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db-nummer: olghamburg-0003U-2000-00130

OLG Hamburg, Urteil vom 03.05.2001 - 3 U 130/00 - "Move"
§§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 12, 16, 17, 23, 24, 97 Abs. 1 UrhG

Leitsätze (amtl / tm.)

1. Zur urheberrechtlichen Schutzfähigkeit eines ergonomischen Sitzmöbels als Werk der angewandten Kunst. (amtl)
2. Ein im Ausland erlangter, zwischenzeitlich aber abgelaufener Geschmacksmusterschutz steht der Geltendmachung von Urheberrechten im Inland nicht entgegen. (amtl)
3. Für die Frage, ob es sich bei einem Möbelstück um ein Werk der angewandten Kunst handelt, kommt es darauf an, ob dessen den Formensinn ansprechende Gehalt ausreicht, dass nach der im Leben herrschenden Auffassung von Kunst gesprochen werden kann. Entscheidend ist der ästhetische Eindruck, den das Werk nach dem Urteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunst einigermassen vertrauten Menschen vermittelt.
4. Urheberrechtlichen Schutz kommt nur für die Gestaltungselemente in Betracht, die nicht dem vorbekannten Formenschatz zum Zeitpunkt der Schöpfung zuzurechnen sind. Die Übernahme von Formgebungen, die bereits vorhanden waren, kann einen Urheberrechtsschutz nicht rechtfertigen. Gleichwohl kann ein Werk, dass unter Verwendung bekannter Stilmittel hergestellt worden ist, urheberrechtsschutzfähig sein, wenn mit den vorbekannten Stilmitteln im Ergebnis eine eigenpersönliche geistige Schöpfung von ausreichender Gestaltungshöhe erzielt worden ist. (tm.)
4. Bei Werken der angewandten Kunst sind an die Gestaltungshöhe höhere Anforderungen zu stellen, da diese Werke in der Regel (auch) dem Geschmacksmusterschutz zugänglich sind. (tm.)
5. Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit ist nicht in erster Linie auf einzelne Gestaltungselemente, sondern auf den Gesamteindruck des Werkes abzustellen. (tm.)
6. Die Schutzfähigkeit kann sich daraus ergeben, dass das Werk das Können eines Durchschnittsgestalters sowie die für den Geschmacksmusterschutz zu ziehende Grenze des Werkschaffens weit überragt. Dies kann etwa angenommen werden, wenn sich in dem Design eine Vielzahl gestalterischer Elemente in einer eigenwilligen Kombination verbinden und deutlich zu erkennen ist, dass der Massstab für dessen Ausführung nicht allein der Gebrauchszweck des Werkes war und das Design von daher nicht durch ein beliebiges anderes Werk mit demselben Gebrauchszweck in ähnlicher Art und Weise zu substituieren wäre. (tm.)
7. Für die Frage, ob eine erlaubte, freie oder unerlaubte Bearbeitung vorliegt, sind die Übereinstimmungen, nicht die Verschiedenheiten massgeblich Sind die Übereinstimmungen so gross, dass der Verkehr das geschützte Werk wiedererkennt, handelt es sich um eine unfreie Bearbeitung. (tm.)