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db-nummer: egmr-00000-2000-59320

EGMR, Urteil vom 24.06.2004 - Nr. 59320/00 - Caroline von Hannover ./. Bundesrepublik Deutschland
Art. 8, 10, 41 EMRK
Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1, 6 Abs. 1, Abs. 2 GG
§§ 22, 23 Nr. 1 KUG

Leitsätze (tm.)

1. Zur Frage, ob Entscheidungen deutscher Gerichte über die Zulässigkeit der Pressebildberichterstattung aus dem Privatleben Prominenter deren durch die EMRK geschütztes Recht auf Achtung desselben verletzt.
2. Das Privatleben bezieht sich neben dem Namensrecht und dem Recht am eigenen Bild auch auf die pysische und sittliche Integrität einer Person und dient dazu, ihre Persönlichkeitsentwicklung im Rahmen der Beziehungen zu anderen Menschen unter Ausschluss äusserer Eingriffe zu gewährleisten.
3. Die Meinungsäusserungsfreiheit, die auch für die Veröffentlichung von Fotos gilt, gibt der Presse das Recht, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiter zu geben.
3. Der Schutz des Privatlebens ist mit der Meinungsäusserungsfreiheit zu einem Ausgleich zu bringen. Dabei ist auf den Beitrag abzustellen, den die veröffentlichten Fotos zu einer Debatte von allgemeinen Interesse leisten.
4. Das Informationsrecht der Öffentlichkeit kann sich unter Umständen auch auf Aspekte des Privatlebens von Personen des öffentlichen Lebens erstrecken. Dies ist nicht der Fall, wenn die Fotos sich ausschliesslich auf Details daraus beziehen, die ausserhalb jeglicher politischen oder öffentlichen Debatte angesiedelt sind und lediglich dazu dienen, die Neugier eines bestimmten Publikums zu befriedigen.
5. Die durch die deutschen Gerichte zur Einschränkung des Privatlebens und des Rechtes am eigenen Bild vorgenommene Unterscheidung zwischen "absoluten" und "relativen Personen der Zeitgeschichte" muss eindeutig sein, damit der Einzelne genau weiss, wann und wo er geschützt oder nicht. Das dabei benutzte Kriterium der "örtlichen Abgeschiedenheit", in dem allein "absolute Personen der Zeitgeschichte" wirksamen Schutz geniessen sollen, dürfte für die Praxis zu vage sein.