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db-nummer: bverg-0003C-2003-00041

Leitsätze (amtl / tm.)

1. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährt die Befugnis, selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. (tm.)
2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährt zudem ein Recht am gesprochenen Wort, welches davor schützt, dass Gespräche heimlich aufgenommen und ohne Einwilligung des Sprechenden oder gar gegen dessen erklärten Willen verwertet werden. Es bezieht sich allein auf die Selbstbestimmung über die unmittelbare Zugänglichkeit der Kommunikation und schützt vor Verletzungen dieses Selbstbestimmungsrechts. (tm.)
3. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nicht schrankenlos geschützt. Der Einzelne muss Einschränkungen im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen. Dazu kann ein öffentliches Forschungsinteresse gehören. Dieses rechtfertigt die Zurverfügungstellung von Unterlagen mit personenbezogenen Informationen allerdings nur dann, wenn es nach seinem Gewicht den damit verbundenen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht überwiegt. (tm.)
4. Beschränkungen des allgemeinen Persönlichkeitsrecht bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. (tm.)
5. Soweit Stasi-Unterlagen mit personenbezogenen Informationen über Personen der Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder Amtsträger der Forschung zum Zwecke der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes der DDR sowie der nationalsozialistischen Vergangenheit zur Verfügung gestellt werden sollen, durfte der Gesetzgeber die Entscheidung hierüber von einer Abwägung im Einzelfall abhängig machen. Allerdings muss zur Wahrung der Grundrechte des davon Betroffenen sichergestellt sein, dass die Unterlagen ausschliesslich für diesen Forschungszweck genutzt und namentlich nicht an Dritte weitergegeben oder veröffentlicht werden. Tonbänder und Wortlautprotokolle über abgehörte Gespräche des Betroffenen oder Dritter bleiben ausgenommen. (amtl)
6. Die Zurverfügungstellung von Stasi-Unterlagen mit personenbezogenen Informationen an die Presse ist dem davon Betroffenen demgegenüber grundsätzlich unzumutbar. Das umfasst Informationen, die durch Verletzung der räumlichen Privatsphäre und/oder des Rechts am gesprochenen Wort gewonnen worden sind, ebenso wie Informationen, die im weitesten Sinne auf Spionage beruhen, sowie Berichte und Stellungnahmen des Staatssicherheitsdienstes, die derartige Informationen zur möglichen Grundlage haben. Andere Unterlagen, etwa mit Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen, aus öffentlichen Reden oder aus Äusserungen gegenüber Dritten, die darüber ihrerseits berichtet haben, dürfen auch an die Presse nach Massgabe einer Abwägung herausgegeben werden. (amtl)