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db-nummer: bgh-001ZR-2002-00159

BGH, Urteil vom 03.02.2005 - I ZR 159/02 - "Lila-Postkarte" (OLG Hamm)
Art. 5 Abs. 3, 14 GG
§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG
§ 242 BGB
§ 4 Nr. 7 UWG

Leitsätze (amtl)

1. Von einem markenmässigen Gebrauch i.S. des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist auszugehen, wenn die angesprochenen Verkehrskreise das mit der Klagemarke identische oder ähnliche Zeichen als Teil der Produktaufmachung auffassen und auf Grund der Zeichenidentität oder -ähnlichkeit oder der Bekanntheit der Klagemarke eine gedankliche Verknüpfung zwischen Klagemarke und Kollisionszeichen herstellen.
2. Wird eine bekannte Marke bei der Aufmachung eines Produkts in witziger und humorvoller Weise verwandt (hier: Wiedergabe auf einer Postkarte), kann die Unlauterkeit der Ausnutzung der Unterscheidungskraft (Aufmerksamkeitsausbeutung) der Klagemarke auf Grund der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG ausgeschlossen sein.

NJW 39 / 2005, 2856:

Aus dem Tatbestand

Die Kl. produziert und vertreibt Schokolade. Sie ist Inhaberin der mit Schutzerstreckung auf Deutschland unter anderem für "pâtisserie et confiserie" (feine Back- und Süsswaren) eingetragenen IR-Marke Nr. 674032 "Milka" und der für "Schokoladenwaren" eingetragenen deutschen Farbmarke Nr. 2906959 "Lila". Die Kl. verwendet diesen Farbton unter anderem bei den Verpackungen ihrer Schokoladenprodukte. Die Bekl. vertreibt Karten. Zu ihrem Angebot gehört eine mit "Muh!" bezeichnete Karte, die eine violette Grundfarbe mit folgendem Text aufweist: "Über allen Wipfeln ist Ruh, irgendwo blökt eine Kuh. Muh! Rainer Maria Milka". Die Kl. sieht in der Herstellung und dem Vertrieb der Karte einen Eingriff in ihre Markenrechte und macht geltend, die Bekl. nutze den guten Ruf der Marken unberechtigt für eigene kommerzielle Zwecke aus. Ohne die Verwendung der sehr bekannten Marken sei die Karte nicht abzusetzen. Wegen der grossen Bekanntheit der Marken sei damit zu rechnen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Karte für eine eigene Werbung der Kl. hielten. Sie ist ferner der Meinung, die Benutzung ihrer Marken durch die Bekl. sei ein Verstoss gegen die guten Sitten im Wettbewerb. Die Kl. hat die Bekl. auf Unterlassung und Auskunft in Anspruch genommen; sie hat ferner die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Bekl. beantragt.
Das LG hat die Bekl. antragsgemäss verurteilt. Die Berufung der Bekl. ist erfolglos geblieben (OLG Hamm, AfP 2002, 442). Die Revision hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Klageabweisung.

Aus den Entscheidungsgründen

I.
Das BerGer. hat Ansprüche der Kl. nach § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5, Abs. 6 MarkenG, § 242 BGB bejaht und hierzu ausgeführt:
Für eine Verletzungshandlung i.S. von § 14 Abs. 2 MarkenG sei ein kennzeichenmässiger Gebrauch erforderlich. Mit der Herstellung und der Verbreitung der Karte habe die Bekl. die Farbe "Lila" und die Bezeichnung "Milka" kennzeichenmässig benutzt. Wegen der Verwendung der Zeichen der Kl. für die Postkarte spreche schon eine Vermutung für einen kennzeichenmässigen Gebrauch. Aber auch ohne eine solche Vermutung erscheine es ohne weiteres möglich, dass ein Teil des Verkehrs annehme, es handele sich um eine von der Kl. stammende Werbemassnahme. Die Karte sei durchaus humorvoll und witzig und beziehe sich auf die drei Säulen der Werbung der Kl., nämlich die lila Farbe, die Kuh und die Bezeichnung "Milka". Alle drei Säulen würden zwar verfremdet. Die lila Farbe werde als Untergrund genutzt, die Kuh werde nicht, wie in der Werbung der Kl. üblich, zeichnerisch dargestellt, sondern begrifflich bezeichnet und "Milka" werde zum fiktiven Familiennamen des Dichters, der eigentlich Rilke heissen müsste. Diese Verfremdung sei aber nicht so vorgenommen worden, dass sie zu einer Verunglimpfung der Marken führe. Angesichts der heutigen Gebräuche in der Werbung könnte sie als Aufmerksamkeitswerbung ohne weiteres aus dem Unternehmen der Kl. stammen. Daneben liege es auch nicht fern, dass die Kl. einem Lizenznehmer gestattet haben könnte, die Karte herzustellen und zu vertreiben. Der Lizenznehmer könnte dann genau das tun, was die Bekl. nach ihrem Vortrag mit der Karte bezwecke, nämlich eine Parodie der alltäglichen Werbepräsenz der Kl. auf den Markt zu bringen und sich damit kritisch mit den Marken als Symbol für eine aufwändige Werbung zu befassen und sie zum Gegenstand einer freien Bearbeitung zu machen. Wenn schon in Fällen von Markenverunglimpfungen ein kennzeichenrechtlicher Gebrauch angenommen werde, sei im Streitfall, in dem es an entsprechenden Verunglimpfungen fehle, erst recht von einem kennzeichnenden Gebrauch auszugehen. Zwischen den kollidierenden Zeichen bestehe Zeichenidentität und - ähnlichkeit. Daran ändere die Verwendung der Wortmarke der Kl. als Künstlername und der farbliche Unterschied zwischen der Farbmarke der Kl. und der Grundfarbe der Postkarte der Bekl. nichts. Das Wort "Milka" werde identisch benutzt. Der Unterschied der verwendeten lila Farben sei gering.
Die Wertschätzung der bekannten Marken habe die Bekl. in unlauterer Weise ausgenutzt. Sie habe die auf Grund der grossen Bekanntheit der Marken der Kl. mit ihrer Verwendung verbundene Aufmerksamkeit zur wirtschaftlichen Verwertung der Postkarten mit parodistischem Inhalt benutzt. Die Unlauterkeit ergebe sich daraus, dass eine Beziehung zwischen der eigenen und der fremden Ware hergestellt werde, um von dem fremden guten Ruf zu profitieren. Der Bekl. gehe es vorrangig nicht um eine Meinungsäusserung über die Werbemethoden der Kl., sondern um eine rein kommerzielle Benutzung fremder angesehener Marken.

II.
Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung.
1. Der Kl. steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Verwendung der Postkarte der Bekl. auf Grund einer Verletzung ihrer bekannten Marken (IR-Marke Nr. 674 032 "Milka" u. Farbmarke Nr. 2 906 959 "Lila") gem. § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 MarkenG zu.
a) Nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ist es Dritten unter anderem untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit einer im Inland bekannten Marke identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die nicht denen ähnlich sind, für die die Marke Schutz geniesst, wenn die Benutzung des Zeichens die Wertschätzung oder die Unterscheidungskraft der bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt.
b) aa) Zutreffend ist das BerGer. davon ausgegangen, dass der Verletzungstatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG grundsätzlich einen markenmässigen Gebrauch des Kollisionszeichens voraussetzt. Das Erfordernis eines markenmässigen Gebrauchs ist in der Rechtsprechung zu § 14 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG, durch die Art. 5 Abs. 1 MRRL umgesetzt worden ist, anerkannt (vgl. zu Art. 5 Abs. 1 MRRL: EuGH, Slg. 2002, I-4187 = GRURInt 2002, 841 Rdnr. 17 - Hölterhoff; Slg. 2002, I-10273 = GRUR 2003, 55 = WRP 2002, 1415 Rdnrn. 51ff. - Arsenal Football Club; zu Art. 9 Abs. 1 S. lit. a GMV: BGH, GRUR 2004, 947 [948] = WRP 2004, 1364 - Gazoz; zu § 14 Abs. 2 MarkenG: GRUR 2005, 162 = WRP 2005, 222 - SodaStream m.w. Nachw.). Es gilt auf Grund des identischen Benutzungsbegriffs in Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 MRRL und in § 14 Abs. 2 MarkenG in gleicher Weise für eine unmittelbare Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (vgl. zu Art. 5 Abs. 1 und Abs. 2 MRRL: EuGH, Slg. 1999, I-905 = GRURInt 1999, 438 = WRP 1999, 407 Rdnr. 38 - BMW/Deenik; zu § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG: KG, GRUR 1997, 295 [296] - Alles wird teurer; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 14 Rdnr. 833; Piper, GRUR 1996, 429 [434]; Karl, MarkenR 2004, 321 [323]; Sack, WRP 2004, 1405 [1407]; a.A. Hacker, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 14 Rdnr. 62; Sosnitza, WRP 2003, 1186 [1189]; Goldmann, Der Schutz des Unternehmenskennzeichens, § 15 Rdnrn. 27ff.; zu einer einheitlichen Auslegung des Benutzungsbegriffs vgl. auch: Fezer, GRUR 1996, 566 [570]; ders., MarkenR, 3. Aufl., § 14 Rdnr. 39).
Von einem markenmässigen Gebrauch ist auszugehen, wenn das Zeichen in der Weise verwendet wird, dass es im Rahmen

NJW 39 / 2005, 2857:
- BGH, Urteil vom 03.02.2005 - I ZR 159/02 -

des Produktabsatzes die gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen von Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH, GRURInt 1999, 438 Rdnr. 38 - BMW/Deenik; GRUR 2003, 55 [57] Rdnrn. 47 ff. - Arsenal Football Club; GRUR 2005, 162 - SodaStream). Für den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 2 MRRL (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG) reicht es nach der Rechtsprechung des EuGH aber auch aus, dass die beteiligten Verkehrskreise das Kollisionszeichen zwar als Verzierung auffassen, es wegen der hochgradigen Ähnlichkeit jedoch gedanklich mit der bekannten Marke verknüpfen (vgl. EuGH, GRUR 2004, 58 [60] = MarkenR 2003, 453 Rdnr. 39 - Adidas/Fitnessworld).
bb) Die Frage, ob eine kennzeichenmässige Benutzung vorliegt, ist eine Rechtsfrage, deren Beurteilung aber weitgehend von tatsächlichen Feststellungen über das Verständnis des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers abhängt, die von dem Tatrichter zu treffen sind (vgl. BGHZ 156, 126 [136 f.] = NJW-RR 2004, 251 = GRUR 2004, 151 - Farbmarkenverletzung I m.w. Nachw.).
Im Streitfall kann offen bleiben, ob die angesprochenen Verkehrskreise, wie vom BerGer. angenommen und von der Revision als erfahrungswidrig gerügt wird, annehmen, die in Rede stehende Postkarte stamme aus dem Unternehmen der Kl. Selbst wenn der Verkehr die Bezeichnung "Milka" und die violette Farbe der Postkarte als reine Produktausstattung auffasst, wird er auf Grund der identischen Wortmarke der Kl. und der mit ihrer Farbmarke sehr ähnlichen Grundfarbe der Postkarte der Bekl. diese Gestaltungen mit den Marken der Kl. gedanklich verknüpfen. Zu Recht hat das BerGer. festgestellt, die von der Bekl. eingesetzten Stilmittel deuteten unmissverständlich auf die Marken der Kl.hin. Die Verbindung zwischen der Gestaltung der Postkarte und den Marken der Kl. macht gerade den Scherz der Postkarte aus. Im Streitfall ist somit von einer markenmässigen Benutzung i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG auszugehen. Es kann daher offen bleiben, ob bei nicht markenmässiger Benutzung der Schutz bekannter Marken entsprechend § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (zur Zulässigkeit des nationalen Schutzes bekannter Marken nach Art. 5 Abs. 5 MRRL: EuGH, Slg. 2002, I-10913 = GRUR 2003, 143 = WRP 2003, 66 Rdnr. 30 - Robelco/Robeco) oder, wie vor dem In-Kraft- Treten des Markengesetzes, auf Grund des Wettbewerbsrechts zu gewähren ist (vgl. hierzu BGHZ 86, 90 [95] = NJW 1983, 1431 - Rolls-Royce).
c) Das BerGer. hat angenommen, die Marken der Kl. seien im Inland bekannte Marken i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG; auf der Postkarte seien das Zeichen "Milka" und die Farbe "Lila" als ähnliche Zeichen verwendet worden. Diese Feststellungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und werden von der Revision auch nicht angegriffen.
d) Das BerGer. hat die Voraussetzungen einer Ausnutzung der Wertschätzung der bekannten Marken der Kl. i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bejaht. Davon ist auszugehen, wenn ein Wettbewerber sich mit der Kennzeichnung seiner Waren der Marke angenähert hat, um Gütevorstellungen, die der Verkehr mit den unter der Marke vertriebenen Erzeugnissen verbindet, für sich auszunutzen (BGHZ 86, 90 [95] = NJW 1983, 1431 - Rolls-Royce; BGH, GRUR 1985, 550 [553] = WRP 1985, 399 - Dimple, insow. nicht abgedr. in BGHZ 93, 96; GRUR 2000, 875 [877] = WRP 2000, 1142 - Davidoff I).
Ob die Bekl. für ihre Postkarte irgendwelche Gütevorstellungen der bekannten Marken der Kl. für sich ausnutzt, erscheint zumindest zweifelhaft. Jedenfalls liegen aber die Voraussetzungen einer Ausnutzung der Unterscheidungskraft der bekannten Marken der Kl.vor. Die Bekl. nutzt, wovon auch das BerGer. ausgegangen ist, das besondere Mass an Aufmerksamkeit aus, das mit der Verwendung der bekannten Marken der Kl. als Name des fiktiven Dichters und als lilafarbenem Hintergrund der Postkarte verbunden ist. Der scherzhafte Charakter, den die Bekl. mit der Gestaltung der Postkarte erzielen will, ist nur dadurch zu erreichen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Anspielung auf die Marken der Kl. erkennen, was deren Bekanntheit erfordert. Dadurch nutzt die Bekl. die besondere Aufmerksamkeit aus, die die Assoziation einer Bezeichnung mit einer bekannten Marke wecken kann (vgl. hierzu: BGH, GRUR 2000, 875 [877] - Davidoff I; GRUR 2004, 779 [783] = WRP 2004, 1046 - Zwilling/Zweibrüder; OLG München, MarkenR 2000, 65 [67]; Hacker, in: Ströbele/Hacker, § 14 Rdnr. 114; Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 861; v.Schultz/Schweyer, MarkenR, § 14 Rdnr. 182; vgl. auch Fezer, § 14 Rdnr. 436).
e) Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Annahme des BerGer., die Bekl. verwende die Zeichen der Kl. ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise.
aa) Allerdings ist bei der identischen oder ähnlichen Benutzung einer bekannten Marke zu dem Zweck, die mit ihrer Verwendung verbundene Aufmerksamkeit auszubeuten, regelmässig von einem die Unlauterkeit i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG begründenden Verhalten auszugehen.
bb) Im Streitfall scheidet eine Markenverletzung durch die in Rede stehende Postkarte der Bekl. jedoch auf Grund einer Abwägung mit dem durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Recht der Bekl. auf Freiheit der Kunst aus. Dem Schutz der Kunstfreiheit unterfallen nicht nur, wie das BerGer. ersichtlich angenommen hat, Werke, die über eine gewisse Gestaltungshöhe verfügen. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formsprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden, das Wesentliche der künstlerischen Betätigung (vgl. BVerfGE 30, 173 [188 f.] = NJW 1971, 1645; BVerfGE 31, 229 [238] = NJW 1971, 2163). Da die Kunstfreiheit grundsätzlich jede künstlerische Aussage schützt, unterfällt ihrem Schutzbereich auch die vorliegende Postkarte, in der die Eindrücke des Künstlers von den Marken der Kl. und deren Werbung mit der Herausstellung der Abbildung von Kühen humorvoll-satirisch aufgegriffen werden.
Durch die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG geschützt sind auch diejenigen Personen, die etwa als Verleger eine Vermittlungsfunktion zwischen dem Künstler und dem Publikum übernehmen (vgl. BVerfGE 30, 173 [191] = NJW 1971, 1645). Es bedarf daher keiner weiteren Feststellungen dazu, ob die Bekl. die Postkarte selbst geschaffen hat und deshalb als Künstlerin unmittelbar für sich die Kunstfreiheit in Anspruch nehmen kann oder ob sie die von einem Dritten entworfenen Postkarten nur verbreitet.
Die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 1 GG besteht jedoch nicht schrankenlos. Vielmehr findet sie ihre Begrenzung in anderen kollidierenden Grundrechten (vgl. BVerfGE 30, 173 [193] = NJW 1971, 1645), zu denen auch die durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützte Eigentumsgarantie rechnet (vgl. Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 5 Rdnr. 45). Zu dem hierdurch ebenfalls

NJW 39 / 2005, 2858:
- BGH, Urteil vom 03.02.2005 - I ZR 159/02 -

grundgesetzlich geschützten Bereich gehören die Markenrechte der Kl. (vgl. zum Markenrecht: BVerfGE 51, 193 [216 f.] = NJW 1980, 383).
Diese Kollision grundrechtlich geschützter Werte ist auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Wertordnung aufzulösen.
Im Streitfall schliesst die notwendige Abwägung zwischen dem Eigentumsrecht der Kl. an ihren Marken und dem Recht auf Kunstfreiheit auf Seiten der Bekl. das von der Kl. begehrte Verbot gegen die Verwendung der Postkarte aus.
Das BerGer. hat eine Herabsetzung oder Verunglimpfung der Marken der Kl. nicht festgestellt, sondern hat die Gestaltung der Postkarte als witzig und humorvoll angesehen. Das ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Im Streitfall lässt sich auch nicht feststellen, dass die Bekl. die Marken der Kl. ausschliesslich zu dem Zweck benutzt hat, ein sonst nicht verkäufliches eigenes Produkt auf den Markt zu bringen, und dass der Postkarte nach Auffassung des Verkehrs eine satirische Auseinandersetzung mit den Marken der Kl. oder ihren Werbemethoden fehlt. Ob im Rahmen der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG eine Einschränkung des Grundrechts vorzunehmen ist, wenn den angesprochenen Verkehrskreisen eine satirische Auseinandersetzung verborgen bleibt, kann offen bleiben. Denn davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Den Verbrauchern wird die in der scherzhaften Gestaltung der Postkarten ebenfalls liegende kritische Auseinandersetzung mit den Marken und Werbeauftritten der Kl. nicht verborgen bleiben, mag die Bekl. auch, wie das BerGer. angenommen hat, vorrangig kommerzielle Ziele mit der Verbreitung der Postkarte verfolgen (a.A. Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 174).
Erweist sich die in Rede stehende Gestaltung der Postkarte aber nicht als eine Verunglimpfung der Marken der Kl. und lässt sich auch nicht annehmen, dass die Bekl. ausschliesslich kommerzielle Zwecke mit dem Vertrieb der Postkarte verfolgt, hat der Schutz der Kunstfreiheit im Streitfall Vorrang vor dem Schutz der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG.
f) Ansprüche der Kl. auf Schadensersatz nach § 14 Abs. 6 MarkenG und auf Auskunft nach § 242 BGB scheiden mangels Markenrechtsverletzung aus.
2. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend.
a) Wettbewerbsrechtliche Ansprüche sind, soweit der Schutz bekannter Marken in Rede steht, im Streitfall schon wegen des Vorrangs des Anwendungsbereichs des Markengesetzes nicht gegeben.
Mit dem In-Kraft-Treten des Markengesetzes am 1.1.1995 ist an die Stelle der kennzeichenrechtlichen Regelungen, die bis dahin im Warenzeichengesetz und im UWG enthalten waren oder auch den Bestimmungen der §§ 1, 3 UWG a.F., § 823 BGB entnommen wurden, eine umfassende, in sich geschlossene kennzeichenrechtliche Regelung getreten, die den aus den Generalklauseln hergeleiteten Schutz im Allgemeinen verdrängt. Wie der Senat entschieden hat, ist im Anwendungsbereich der Bestimmungen des Markengesetzes für eine gleichzeitige Anwendung der §§ 1, 3 UWG a.F., § 823 BGB grundsätzlich kein Raum (vgl. BGH, NJW-RR 2005, 548 = GRUR 2005, 163 = WRP 2005, 219 [221] - Aluminiumräder m.w. Nachw.).
Dies gilt entsprechend für eine herabsetzende oder verunglimpfende Verwendung von Marken i.S. von § 4 Nr. 7 UWG (vgl. Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, WettbewerbsR, 23. Aufl., § 4 UWG Rdnr. 7.9; i.E. ebenso Harte/Henning/Omsels, UWG, § 4 Nr. 7 Rdnr. 31); der Vorschrift kommt im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG keine eigenständige Bedeutung zu.
b) Im Übrigen wären wettbewerbsrechtliche Ansprüche nach § 3 UWG auch deshalb zu verneinen, weil die Bekl. nicht unlauter im Sinne dieser Vorschrift gehandelt hat. Die Voraussetzungen einer herabsetzenden oder verunglimpfenden Verwendung der Marken der Kl. i.S. von § 4 Nr. 7 UWG liegen nicht vor. Eine Unlauterkeit nach § 3 UWG scheidet schon deshalb aus, weil die Bekl. die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG für sich in Anspruch nehmen kann.