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db-nummer: bgh-006ZR-2003-00198

BGH, Urteil vom 16.11.2004 - VI ZR 298/03 - (OLG Frankfurt a.M.)
Art. 2 Abs. 1, 5 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG
§§ 823 Abs. 1, 824, 1004 BGB

Leitsatz (amtl)

Die Wiedergabe des Zitats eines Dritten im Rahmen einer komplexen Äusserung kann in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen, wenn es mit der eigenen Auffassung des Äussernden verknüpft ist und sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als Meinungsäusserung darstellt.

NJW 5 / 2005, 280:

Zum Tatbestand

Die Kl. ist eine Aktiengesellschaft, die sich auf dem Gebiet der Prozesskostenfinanzierung betätigt. Sie finanziert unter anderem Musterverfahren, mit denen durch Rechtsanwalt F vertretene Kapitalanleger Schadensersatzansprüche gegen Banken wegen angeblich mangelnder Beratung bei Immobiliengeschäften geltend machen. Dabei lässt sich die Kl. jeweils die Hälfte des Betrags versprechen, den der betreffende Anleger in dem Prozess erstreitet. In den Vertragsbedingungen der Kl. heisst es auszugsweise:
8. Vergleichsvorschlag durch das Gericht oder Gegenseite.
8.1 Der Anspruchsinhaber verpflichtet sich, einem von der Gegenseite oder dem Gericht vorgeschlagenen Vergleich über die streitigen Ansprüche zuzustimmen, wenn die Foris Beteiligungs AG (scil. die Kl.) diesen auf Grund des erreichten Verfahrensstands für sachgerecht hält.
8.2 Der Anspruchsinhaber ist allerdings berechtigt, für den Fall, dass er einem derartigen Vergleich nicht zustimmen will, diese Vereinbarung zu kündigen. In diesem Fall hat er der Foris Beteiligungs AG den Betrag zu erstatten, der im Fall des vorgesehenen Vergleichs auf die Foris Beteiligungs AG entfallen wäre.
Am 21.10.1998 erschien in der Ausgabe 43/1998 des Brancheninformationsdiensts "k.m.-intern" ein Artikel, in dem darüber berichtet wurde, dass die Kl. unter der Anwaltschaft eine Aktienbeteiligung akquiriere. Die Verfasser dieses Berichts gingen dabei irrtümlich von einer Aktien-Zeichnungsfrist von drei Wochen aus. Wörtlich heisst es dort:
"? Ohne hier die Frage prüfen zu wollen, ob es sich für Kläger tatsächlich lohnt, sich mit Foris, deren Ziel es ist, Prozesse zu finanzieren, einzulassen, da im Fall des gewünschten Prozessgewinns 50% der Klagesumme an Foris abzuführen sind, womit wir grundsätzlich Zweifel am Klage-Finanzierungssystem von Foris äussern wollen, halten wir eine derart kurze Fristsetzung zur Aktienzeichnung, wie Foris sie derzeit praktiziert, für unseriös. Potenziellen Kunden gegenüber mit der Wurst zu winken und gleichzeitig zu suggerieren, die Wurst habe ein nach Stunden zu berechnendes Verfallsdatum, ist unseres Erachtens nichts anderes als Bauernfängerei. ?"
Der Bekl. ist Rechtsanwalt. Er vertritt Mandanten, die an der Vermittlung der betreffenden Immobiliengeschäfte beteiligt waren. Er verfasste eine Abhandlung mit dem Titel: "Das Interesse an der Lüge - Auch im Zivilrecht?" Diese sandte er unter anderem an verschiedene Landgerichte, Redaktionen von Wirtschaftszeitschriften, Staatsanwaltschaften, eine betroffene Bank, die Notarkammer H. und an die Bundesnotarkammer. Über die Kl. heisst es darin:
"Die öffentliche Resonanz ist gemischt: Der Brancheninformationsdienst k.m.-intern (43/1998, S. 2) bezeichnete dies als ´Bauernfängerei` und hat gerade im Fall Foris Recht damit"
Weiter wird dort ausgeführt:
"Weder die Foris AG in ihrem Werbeblatt noch F klärten ferner darüber auf, dass der Mandant sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe verpflichten muss, wenn das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar Foris AG zustimmt, den aber der Mandant ablehnt (Ströbel, BRAK-Mitt 1998, 263 [264])."
Die Kl. begehrt die Verurteilung des Bekl. zur Unterlassung einzelner in seiner Abhandlung enthaltener Äusserungen.
Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben und den Bekl. unter anderem verurteilt, die Behauptung zu unterlassen, der Brancheninformationsdienst "k.m.-intern" habe das Prozessfinanzierungsmodell der Kl. als Bauernfängerei bezeichnet. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Berufung der Kl. hat das OLG den Bekl. verurteilt, auch die Behauptung zu unterlassen, der Mandant, dessen Prozess durch die Kl. finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten, dass das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Kl. zustimmt, den aber der Mandant ablehnt. Die Berufung des Bekl. hatte teilweise Erfolg und führte zur Klageabweisung, soweit er vom LG zur Unterlassung einer weiteren Äusserung verurteilt worden war.
Die zugelassene Revision führte zur vollständigen Klageabweisung.

Aus den Entscheidungsgründen

I.
Das BerGer. ist der Auffassung, die beiden von ihm untersagten Äusserungen seien Tatsachenbehauptungen.
Der Begriff "Vertragsstrafe" sei ein feststehendes juristisches Rechtsinstitut. Bei der Auslegung einer Äusserung sei darauf abzustellen, wie der verständige Durchschnittsleser sie verstehen durfte, nicht darauf, wie der Autor sie gemeint habe oder verstanden wissen wollte. Gerade weil der Bekl. Jurist sei und seine Abhandlung unter Hinweis darauf verfasst habe, dürfe der verständige Durchschnittsleser davon ausgehen, dass der Autor den Begriff "Vertragsstrafe" tatsächlich im Rechtssinne gemeint habe. Bei den Adressaten seiner Abhandlung könne ohne weiteres unterstellt werden, dass ihnen dieser Begriff als Rechtsinstitut bekannt sei. Insbesondere weil der Bekl. im nachfolgenden Absatz zwischen "Vertragsstrafe" einerseits und "Abstandssumme" andererseits unterscheide, erwarte der Leser nicht, dass hier ein Begriff falsch angewandt werde. Dass der Bekl. seine Abhandlung als "Gutachten" bezeichne, ändere nichts an dem Charakter der Äusserung; sie enthalte keine Wertung des Bekl. Die Äusserung sei unwahr und geeignet, die Kl. in ihrer wirtschaftlichen Betätigung zu beeinträchtigen.
Der Berufsstand des Bekl. führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Bekl. werde nicht als Rechtsanwalt, sondern als Autor der Abhandlung in Anspruch genommen. Diese sei kein anwaltliches Gutachten; die Schrift sei nicht in einer konkreten Rechtssache seiner Mandanten gefertigt worden, sondern aus Anlass eines Aufsatzes von Rechtsanwalt F u.a. in einer wissenschaftlichen Zeitschrift. Solche Veröffentlichungen unterfielen nicht der grundgesetzlich geschützten Mandantenvertretung. Der Bekl. behaupte nicht, die Äusserungen namens und im Auftrag seiner Mandanten abgegeben zu haben. Selbst wenn er die Abhandlung auf deren Initiative und zu deren Verteidigung abgefasst haben sollte, rechtfertige das nicht das Aufstellen und die Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über die Kl., mit der kein Streit bestanden habe.
Auch die mit einer Belegstelle versehene Behauptung, der Brancheninformationsdienst "k.m.-intern" habe das Prozessfinanzierungssystem der Kl. als Bauernfängerei bezeichnet, sei unwahr. In dem zitierten Artikel beziehe sich der Ausdruck "Bauernfängerei" nämlich nicht auf das Prozessfinanzierungsmodell der Kl., sondern auf die Aktien-Zeichnungsfrist. Der Bekl. könne sich nicht damit rechtfertigen, dies anders verstanden zu haben. Der Wortlaut der Belegstelle sei sprachlich eindeutig und nicht misszuverstehen.

II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg macht die Revision allerdings geltend, das durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Recht des Rechtsanwalts auf freie, unreglementierte Berufsausübung stehe der Inanspruchnahme des Bekl. auf Unterlassung im Streitfall entgegen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats können ehrenkränkende Äusserungen, die der Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen konkreter Vorbereitung dienen, in aller Regel nicht mit Ehrenschutzklagen abgewehrt werden. Das so genannte

NJW 5 / 2005, 281:
- BGH, Urteil vom 16. 11. 2004 - VI ZR 298/03 -

Ausgangsverfahren soll nämlich nicht durch eine Beschneidung der Äusserungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (vgl. Senat, NJW 1992, 1314 = VersR 1992, 443 m.w. Nachw.). Vielmehr sollen die Parteien und infolgedessen auch die von ihnen bevollmächtigten Rechtsanwälte in einem Gerichtsverfahren alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung der Rechte der Parteien für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Mit den schutzwürdigen Belangen der Betroffenen und mit den Erfordernissen eines sachgerechten Funktionierens der Rechtspflege wäre es nämlich unvereinbar, wenn die Kompetenzen des Gerichts des Ausgangsverfahrens durch die Möglichkeit einer Geltendmachung von Abwehransprüchen in einem gesonderten Prozess vor einem anderen Gericht unterlaufen werden könnten. Deshalb fehlt in derartigen Fällen für eine Ehrenschutzklage grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis. Diese Grundsätze gelten auch für Verfahren vor Verwaltungsbehörden (vgl. Senat, NJW 1971, 284; NJW 1992, 1314 = VersR 1992, 443; NJW 1995, 397 = VersR 1995, 176 [177]; NJW-RR 2004, 1717).
b) Entgegen der Auffassung der Revision können die aufgezeigten Grundsätze den Ausschluss von Ehrenschutzklagen jedoch nicht rechtfertigen, wenn die beanstandeten Äusserungen - wie im vorliegenden Fall - in einer ähnlich einem Rundschreiben verteilten Abhandlung zur Durchsetzung von Interessen ausserhalb der prozessualen Rechtsverfolgung aufgestellt werden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats finden sie auf Äusserungen, mit denen der Äussernde in einer aussergerichtlichen Kampagne an die Öffentlichkeit tritt, keine Anwendung. Der Ausschluss der Ehrenschutzklage gegenüber dem Prozessgegner stellt sich nämlich als einschneidende Beschränkung des Ehrenschutzes dar, die nur mit der besonderen Interessenlage anlässlich eines laufenden oder im Hinblick auf ein konkret bevorstehendes gerichtliches oder behördliches Verfahren gerechtfertigt werden kann. Das Interesse des Äussernden daran, seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung in einem anhängigen oder künftigen Verfahren führen oder vorbereiten zu können, ohne sich damit einem Ehrenschutzverfahren auszusetzen, ist nicht betroffen, wenn er mit solchen Beschränkungen für eine Verfolgung seiner Angelegenheit ausserhalb eines Verfahrens durch öffentliche Angriffe, Rundschreiben und Ähnliches belastet wird (Senat, NJW 1992, 1314 = VersR 1992, 443; vgl. auch Senat, NJW 1981, 2117 [2118]; BVerfG, NJW 1991, 2074 [2075]). Zu Unrecht misst die Revision im Streitfall dem Umstand besondere Bedeutung bei, dass die Mandanten des Bekl. durch eine Medienkampagne beeinträchtigt worden seien, die ihnen eine besondere Abwehrsituation auferlegt habe. Im Rahmen des nach Art. 5 I GG Zulässigen kann der Rechtsanwalt als Vertreter seines Mandanten zwar auch an die Öffentlichkeit gehen, um dessen Interessen zu wahren. Dabei müssen die Befugnisse desjenigen, der seine Rechte hierdurch beeinträchtigt sieht, jedoch ungeschmälert erhalten bleiben, da er ansonsten die grundrechtlich garantierte Möglichkeit verlöre, seine Rechte in einem gerichtlichen Verfahren zu wahren (vgl. BVerfG, NJW 1991, 2074).
Die durch Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG geschützte Berufsfreiheit gewährt dem Rechtsanwalt insoweit keinen weitergehenden Schutz, als er der Partei selbst zukommt. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG unterliegt die anwaltliche Berufsausübung grundsätzlich der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des Einzelnen (BVerfGE 50, 16 [29] = NJW 1979, 1159 [1160]; BVerfGE 63, 266 [284] = NJW 1983, 1535 [1536]; BVerfG, NJW 1996, 3267 m.w. Nachw.). Die Berufsausübungsfreiheit des Rechtsanwalts ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Gemäss Art. 12 I 2 GG kann seine Berufsausübung durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden (BVerfGE 50, 16 [29] = NJW 1979, 1159 [1160] m.w. Nachw.; BVerfGE 63, 266 [284] = NJW 1983, 1535 [1536]; BVerfGE 76, 171 [184] = NJW 1988, 191). Als unabhängiges Organ der Rechtspflege ist es Aufgabe des Rechtsanwalts, die Interessen seines Mandanten unabhängig zu vertreten und wahrzunehmen, um dessen Rechte zu wahren und zu verfolgen und Gerichte und Behörden vor Fehlentscheidungen zum Nachteil seines Mandanten zu bewahren. Soweit er sich im Interesse eines Mandanten äussert, wird er nicht als Privatperson tätig, sondern in seiner Funktion als Rechtsanwalt und Vertreter seines Mandanten. Regelmässig macht er sich den Sachverhalt, den ihm sein Mandant schildert, nicht als persönliche Behauptung zu Eigen und stellt, indem er diesen wiedergibt, keine eigene persönliche Behauptung auf. Materiell-rechtlich ist in diesen Fällen gegebenenfalls nicht er, sondern sein Mandant als Störer anzusehen (vgl. KG, NJW 1997, 2390 = MDR 1998, 504). Die Zulässigkeit einer gegen den Rechtsanwalt gerichteten Unterlassungsklage wird dadurch nicht berührt. Das gilt auch dann, wenn seine Äusserung im Zusammenhang mit einer Medienkampagne im Vorfeld oder am Rande einer gerichtlichen Auseinandersetzung erfolgt.
2. In der Sache steht der Kl. jedoch hinsichtlich beider beanstandeter Äusserungen ein Unterlassungsanspruch entsprechend §§ 823, 824, 1004 BGB nicht zu.
a) Entgegen der Auffassung des BerGer. handelt es sich bei der Behauptung des Bekl., der Mandant, dessen Prozess durch die Kl. finanziert wird, müsse sich zur Zahlung einer sehr hohen Vertragsstrafe für den Fall verpflichten, dass das gerichtliche Verfahren durch einen gerichtlichen Vergleich beendet werden soll, dem zwar die Kl. zustimmt, den aber der Mandant ablehnt, nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um eine zulässige Meinungsäusserung.
aa) Ob eine Äusserung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil einzustufen ist, ist eine Rechtsfrage, welche vom RevGer. uneingeschränkt zu überprüfen ist (vgl. Senat, NJW 1994, 2614 = VersR 1994, 1120 [1121], und NJW 2000, 3421 = VersR 2000, 1162 [1163 f.] m.w. Nachw.). Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, dass bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äusserung und der Wirklichkeit im Vordergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äussernden zum Inhalt seiner Äusserung charakteristisch ist (vgl. BVerfG, NJW 2000, 199 [200] m.w. Nachw.). Für die Einstufung als Tatsachenbehauptung kommt es wesentlich darauf an, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäusserungen ausscheidet, weil sie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen lassen (Senat, NJW 1999, 2736 = VersR 1999, 1162, und NJW-RR 1999, 1251, [1252] m.w. Nachw.; BGHZ 154, 54 [60] = NJW 2003, 1308; BVerfGE 61, 1 [9] = NJW 1983, 1415 [1416]; BVerfGE 85, 1 [14] = NJW 1992, 1439 [1440]). Für die Ermittlung des Aussagegehalts einer Äusserung ist darauf abzustellen, wie sie unter Berücksichtigung des allgemeinen Sprachgebrauchs von einem unvoreingenommenen Durchschnittsleser verstanden wird, wobei eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äusserungsteils

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- BGH, Urteil vom 16. 11. 2004 - VI ZR 298/03 -

regelmässig nicht zulässig ist, sondern auch der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen sind (vgl. Senat, BGHZ 139, 95 [102] = NJW 1998, 3047, und NJW 1999, 2736 = VersR 1999, 1162 [1163]).
Enthält eine Äusserung einen rechtlichen Fachbegriff, so deutet dies darauf hin, dass sie als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäusserung einzustufen ist (vgl. Senat, NJW 1982, 2246 = VersR 1982, 904 [905 f.], und NJW 1982, 2248 = VersR 1982, 906 [907]). Als Tatsachenmitteilung ist eine solche Äusserung hingegen dann zu qualifizieren, wenn die Beurteilung nicht als blosse Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Hierfür ist der Kontext entscheidend, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (Senat, NJW-RR 1995, 1251 [1252]).
bb) Ob eine vertragliche Bestimmung ein Vertragsstrafeversprechen enthält, ist durch Auslegung zu ermitteln. Denn ein solches kann nicht nur dann vorliegen, wenn die Parteien eine für den Eintritt bestimmter Umstände ausbedungene Zahlung als Vertragsstrafe bezeichnet haben. Andererseits muss nicht jede von den Parteien so bezeichnete Zahlung eine Vertragsstrafe im Rechtssinne darstellen. Die Beurteilung der Vertragsbestimmung erfordert - anders als die Deutung einfacher, auch in der Alltagssprache gängiger Rechtsbegriffe - eine rechtliche Bewertung (vgl. Senat, NJW 1982, 2246 = VersR 1982, 904 [905]; NJW 1982, 2248 = VersR 1982, 906 [907]; NJW 1999, 2736 = VersR 1999, 1162; NJW 1994, 2614 = VersR 1994, 1120; NJW-RR 1999, 1251; s. auch BVerfG, NJW 2000, 199 [200]; NJW-RR 2001, 411; NJW 2003, 1109; Wagner, in: MünchKomm, 4. Aufl., § 824 Rdnrn. 21 f. m.w. Nachw.). Ob sich diese im Ergebnis als vertretbar oder unvertretbar erweist, macht die Verwendung des Rechtsbegriffs nicht zu einer Tatsachenbehauptung, sondern hält sich im Rahmen des subjektiven Dafürhaltens und Meinens. Die rechtliche Subsumtion ist nicht einem Beweis zugänglich, sondern erfordert eine eigene Bewertung.
Eine solche Beurteilung hat der Bekl. hier vorgenommen. Die rechtliche Bewertung der von der Kl. verwendeten Vertragsbestimmung als Vertragsstrafeversprechen gibt die subjektive Beurteilung des Bekl. wieder. Ihr kann zwar eine andere Auffassung entgegengehalten werden, doch stellt sie sich, worauf die Revision zutreffend hinweist, gerade deshalb als Meinungsäusserung dar. Hinzu kommt, dass sich die von der Kl. beanstandete Äusserung im Rahmen einer rechtlichen Abhandlung findet, die als solche insgesamt von Elementen der Wertung durchdrungen ist.
cc) Allerdings ist die Meinungsfreiheit nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern unterliegt den Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG. Zu diesen gehört das Recht der persönlichen Ehre und auf öffentliches Ansehen, zu dessen Wahrung auch juristische Personen Ehrenschutz in Anspruch nehmen können (vgl. Senat, NJW 1999, 2736 = VersR 1999, 1162; BVerfGE 99, 185 [195ff.] = NJW 1999, 1322 [1323 f.]). Im Streitfall führt die gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Kl. und der Meinungsfreiheit des Bekl. dazu, dass diese den Vorrang verdient. Die Behauptung, jemand lasse sich eine Vertragsstrafe versprechen, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Bekl. geschaffenen Kontext ehrenrührig. Die Rechtsordnung erlaubt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausdrücklich und setzt dieser Möglichkeit zugleich Grenzen. Jedenfalls so lange, wie im Streitfall nicht der Eindruck erweckt wird, jemand überschreite diesbezüglich die Grenze des rechtlich Zulässigen, beeinträchtigt die blosse rechtliche Bewertung eines Vertragspassus als Vertragsstrafe denjenigen, der sich eine Zahlung für den Fall des Eintritts bestimmter Umstände versprechen lässt, nicht derart, dass im Hinblick auf die grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit für die Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen ein Unterlassungsanspruch bestehen könnte.
b) Ebenfalls mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das BerGer. die Äusserung des Bekl., der Brancheninformationsdienst "k.m.-intern" habe das Prozessfinanzierungsmodell der Kl. als Bauernfängerei bezeichnet, im Streitfall als Tatsachenbehauptung gewertet hat.
aa) Für die Beurteilung der Frage, ob eine Äusserung als Tatsachenbehauptung oder Meinungsäusserung bzw. Werturteil einzustufen ist, bedarf es nach gefestigter Rechtsprechung der Ermittlung ihres vollständigen Aussagegehalts. Insbesondere ist jede beanstandete Äusserung in dem Gesamtzusammenhang zu beurteilen, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (Senat, BGHZ 132, 13 [21] = NJW 1996, 1131; NJW 1994, 2614). So dürfen aus einer komplexen Äusserung nicht Sätze oder Satzteile mit tatsächlichem Gehalt herausgegriffen werden und als unrichtige Tatsachenbehauptung untersagt werden, wenn die Äusserung nach ihrem zu würdigenden Gesamtzusammenhang in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Meinungsäusserung gem. Art. 5 Abs. 1 GG fallen kann und in diesem Fall eine Abwägung zwischen den verletzten Grundrechtspositionen erforderlich wird (Senat, NJW 1997, 2513 = VersR 1997, 842; BVerfGE 85, 1 [15 f.] = NJW 1992, 1439 [1440]).
bb) Die Revision beanstandet mit Recht, dass das BerGer. die betreffende Äusserung des Bekl. zwar insgesamt wiedergegeben, aber nur deren ersten Teil, der einen tatsächlichen Gehalt aufweist, gewürdigt hat. Diese Aufspaltung führt notwendigerweise zu einer isolierten Betrachtungsweise, die den Aussagegehalt der gesamten Äusserung nicht erfasst. Hierfür muss vielmehr auch der zweite sich anschliessende, nicht in den Klageantrag aufgenommene Halbsatz gewürdigt werden, welcher lautet: =und hat gerade im Fall F Recht damit". Dieser zweite Teil der Äusserung gibt nicht nur die Auffassung des Bekl. wieder. Durch die Bezugnahme auf den ersten Satzteil macht sich der Äussernde hier vielmehr auch den Inhalt des von ihm dort wiedergegebenen Zitats zu Eigen. Er setzt dieses Zitat, von dem er sich nicht etwa distanziert (vgl. hierzu Senat, BGHZ 132, 13 [18 f.] = NJW 1996, 1131), sondern das er durch den Nachsatz sogar inhaltlich bekräftigt, an dieser Stelle gezielt ein, um seiner eigenen Meinungsäusserung durch den Hinweis auf die übereinstimmende Meinung eines Dritten ein grösseres Gewicht zu verleihen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Bekl. das Zitat richtig oder unrichtig wiedergegeben hat. Durch die Verknüpfung des Zitats mit der Wiedergabe der eigenen Auffassung des Äussernden stellt sich die Aussage in ihrer Gesamtheit betrachtet als ein Zusammenspiel von Tatsachenbehauptung und Meinungsäusserung dar. Dass mit dem Klageantrag lediglich der Teil herausgegriffen und vom restlichen Teil der Äusserung abgetrennt worden ist, der einen tatsächlichen Gehalt hat, kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen (vgl. Senat, NJW 1997, 2513). Für den Leser der Abhandlung liegt der Akzent der Gesamtaussage in dem Vorwurf des Bekl., das Prozessfinanzierungsmodell der Kl. sei jedenfalls im Fall F Bauernfängerei. Damit stellt sich die

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Aussage insgesamt als eine Meinungsäusserung dar, die grundsätzlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fällt.
cc) Die danach im Streitfall gebotene Abwägung zwischen den Rechten der Kl. und der Meinungsfreiheit des Bekl. führt dazu, dass Letztere den Vorrang verdient. Die Äusserung, das Prozessfinanzierungsmodell der Kl. sei jedenfalls im Fall F Bauernfängerei, stellt weder eine Schmähkritik dar, noch ist sie aus sich heraus oder in dem von dem Bekl. geschaffenen Kontext ehrenrührig.
(1) Wegen seines die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen. Auch eine überzogene, ungerechte oder gar ausfällige Kritik macht eine Äusserung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Von einer solchen kann vielmehr nur dann die Rede sein, wenn bei der Äusserung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung des Betroffenen im Vordergrund steht, der jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll (vgl. z.B. Senat, BGHZ 143, 199 = NJW 2000, 1036 = VersR 2000, 327 [320], und NJW 2000, 1036, jew. m.w. Nachw.; vgl. auch BVerfG, NJW 2003, 3760, und NJW 2004, 590 [591]). Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsäusserungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist; sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden (Senat, BGHZ 138, 311 [320] = NJW 1998, 2141; NJW 2002, 1192 = VersR 2002, 445).
(2) Diese Anforderungen an eine unzulässige Schmähkritik erfüllt die in Rede stehende Bezeichnung als Bauernfängerei nicht. Die hierin enthaltene Bewertung des geschäftlichen Vorgehens der Kl. kann nicht als blosse Diffamierung angesehen werden; sie entbehrt vielmehr keineswegs des erforderlichen Sachbezugs im Rahmen der Abhandlung des Bekl. Letzterer setzt sich - wenn auch an dieser Stelle in recht scharfer Form - mit dem Prozessfinanzierungsmodell der Kl. auseinander. Er bewertet die vertraglichen Rechte und Pflichten der von der Kl. angesprochenen Kapitalanleger und gelangt zu dem Ergebnis, dass für sie das System der Kl. unvorteilhaft sei. Eine solche Bewertung ist, auch wenn sie sich teilweise überzogener Formulierungen bedient, unter Berücksichtigung der erörterten Rechtsgrundsätze noch vom Grundrecht des Bekl. auf freie Meinungsäusserung i.S. des Art. 5 IAbs. 1 GG gedeckt.