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db-nummer: bverfg-01BvR-1998-00417

BVerfG, Beschluss vom 19.02.2004 - 1 BvR 417/98 -
Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG
§§ 823, 1004 BGB

Leitsätze (tm.)

1. Zur Frage der verfassungsrechtlich richtigen Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit bei der Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Schutz der persönlichen Ehre im Zusammenhang mit der Rundfunkberichterstattung über den Schwangerschaftsabbruch einer Minderjährigen und der vermeintlichen Mitverantwortung von Mitgleidern der Kirche dafür.
2. Die Meinungsfreiheit schützt neben Werturteilen auch die Äusserung von Tatsachen, die der Meinungsbildung dienen können.
3. Die Verurteilung zur Unterlassung einer Äusserung muss im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit auf das zum Rechtsgüterschutz unbedingt Erforderliche beschränkt werden und für den Betroffenen klar erkennen lassen, welche Aussage er unterlassen soll. Wird eine sog. "verdeckte" Äusserung untersagt, die erst durch Auslegung anderer Äusserungen ermittelte wird, muss der Beklagte zweifelsfrei erkennen können, welche Teile der ursprünglichen Äusserung von dem Unterlassungsgebot erfasst sind.
Eine diesen Anforderungen nicht entsprechende Verurteilung zur Unterlassung von Äusserungen ist zum Schutze anderer Rechtsgüter nicht erforderlich und schränkt die Meinungsfreiheit unzulässig ein.