Originalfassung zulässig ist und jede Änderung oder Umgestaltung und jede Veränderung bei der Bildwiedergabe, wozu beispielhaft ausdrücklich auf eine Veröffentlichung in Ausschnitten Bezug genommen ist, der vorherigen Zustimmung des Klägers bedarf. Unstreitig ist zwischen den Parteien, dass eine solche Zustimmung für die Veränderung des Lichtbildes durch den Beklagten vom Kläger nicht erteilt worden ist. Aus diesem Grunde war die Veränderung nicht von dem Nutzungsrecht gedeckt, das die Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH dem Beklagten übertragen hat und liegt eine Urheberrechtsverletzung zulasten des Klägers vor.
[24] c) Der Beklagte kann sich nicht auf die Schrankenbestimmung des § 39 UrhG berufen. Allerdings kann gemäss § 39 Abs. 2 UrhG grundsätzlich auch dann eine Änderung zulässig sein, wenn keine Änderungsbefugnis vereinbart worden ist. Dies gilt massgeblich dann, wenn der Urheber zu der Änderung nach Treu und Glauben seine Einwilligung nicht versagen kann. § 39 Abs. 2 UrhG stellt jedoch eine Ausnahmevorschrift vom generellen Änderungsverbot dar und ist " wie alle Ausnahmevorschriften " eng auszulegen (vergleiche Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 39 Rn. 14). Im vorliegenden Fall besteht indes keine Verpflichtung des Klägers, nach Treu und Glauben ausnahmsweise in die Änderung einzuwilligen. Denn die Vertragsparteien, also der Kläger und die Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH, haben zur Frage der Änderung der Lichtbilder ausdrücklich eine Regelung getroffen, nämlich etwas "anderes vereinbart", § 39 Abs. 1 UrhG, unter welchen Umständen eine Änderung zulässig ist. Sie haben über die Einbeziehung der AGB des Klägers vereinbart, dass eine Veränderung, wozu sie ausdrücklich die "Veröffentlichung in Ausschnitten" - und damit genau die von dem Beklagten vorgenommene Nutzung - gezählt haben, von dem Nutzungsberechtigten nicht ohne Zustimmung des Klägers vorgenommen werden darf. Damit haben die Vertragsparteien zugleich explizit vorgesehen, dass eine Erweiterung des Nutzungsrechts auch auf Änderungen möglich ist. Erforderlich wäre die Zustimmung des Klägers gewesen, mithin die Erteilung einer erweiterten Lizenz. Diese Lizenz haben aber weder die Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH noch der Beklagte erworben. Dass der Kläger etwa eine angefragte erweiterte Lizenz verweigert hätte, behauptet auch der Beklagte nicht. Vor diesem Hintergrund ist der Anwendungsbereich von § 39 Abs. 2 UrhG nicht eröffnet.
[25] Unabhängig davon ist im Zweifel immer zu Gunsten des Urhebers und gegen eine Änderungsbefugnis des Nutzers zu entscheiden (Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 39 Rn. 17). Insbesondere kann sich der Beklagte auch nicht auf Branchenübungen und Verkehrssitten berufen. Denn hierbei handelt es sich oft um rechtlich unbeachtliche Unsitten, die sich nur deswegen in manchen Bereichen durchsetzen konnten, weil der Urheber die wirtschaftlich schwächere Partei ist. Lässt sich das Werk ohne weiteres auch unverändert nutzen, ist am Änderungsverbot festzuhalten (Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 39 Rn. 17). Der Kläger hat anschaulich durch Vorlage der Anlage K7 (Bl. 55 der Akte) belegt, dass eine Nutzung des Lichtbildes auch dem Beklagten ohne weiteres auch in unveränderter Form möglich gewesen wäre.
[26] 2. Ferner steht dem Kläger (materieller) Schadensersatz gemäss § 97 Abs. 2 S. 1-3 UrhG zu, aber nur in Höhe von 930,00 EUR.
[27] Die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches liegen aus den vorstehenden Gründen vor, da der Beklagte zu der von ihm vorgenommenen Veränderung des Lichtbildes des Klägers nicht berechtigt war. Sein Verschulden ergibt sich schon daraus, dass er sich nicht vergewissert hat, die Änderung des Lichtbildes vornehmen zu dürfen.
[28] Gemäss § 97 Abs. 2 S. 3 UrhG kann der Schadensersatzanspruch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzte als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Dabei ist für die Berechnung des massgeblichen objektiven Werts der Benutzungsberechtigung darauf abzustellen, was vernünftig denkende Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten (vgl. BGH GRUR 1990, 1008, 1009 - Lizenzanalogie; GRUR 2006, 136 Rn. 23,26 - Pressefotos; OLG Brandenburg, GRUR-RR 2009, 413 " MFM-Bildhonorartabellen; OLG Braunschweig GRUR-RR 2012, 920, 922; OLG Köln, Urt. v. 01.03.2013 - 6 U 168/12). Hierfür kommt es auf die gesamten wesentlichen Umstände des Einzelfalls an (vgl. BGH a.a.O. Rn. 26). Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäss § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (vgl. BGH Urteil vom 29.04.2010 " I ZR 68/08 " Restwertbörse I). Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Verletzte selbst bereit gewesen wäre, für seine Benutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1320, 1321; OLG Braunschweig a.a.O) und welchen Wert der Verletzte im Nachhinein der Benutzungshandlung beimisst.
[29] Bei der Festsetzung einer angemessenen Lizenz ist es nahe liegend, branchenübliche Vergütungssätze und Tarife als Massstab heranzuziehen, wenn sich in dem entsprechenden Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (BGH, NJW-RR 1986, 1215 - Liedtextwiedergabe II; BGH GRUR 2006, 136 Rn. 23 - Pressefotos, OLG Köln a.a.O.). Die von dem Kläger zur Bemessung seines Schadensersatzanspruches herangezogenen Bildhonorar-Tabellen der Mittelstandsgemeinschaft Foto Marketing werden regelmässig als in der Branche der Bildagenturen und freien Berufsfotografen übliche Regelung der Lizenzsätze für die gewerbliche Nutzung von Lichtbildern und deshalb als Ansatzpunkt für die richterliche Schadensschätzung gemäss § 287 ZPO angesehen (vgl. BGH, GRUR 2006, 136 - Pressefotos; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393 - Informationsbroschüre; OLG Brandenburg, GRUR 2009, 413 - MFM - Bildhonorartabellen; OLG Braunschweig, GRUR-RR 2012, 920, 922). Dabei enthalten die MFM-Empfehlungen 2014 im Abschnitt "Online-Nutzungen, Internet, Webdesign, Pop-Ups, Banner, Online-Shops (Werbung/PR/Corporate Publishing)" Honorarsätze für die Nutzung von Lichtbildern im Rahmen gewerblichen Internetpräsentationen. Demzufolge werden sie bei der Einstellung von Lichtbildern in gewerbliche Verkaufsangebote im Internet, so auch auf Online-Plattformen, als Ausgangspunkt für die Schätzung der vom Verletzer zu entrichtenden fiktiven Lizenz herangezogen (vgl. OLG Brandenburg a.a.O., OLG Köln, Urteil vom 01.03.2013 " 6 U 168/12).
[30] Die MFM-Empfehlungen sind allerdings nicht schematisch anzuwenden, sondern unter Einbeziehung sämtlicher individueller Sachverhaltsumstände gegebenenfalls zu modifizieren, da die Einzelfallumstände eine realitätsnähere und damit aussagekräftigere Grundlage für die Schätzung der angemessenen Lizenzgebühr bieten (vgl. BGH GRUR 2006, 136 Rn. 28 ff - Pressefotos; OLG Braunschweig a.a.O. S. 922, OLG Köln, Urteil vom 30.04.2010 " 6 U 201/09, Urteil vom 23.05.2012 " 6 U 79/12; Urteil vom 01.03.2013 " 6 U 168/12). Die Höhe der zu zahlenden Lizenzgebühr hat der Tatrichter gemäss § 287 ZPO unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen (BGH, Urteil vom 29.04.2010 " I ZR 68/08 " Restwertbörse I).
[31] Daher ist grundsätzlich die Art der Schadensberechnung durch den Kläger nicht zu beanstanden, der die Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto Marketing 2014, die er als Anlage K4 (Bl. 16 der Akte) vorlegt, seiner Schadensberechnung zugrunde legt. Richtig ist im Ausgangspunkt der Zeitraum bis zu 3 Jahren auf einer Unterseite, wofür eine Lizenzgebühr von 465,00 EUR vorgesehen ist. Der Nutzungszeitraum erstreckte sich nach der Auskunft des Beklagten von Januar 2014 bis zum 23. Februar 2015. Entgegen der Auffassung des Klägers scheidet eine Erhöhung um 30 % indes aus. Eine künstlerische Leistung mit überdurchschnittlicher Qualität ist zum einen nicht zu erkennen und zum anderen nach den Umständen auch gar nicht möglich. Der Kläger hatte nicht die Wahl des Motivs, sondern musste vorgegebene Frisuren mit vorgegebenen Modells abbilden. Dies ist ihm ansprechend gelungen. Die Honorarempfehlungen der MFM decken jedoch bereits derartige Leistungen eines professionellen Fotografen ab.
[32] Hinzuzusetzen ist ferner ein Zuschlag von 100% für die fehlende Urheberbenennung des Klägers.
[33] Bei fehlender Namensnennung des Fotografen ist als Teil des materiellen Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie auch ein bis zu 100%iger Aufschlag auf das ansonsten angemessene Honorar als Ausgleich für entgangene Werbemöglichkeiten anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 " I ZR 148/13 " Motorradteile, Rn. 39 nach juris, mit weiteren Nachweisen). Dieser 100%-Aufschlag bei unterbliebener Namensnennung " der in den MFM-Honorarbedingungen als übliche Lizenzbedingung enthalten ist " rechtfertigt sich daraus, dass Berufsfotografen einen Grossteil ihrer Neuaufträge regelmässig dadurch erhalten, dass potentielle Auftraggeber auf ihre bisherigen Fotografien aufmerksam werden. Nur das Vorhandensein eines entsprechenden Bildquellennachweises ermöglicht dabei eine unkomplizierte Kontaktaufnahme, während ein unterbliebener Bildquellennachweis zum Verlust von potentiellen Neuaufträgen führen kann. Diesen Verlust von Neuaufträgen soll der 100%-Aufschlag im Falle des unterbliebenen Bildquellennachweises ausgleichen (Thum in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 72 Rn. 62; in diesem Sinne auch BGH, Urteil vom 15. Januar 2015 " I ZR 148/13 " Motorradteile, Rn. 39 nach juris).
[34] Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger gemäss Ziff. 5.4 seiner AGB vorgesehen hat, dass er bei jeder Bildveröffentlichung als Urheber zu benennen ist, ausgenommen bei Aufnahmen für die Werbung. So hat der Beklagte zwar das streitgegenständliche Lichtbild zum Zwecke der (Eigen-)Werbung benutzt. Eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten, in die diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers einbezogen worden wären, hat es jedoch unstreitig nie gegeben. Der Beklagte kann sich auch nicht auf die vertragliche Beziehung zwischen dem Kläger und der Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH berufen. Denn er hat sich nicht im Rahmen der Lizenzbedingungen bewegt, die die Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH mit dem Kläger vereinbart hat. Der Beklagte kann nicht einerseits die Lizenzbedingungen des Klägers mit der Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH, die lediglich eine Nutzung des unveränderten Lichtbildes vorgesehen haben, verletzen und andererseits sich auf ihre Gültigkeit berufen. Vor diesem Hintergrund gilt § 13 UrhG uneingeschränkt, so dass der Kläger Anspruch auf die Anerkennung seiner Urheberschaft hat und infolge der Verletzung dieses Anspruchs Schadensersatz verlangen kann.
[35] Damit steht dem Kläger ein Anspruch auf (materiellen) Schadensersatz in Höhe von 930,00 EUR (2 x 465,00 EUR) zu.
[36] 3. Der Kläger kann jedoch keine Entschädigung in Geld gemäss § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG von den Beklagten verlangen.
[37] Gemäss § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG können unter anderem Urheber und Lichtbildner wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht. Voraussetzung ist dafür zunächst das Vorliegen einer schwerwiegenden und nachhaltigen Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts (vergleiche etwa Dreier/Schulze, UrhG, § 97 Rn. 75 mit weiteren Nachweisen). Daran fehlt es bereits. Zwar hat der Kläger mit der Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH vereinbart, dass die Nutzung der Bilder grundsätzlich nur in Originalfassung zulässig ist. Dies gilt " wie ausdrücklich formuliert " jedoch nur grundsätzlich. Bereits vorgesehen war die Änderungsmöglichkeit oder die Möglichkeit der Umgestaltung unter der Voraussetzung der Zustimmung des Klägers. Daraus ergibt sich, dass der Kläger zugestimmt hätte, wenn auch gegebenenfalls nur gegen ein weiteres Lizenzentgelt. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers als Urheber liegt damit nicht vor.
[38] Die Möglichkeit, die Lichtbilder gegen eine erhöhte Lizenzgebühr auch zu verändern, ist im vorliegenden Fall auch nahe liegend. Wie bereits ausgeführt, sind Gegenstand der Lichtbilder des Klägers ihm vorgegebene Models mit den von der Ausstellungs- und Werbegemeinschaft des Friseurhandwerks GmbH und der Friseurbranche entwickelten und am Markt angebotenen Frisuren. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Lichtbilder nicht von der Friseurbranche selbst auch ausschnittsweise angeboten und verwendet werden können sollten.
[39] 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, soweit streitig entschieden worden ist.
[40] Im Hinblick auf den Auskunftsanspruch haben die Parteien diesen übereinstimmend für erledigt erklärt und war daher die Kostenentscheidung gemäss § 91 a ZPO zu treffen. Dazu ist zunächst klarzustellen, dass zwar im Protokoll der mündlichen Verhandlung aufgenommen worden ist, dass der Kläger auch den Auskunftsantrag gestellt hat. Anträge sind jedoch wie andere Willenserklärungen auch auszulegen. Da die Parteien übereinstimmend die Erledigungserklärung nach der erteilten Auskunft des Beklagten schon vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung schriftsätzlich abgegeben haben, der Kläger mit Schriftsatz vom 26. Januar 2016 und der Beklagte mit Schriftsatz vom 26. Februar 2016, war diese Antragstellung von beiden Parteien so zu verstehen, dass die Erledigungserklärung erfolgen sollte. Dies gilt schon deshalb, weil der Kläger seine Erledigungserklärung nicht mehr hätte widerrufen können. Dies ist nur möglich, solange der Gegner sich ihr nicht angeschlossen hat (BGH, Urteil vom 7. Juni 2001 " I ZR 157/98 " Widerruf der Erledigungserklärung, Rn. 19, juris). Der Beklagte hat sich jedoch schriftsätzlich angeschlossen. Der schriftsätzliche Eingang der jeweiligen Erklärung genügt für die Wirksamkeit (vgl. Hüssstege in: Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 91a Rn. 6).
[41] Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes waren die Kosten hinsichtlich des Auskunftsanspruch nach billigem Ermessen dem Beklagten aufzuerlegen. Denn der Auskunftsanspruch folgt in Anbetracht der vorstehend dargelegten Rechtsverletzung durch den Beklagten aus § 242 BGB.
[42] Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus 709 ZPO.
[43] Streitwert: 12.668,00 EUR
[44] Für den Klageantrag zu 1) 10.000,00 EUR
[45] Für den Klageantrag zu 2) 250,00 EUR
[46] Für den Klageantrag zu 3) 1.209,00 EUR
[47] Für den Klageantrag zu 4) 1.209,00 EUR.

---

Quelle: http://www.justiz.nrw.de/ (Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen, Justizkommunikation, 40212 Düsseldorf)

Format, Randnummern, Rechtschreibung, Thema, §§: https://www.debier.de (debier-datenbank, Torsten Mahncke Rechtsanwalt Berlin)