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db-nummer: bgh-001ZR-1996-00065

BGH, Urteil vom 29.04.1999 - I ZR 65/96 - "Laras Tochter" (OLG Karlsruhe)
§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 16, 17, 23, 24, 31 Abs. 3, 97 Abs. 1, 98 Abs. 1, 121 Abs. 4 UrhG
§ 242 BGB
Art. 4 Abs. 4 S. 1, 6 Abs. 1 RBÜ Rom-Fassung

Leitsätze (tm.)

1. Zur Frage, ob es sich bei der ungenehmigten Fortsetzung eines Schriftwerkes um eine freie oder unfreie Bearbeitung der Vorlage handelt und zum Bestehen und Umfang einer deshalb sich ergebenden Berechtigung des das Originalwerk verlegenden Verlages (hier: "Dr. Schiwago" von Boris Pasternak / "Laras Tochter" von Alexander Mollin).
2. Urheber, die keinem Verbandsland der RBÜ angehören, geniessen für ihre Schriftwerke im Inland Schutz, wenn diese zum ersten Mal in einem Verbandsland veröffentlicht worden sind. Dies gilt auch dann, wenn es sich dabei um eine Übersetzung der Originalversion handelt.
3. Der Schutzumfang ausschliesslicher Nutzungsrechte geht weiter als das dadurch eingeräumte positive Benutzungsrecht. Das ausschliessliche Verlagsrecht an einem Schriftwerk schliesst das Verbietungsrecht gegen die Verwertung seiner unfreien Bearbeitung ein. Dies gilt auch für den Verlag, der einem anderen Verlag ein ausschliessliches (Unter-) Verlagsrecht eingeräumt hat, solange er an den Verkaufserlösen des Unterlizenznehmers beteiligt ist.
4. Bei einem Roman können neben der konkreten Textfassung und unmittelbaren Formgebung eines Gedankens auch der Gang der Handlung, die Charakteristik und Rollenverteilung der handelnden Personen, die Ausgestaltung von Szenen und die "Szenerie" als eigenpersönlich geprägte Bestandteile und formbildende Elemente Urheberrechtsschutz geniessen.
5. Ob ein neues Werk in freier Benutzung eines Älteren geschaffen wurde, richtet sich nach dem Abstand, den es zu den entlehnten eigenpersönlichen Zügen des Älteren hält und setzt voraus, dass diese verblassen und nur noch als Anregung zu neuem, selbständigem Werkschaffen erscheinen.