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db-nummer: bverfg-01BvR-2005-01783

BVerfG, Beschluss vom 13.06.2007 - 1 BvR 1783/05 - "Roman Esra"
Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 1 GG
§§ 823, 1004 BGB

Leitsätze (amtl)

1. Bei dem gerichtlichen Verbot eines Romans als besonders starkem Eingriff in die Kunstfreiheit prüft das Bundesverfassungsgericht die Vereinbarkeit der angegriffenen Entscheidungen mit der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie auf der Grundlage der konkreten Umstände des vorliegenden Sachverhalts.
2. Die Kunstfreiheit verlangt für ein literarisches Werk, das sich als Roman ausweist, eine kunstspezifische Betrachtung. Daraus folgt insbesondere eine Vermutung für die Fiktionalität eines literarischen Textes.
3. Die Kunstfreiheit schliesst das Recht zur Verwendung von Vorbildern aus der Lebenswirklichkeit ein.
4. Zwischen dem Mass, in dem der Autor eine von der Wirklichkeit abgelöste ästhetische Realität schafft, und der Intensität der Verletzung des Persönlichkeitsrechts besteht eine Wechselbeziehung. Je stärker Abbild und Urbild übereinstimmen, desto schwerer wiegt die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts. Je mehr die künstlerische Darstellung besonders geschützte Dimensionen des Persönlichkeitsrechts berührt, desto stärker muss die Fiktionalisierung sein, um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung auszuschliessen.